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Urteil zum MietendeckelMieten-Wahlkampf beginnt

Nach der Entscheidug des Bundesverfassungsgerichts: SPD, Grüne und Linke wollen Miet­erhöhungen eindämmen, aber in unterschiedlicher Radikalität.

Wahlkampfthema Mietendeckel: Auf der Straße Demos, im Bundestag einen Tag später Debatten Foto: Christoph Soeder/dpa

Berlin taz | Im Bundestag hat der Mietenwahlkampf begonnen. „Wir kämpfen für einen bundeseinheitlichen verfassungskonformen Mietendeckel“, betonte die SPD-Abgeordnete Mechthild Rawert, „lassen Sie uns das gemeinsam tun, auch mit dem Kreuz bei der SPD am 26. 9. bei der Bundestagswahl.“

Die Abgeordnete nutzte eine zufällig angesetzte Debatte zur Reform des Mietspiegelrechts, um auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von Donnerstag zu reagieren. Karlsruhe hatte den Berliner Mietendeckel für nichtig erklärt, weil das Mietrecht nur auf Bundesebene geregelt werden könne.

Auch Chris Kühn von den Grünen erklärte, seine Partei werde die Mietenpolitik zu einem „wichtigen Thema im Bundestagswahlkampf“ machen. CDU-Mann Jan-Marco Luczak warnte dagegen: „Lassen Sie uns nicht mit der Angst der Menschen Wahlkampf machen.“

Im Detail gehen die Vorstellungen von Linken, SPD und Grünen aber etwas auseinander. Caren Lay (Linke), will den nun gekippten Berliner Mietendeckel, der auch die Absenkung überhöhter Mieten vorsah, als Bundesgesetz beschließen. Dagegen ist bei der SPD von einem „Mietenstopp“ und einem „Mietenmoratorium“ die Rede. Hier wären also nur Erhöhungen verboten, ohne dass Mieten reduziert werden könnten.

Für niedrigere Kappungsgrenzen

Der Grüne Chris Kühn argumentierte noch zurückhaltender. Er forderte nur eine „deutliche Absenkung der Kappungsgrenzen“. Das heißt: Die Mieten sollen weniger schnell steigen können als bisher. Derzeit liegt die Kappungsgrenze bei 20 Prozent; binnen drei Jahren darf die Miete maximal um 20 Prozent steigen (bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete). In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt liegt die Kappungsgrenze bei 15 Prozent.

Katharina Willkomm von der FDP betonte, dass der Mietendeckel für die Liberalen „keine Lösung“ sei. Gegen steigende Mieten helfe nur „bauen, bauen, bauen“. Der CDU-Rechtspolitiker Luczak kritisierte den Mietendeckel auch in seinen Auswirkungen. „Noch nie war es so schwierig, in Berlin eine Mietwohnung zu bekommen, wie unter Geltung des Mietendeckels.“ Das Angebot an zu vermietenden Wohnungen sei um mehr als 50 Prozent eingebrochen. „Soll das ein Vorbild für den Bund sein?“

Luczak erklärte den Mietendeckel für „schreiend ungerecht“. Am stärksten hätten davon gut verdienende Zahnärzte profitiert, deren Miete in Ku’damm-Altbauwohnungen von 19 Euro auf 10 Euro gesenkt worden sei. „Wer in Marzahn wohnt, wem es wirtschaftlich nicht so gut geht, der hat von diesem Mietendeckel nichts gehabt“, sagte er. Caren Lay warf Luczak dagegen vor, er wolle nur, „dass seine Buddies aus der Immobilienlobby weiterkassieren können“. In dem Jahr, als die CDU/CSU beim Bundesverfassungsgericht gegen den Berliner Mietendeckel klagte, habe die Partei 1,2 Millionen Spenden aus der Immobilienwirtschaft bekommen.

Eigentlicher Gegenstand der Debatte war aber die Mietspiegelreform. Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) will den Kommunen die Erstellung von Mietspiegeln erleichtern.

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18 Kommentare

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  • Also das jemand von der CDU sich ernsthaft traut zu sagen, man sollte keinen Wahlkampf mit der Angst der Menschen machen, ist schon echt weit aus dem Fenster gelehnt: www.severint.net/2...verstaendlich-cdu/

  • Ich sehe einen Zusammenhang mit den niedrigen Zinsen und große Investment Konzerne, die sichere Gewinne machen wollen. Dazu noch das verscherbelt von soziale Wohnungen in den 00 Jahre.

    Ich denke, neben Mietpreis Deckel sollte eine stärkere Besteuerung von Vermietern her, die mehr als eine oder zwei Wohnungen vermieten zB.

    Weil diese Fonds dem deutschen Immobilien Markt leer gekauft haben, ist es fast nicht mehr möglich, selbst Eigentümer zu werden.

