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CDU-Abgeordneter zur K-Frage„Eine offene Angelegenheit“

Laschet oder Söder? Seit der Fraktionssitzung habe sich die Debatte über den Machtkampf verändert, sagt der CDU-Abgeordnete Marco Wanderwitz.

Konkurrenten um die Kanzlerkandidatur der Union: Laschet und Söder am 11. April im Bundestag Foto: Tobias Schwarz/reuters
Sabine am Orde
Interview von Sabine am Orde

taz: Herr Wanderwitz, die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat am Dienstag fast vier Stunden lang über die beiden möglichen Kanzlerkandidaten der Union diskutiert. Die beiden sind zum Schaulaufen angetreten. Haben Sie sich zu Wort gemeldet?

Marco Wanderwitz: Ja, habe ich. Ich glaube, die Diskussion hat uns weitergebracht, sie war sinnvoll und erforderlich. Die beiden Parteivorstände haben sich für jeweils ihren Vorsitzenden ausgesprochen, damit waren wir einer Klärung noch nicht näher gekommen.

Nun ja, am Sonntag hat Markus Söder gesagt, er stände bereit, wenn die CDU ihn unterstützt. Die CDU hat als größere Schwesterpartei ohnehin das erste Zugriffsrecht – und sich für Armin Laschet ausgesprochen.

Ich denke, dass sich die Lage am Dienstag weiterentwickelt hat. Es ist klar geworden, dass es auch eine große Anzahl von CDU-Bundestagsabgeordneten gibt, die sich für Markus Söder ausgesprochen haben.

Haben Sie sich auch für Söder ausgesprochen?

Er wäre mein Wunschkandidat, ja. Aber ich habe als Vorsitzender eher das Stimmungsbild meiner Landesgruppe wiedergegeben. Das ist uneinheitlich. Das habe ich auch so geäußert. Bei einer Auswahl zwischen zwei hervorragenden Kandidaten. Und darum gebeten, dass die beiden ihrer Verantwortung gerecht werden und das schnell miteinander klären.

Was spricht aus Ihrer Sicht für Herrn Söder?

Er ragt einfach hinaus, was die Umfragen angeht. Wenn man zwei gut aufgestellte Ministerpräsidenten der beiden größten Bundesländer als mögliche Kandidaten hat und einer ist bei den Wählerinnen und Wählern deutschlandweit der beliebtere, dann spricht das einfach für ihn.

Jens Spahn soll gegen Ende der Sitzung noch mal darauf verwiesen haben, wie schnell sich Umfragen ändern können – er selbst ist da ja ein gebranntes Kind: Steiler Aufstieg als Gesundheitsminister Ende vergangenen Jahres, dann der Absturz Anfang diesen Jahres.

Im Interview: Marco Wanderwitz

45, ist Rechtsanwalt und Bundestagsabgeordneter der CDU aus Sachsen. Er ist Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Ost-Beauftragter der Bundesregierung.

Das stimmt, das hat Armin Laschet eingeführt und Jens Spahn hat es bestätigt. Es wurde auch nochmal darauf verwiesen, wie schlecht die Umfragen im Vorfeld der nordrhein-westfälischen Landtagswahl waren, die die CDU mit Armin Laschet an der Spitze dann ja gewonnen hat. Natürlich kann man Umfragen im positiven wie im negativen Sinne „drehen“ im Wahlkampf – aber die Werte bei den beiden sind ja nun mal seit vielen Monaten stabil, wie sie sind.

Wenn Armin Laschet jetzt weichen muss, demontieren Sie Ihren neuen Parteichef. Das würden Sie in Kauf nehmen?

Ich sehe das überhaupt nicht so. Wir haben zwei sehr gute Bewerber, beide sind Parteivorsitzende, deshalb ist es selbstverständlich, dass die beiden Parteigremien in der ersten Runde ihre Vorsitzenden unterstützen. Aber jetzt sind wir nicht mehr in der ersten Runde und jetzt müssen sich die beiden verständigen. Wenn sie das nicht tun, ist die Bundestagsfraktion das einzige gemeinsame Gremium, das das klären kann. Und das wäre die schlechtere Variante. Stand heute sehe ich keinen der beiden beschädigt, wenn es der andere wird. Und natürlich ist das ein normaler demokratischer Prozess.

Die CDU-Gremien sind natürlich auch demokratisch gewählt und eigentlich zuständig, durch die Aussagen von Markus Söder werden sie aber als Hinterzimmer-Kungelrunden diffamiert. Ist das nicht problematisch?

Das habe ich am Dienstag nicht so von ihm gehört. Aus dem, was wir in der Bundestagsfraktion, aber auch in den Landes- und Kreisverbänden erlebt haben, ist aber auch klar: So einhellig wie im Bundesvorstand ist das Bild in der CDU eben nicht.

