Landesparlament debattiert Judenhass: An der Seite Israels
Das Abgeordnetenhaus verurteilt die jüngsten antisemitischen Ausschreitungen und sagt Juden in Berlin mehr Sicherheit zu.
Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) hat offen gelassen, wie viele Angebote zur insgesamt 11 Milliarden Euro schweren S-Bahn-Ausschreibung des Landes eingegangen sind. Dazu gedrängt hatte sie in der Fragestunde der SPD-Abgeordnete Sven Heinemann. Der hatte sich auf Medienberichte bezogen, wonach nur ein Bewerber übrig sei. „Was in der Presse steht, werde ich weder bestätigen noch dementieren“, sagte Günther und begründete das mit der Vertraulichkeit des Verfahrens. Das skizzierte sie so, dass die abschließenden Angebote im Sommer des nächsten Jahres vorzulegen seien und der Zuschlag im vierten Quartal des 2022 erfolgen soll. Günthers brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass die Koalition bei dem Thema an einem Strang zieht. (sta)
Die CDU-Fraktion hatte beantragt, in der Aktuellen Stunde, Schauplatz der längsten Debatte, über die jüngsten judenfeindlichen Ausschreitungen in Neukölln zu sprechen. CDU-Fraktionschef Burkard Dregger erinnert daran, dass dabei 93 Polizisten verletzt wurden. „Vernichtungsaufrufe gegen Israel klangen über die Sonnenallee“, sagte er. Aus seiner Sicht waren das „keine kleinen Streiche erlebnisorientierter Jugendlicher, Herr Innensenator.“
Der Angesprochene, SPD-Mann Andreas Geisel, hatte nach den Gewaltausbrüchen gesagt, die seien nicht von Mitgliedern von Palästinenser-Organisationen gekommen, sondern von etwa 300 bis 400 jungen arabischstämmigen, nicht politisch organisierten Männern. Die Polizei nenne das erlebnisorientierte Jugendliche“, so der Innensenator.
„Für antisemitische Hetze ist kein Platz in unserer Stadt“, sagte Dregger, „wer das nicht beherzigt, der sollte gehen.“ Ähnlich formulierte es später für die FDP Paul Fresdorf: Wer mit antisemitischen Überzeugungen nach Berlin komme, „der hätte sich nicht auf den Weg machen sollen, der sollte unsere Stadt gleich wieder verlassen“.
Juden sollen in Berlin sicher sein
Für die SPD sprach nicht der aus Palästina stammende Fraktionschef Raed Saleh, der sich stark für den Synagogenbau am Fraenkelufer engagierte, sondern seine Stellvertreterin Susanne Kitschun. Es sei keine Rederunde der Vorsitzenden verabredet gewesen und derzeit auch viel zu tun, hieß es von der Fraktion. Tags zuvor war Salehs Co-Landeschefin Franziska Giffey wegen ihrer Doktoraffäre als Ministerin zurückgetreten. Kitschun verwies wie andere Redner darauf, dass die Mehrheit antisemitischer Attacken dem rechtsextremen Lager zuzuordnen sei. Aus AfD-Sicht aber hat man in Berlin muslimischen Antisemitismus kleingeredet, aus Angst, „als islamophob gebrandmarkt zu werden“.
Kitschun erinnerte allerdings daran, dass sich das Parlament schon 2018 klar gegen Antisemitismus wandte. Das geschah auch am Donnerstag mit einer Erklärung, dass jüdische Menschen in Berlin sicher sein müssten und Antisemitismus jeder Art konsequent zu bekämpfen sei. Bis auf die AfD, die sich der Stimme enthielt, unterstützen alle Fraktionen diese „Entschließung“ genannte Positionierung.
Die Grünen schickten Bettina Jarasch ans Rednerpult, ihre Spitzenkandidatin für die Neuwahl des Parlaments am 26. September. Die erzählte, dass ihre Großmutter als Jüdin vor den Nazis floh. „Das Selbstverteidigungsrecht Israels ist nicht verhandelbar“, sagte Jarasch. Auch sie forderte ein schnelles Einschreiten der Polizei: „Antisemitische Aktionen müssen sofort unterbunden werden.“
Zur Forderung der AfD, Antisemitismus durch Abschiebung aller Ausreisepflichtigen und durch Einreisestopp illegaler Asylbewerber zu bekämpfen, fragte sie: „Und wann schieben wir dann endlich Björn Höcke ab?“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will