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EU für SteuertransparenzDer Kampf fängt erst an

Eric Bonse
Kommentar von Eric Bonse

Die EU treibt mehr Transparenz bei der Besteuerung von Unternehmen voran. Das reicht nicht, um der Steuervermeidung von Firmen ein Ende zu machen.

Die Multis zahlen ihre Steuern, wo es ihnen passt Foto: Mark Lennihan/ap

E rst wenn es gar nicht mehr anders geht, kommt die EU endlich zur Vernunft. Diese aus der Eurokrise sattsam bekannte Regel gilt auch in der Steuerpolitik. Fünf Jahre haben die 27 EU-Staaten und das Europaparlament um mehr Transparenz und Fairness bei der Besteuerung von Konzernen gerungen. Fünf Jahre konnten sie sich nicht einigen.

Doch nun, da die Einnahmen wegen der Coronapandemie wegbrechen und die Haushaltslöcher bedrohlich groß werden, steigt endlich weißer Rauch auf. Die Einigung zum „Country-by-Country-Reporting“ steht. Multis wie Amazon, Google und Konsorten werden es künftig nicht mehr so leicht haben, ihre glänzenden Geschäfte in der EU zu verbergen und Steuern zu sparen. Gut so, möchte man den Unterhändlern zurufen.

Vor allem das Europaparlament hat frühzeitig Druck gemacht. Finanzexperten wie der Grünen-Politiker Sven Giegold kämpfen seit Jahren für mehr Steuergerechtigkeit. Giegold spricht von einem „Meilenstein“; die Einigung decke den Großteil der verlorenen Steuereinnahmen in der EU ab. Doch noch zeigt der Kompromiss keine Wirkung. Noch zahlen die Multis nicht dort ihre Steuern, wo die Gewinne anfallen – sondern dort, wo es ihnen passt.

Das „Country-by-Country-Reporting“ ist eine notwendige, aber keine hinreichende Bedingung dafür, dass sich das ändert. Dafür müssten alle Länder erfasst werden, nicht nur in der EU. Fraglich ist auch, ob die europäische Einigung eine internationale Dynamik auslöst und weltweit zu mehr Trans­parenz führt. Bisher waren die Europäer nicht Antreiber, sondern Nachzügler in der Steuerpolitik.

Den Ton geben wieder einmal die USA an, die unter ihrem neuen Präsidenten Joe Biden zeigen, wie progressive Wirtschafts- und Finanzpolitik geht. Biden kämpft für eine globale Mindestbesteuerung der Konzerne, derzeit ist ein Steuersatz von 15 Prozent im Gespräch. Doch ausgerechnet EU-Länder wie Irland (Steuersatz: 12,5 Prozent) stehen auf der Bremse. Der Kampf für mehr Steuergerechtigkeit ist noch nicht beendet. Er hat gerade erst richtig begonnen.

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Eric Bonse
EU-Korrespondent
Europäer aus dem Rheinland, EU-Experte wider Willen (es ist kompliziert...). Hat in Hamburg Politikwissenschaft studiert, ging danach als freier Journalist nach Paris und Brüssel. Eric Bonse betreibt den Blog „Lost in EUrope“ (lostineu.eu). Die besten Beiträge erscheinen auch auf seinem taz-Blog
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2 Kommentare

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  • Na, da werden die Lobbiisten schon die Messer wetzen - und es wird sicher weitaus schlimmer werden, wie seinerzeit anläßlich der Schlacht gegen die Lebensmittelampel.

  • Das ist nur ein Minimalkonsens, weil das so per Mehrheitsentscheid beschlossen werden konnte...



    Die wirklich wichtigen Fragen im Steuerrecht erfordern Einstimmigkeit...

    Bei jedem anderen "normalen" Handelsvertrag hätten die anderen Länder den in Bezug auf Irland und Luxemburg schon längst gekündigt. Aber die nutzen ja leider aus, dass es - zumindest vorgeblich- bei der EU auch noch um was anderes geht... Besonders freundschaftlich ist das Verhalten allerdings nicht. :-( :-(