Wie geht es jetzt weiter?

Wünschenswert wäre, dass die beiden jetzt noch einmal miteinander sprechen und sich auf einen der beiden einigen, den der andere dann kraftvoll unterstützt.

Aber kann nach dieser Zuspitzung einer der beiden noch ohne Gesichtsverlust verzichten?

Ich denke schon. Wir werden ja dasselbe nächste Woche bei den Grünen erleben. Da gibt es zwei, die sich bewerben, und auch dort kann es nur eine oder einer werden.

Im Gegensatz zu Ihnen lösen die Grünen die Frage in einem sehr disziplinierten und abgesprochenen Verfahren intern. Sie zerlegen sich ja quasi auf offener Bühne.

Man kann auch sagen: Die Grünen kungeln es im Hinterzimmer aus, wir diskutieren es im offenen Prozess. Aber Spaß beiseite: Es ist eben mal so und mal so. Jetzt ist es eben bei Union mal ein Stück weit strittig.

Und wer wird's?

Ich glaube, das ist eine offene Angelegenheit. Ich kann mit beiden gut Wahlkampf machen, mein Wunschkandidat als Sachse ist der Franke Markus Söder.

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3 Kommentare

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  • besser söder. die grünen haben die wohl richtige diagnose , jedoch mitnichten die einer exportorientierten , 1000 mrd p.a.sozialstaat generierenden sozialgemeinschaft angemessenen lösung - bei der man alle ohne stalinistische anleihen mitnehmen muss. im ergebnis schaden sie dem klima , z.b. hierzulande verdrängte energieträger werden global gesehen billiger und somit umgehend verbraucht , s. öl aus norwegen. und die energiewende ist eine mogelpackung , fussend auf der schmutzigen energie der nachbarn. die brd muss ihr bestes beitragen , ihr ingenieurs potential , ihre maschinenbauer. nur so können wir global überzeugen , die jüngst avancierten schwellenländer werden nur einer technischen lösung folgen. um damit den kostspieligen umbau finanzieren. laschet ? willfährig , den mangel verwaltend. und geniesst kein vertrauen.

  • Eine historische Anleihe an Adenauer-Sprüche kann man sich nicht verkneifen, wenn man die Erb:innen im Unionslager auf ihre möglichen höchsten Weihen hin unter die Lupe nimmt. Aktuell ist das streng konservative Manual mit Regeln für das Miteinander etwas aus dem Lot geraten. Invers dazu die gelassene Ruhe der Hauptkonkurrent:innen anderer Couleur, man könnte meinen, es hätte etwas abgefärbt. Die Christdemokrat:innen geben Rätsel auf: Als Vertragspartner:innen o. Verhandlungsführer:innen sind Umfaller:innen oder Opportunist:innen schwer vorstellbar. Man denkt eher an eine Rolle auf der Hinterbank als auf der Regierungsbank, wenn die Verlässlichkeit unterminiert wird. Die US-Regierung hatte 4 Jahre ein fundamentales Glaubwürdigkeitsproblem, der Schaden war immens. Die ersten Regierungsbeteiligungen der Grünen standen unter dem Vorbehalt der Verlässlichkeit einer neuen Partei aus Realos und Spontis. Während jetzt bei den Grünen Ruhe im Karton ist, zerlegt sich die Unions-Spitze als Führungseinheit, wirkt unglaubwürdig und taktierend zum Schaden ihrer ehedem eingeforderten Demokratie-Kultur. Adenauer wird der Satz zugeschrieben: "Es kann mich doch niemand daran hindern, täglich klüger zu werden", die angeblich lässig-flapsige Sache mit dem "Geschwätz von gestern" ist wohl nicht wirklich belegt. Eine Weisheit ist aber legendär: "Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont". Blau-weiß ist nächtens und an dunklen Tagen Illusion. Träume werden bald platzen, kaum ohne Gewitter. Für Energie in der Atmosphäre ist politisch schon reichlich gesorgt. Aufsteigende heiße Luftmassen als Menetekel einer Katastrophe? Wir werden von dieser komplexen Erscheinung hören, geräuschvoll und wohl auch mit Knall - oder sogar Blendwirkung.

  • Soviel Harmonie gab's noch nie! Markus Söder wartet jetzt auf ein Angebot, das er gar nicht ablehnen kann und die „Union“ sucht fieberhaft nach einem frisch abgetrennten Pferdekopf. Eines ist jetzt schon klar - billig wird's diesmal nicht für den Steuerzahler.



    Der geneigte Leser wünscht sich in Corona-Zeiten einen dicken Bruderkuß der beiden.