    Ich würde die Kosten für den Erwerb der eigene Immobilie senken, wenn man darin wohnt. Momentan ist es umgekehrt: die Zinsen für eine Hypothek kann man absetzen, wenn man die Wohnung als Geldanlage vermietet.

    Na ja. Wäre mal ein Anfang, dass normale Menschen sich für das Alter ein wenig sich absichern können, ohne in die Börse investieren zu müssen.

  • Es sollte auch gerecht sein. Keiner zahlt mehr Miete und jeder wohnt in gleich hohem Standard und gleich guter Lage, sonst wäre es ungerecht.

    Also last uns ein Hochhaus in der besten Lage bauen,



    da würden dann alle drin wohnen. Und dieses Hochhaus verzichtet auf die Etagenwohnungen und hat nur Penthäuser und alle mit Südausrichtung.

    So ist es gerecht. Reine Konvergenzgedanken...

  • Natürlich ist wohnen elementar, so wie natürlich Wasser und Gas und auch Öl zum heizen. Auch die Müllabfuhr und sogar die Abwasserentsorgung.

    All diese „Neben“-Kosten steigen jedes Jahr und erhöhen die Miete. Entscheidend für den Mieter ist doch, was das Wohnen kostet.

    Warum wird nur über diesen einen Aspekt „Nettokaltmiete“ gerungen.

    Im Übrigen fordert das Finanzamt, dass der Vermieter Gewinne macht, sonst sei es Liebhaberei und er kann dann die Aufwände nicht geltend machen.

    Da wo ich aufgewachsen bin, gab es die Mietpreisbremse. Aber die Wohnungsnot war groß und die Wohnungen verkommen.

    Wie motiviert man den einen Investor, sein Geld für den Wohnungsbau zu investieren? Dadurch, dass man in stigmatisiert?

    Wieviel Wohnungen hat den der „Staat“ selbst oder die SPD oder die Linke etc. in den letzten 100 Jahren gebaut?

    Ich versuche nur etwas logisch zu denken, komme aber nicht darauf, wie der Mietendeckel funktionieren soll.

    Wer hilft mir?

  • A propos, zahlbare Mieten. Auch 10€/m² sind noch bezahlbar; in ffm., in Dus, in MUC, sogar in beliebten Mittelstädten. Müssen es unbedingt € 6,05 sein? Das war Klassenkampf.

  • 8G
    82286 (Profil gelöscht)

    CDU-Mann Jan-Marco Luczak warnte dagegen: „Lassen Sie uns nicht mit der Angst der Menschen Wahlkampf machen.“. Depp. Kennt seine pol. Geschichte nicht. Ein Beispiel:



    upload.wikimedia.o...kat_-_kaspl011.JPG

  • Kostenloser Wohnraum ist nicht nötig. Es geht um bezahlbaren Wohnraum und den Erhalt des Milieu. Das bedeutet, bezahlbaren Wohnraum in zentraler Lage. Ein Mietendeckel könnte ZB. an das Einkommen geknüpft werden ZB. Nicht mehr als 20%...

    • @llorenzo:

      Ich würde zumindest auch sagen, dass der Mietendeckel bereits auf einem zu hohen Niveau angesetzt ist und Mieten bis zu dieser Höhe bereits in der Vergangenheit dazu führten, dass Mieter*innen verdrängt wurden. Pragmatisch gesehen bräuchte es "noch" niedrigere Mieten.

  • In den Parks der Städte finden bestimmt noch viele ein nettes Plätzchen zum Wohnen im Gebüsch! So what?

  • „Mieten-Wahlkampf beginnt“ Hoffentlich…!!!



    Alles hat mit allem zu tun… warum wundert es mich nicht, dass das Bundesverfassungsgericht den Mietendeckel gekippt hat.



    In Art. 14 Abs. 2 Grundgesetz steht: „Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.



    In welcher Welt leben unsere „lieben“ Verfassungsrichter? Begründung: Es sei Sache des Bundes und nicht der Länder hier zu entscheiden.



    Ok, dann hätten sie aber hinzufügen sollen, dass der Bund schnell entscheidet muss, den Ländern die Autorität und Macht zu geben. Nichts dergleichen haben sie entschieden. Wer sind die größten Parteispender der CDU und der FDP? Immobilienfonds… noch Fragen…?

    • @D-h. Beckmann:

      In dem Beschluss des BVerfG wird detailliert erörtert, ob zum "Wohnungswesen" (das seit der Föderalismusreform reine Ländersache ist) auch die "Mietzinskontrolle" gehört. Um diese Frage ging es eigentlich. Das BVerfG hat das jedoch verneint. Wer es einmal nachlesen möchte, hier der Beschluss des BVerfG:



      www.bundesverfassu...25_2bvf000120.html



      (besonders 178-185)

    • @D-h. Beckmann:

      In Art. 14 GG steht nicht, "Wohnraum (in Berlin) darf nicht mehr als € 6,05/m² kosten.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @D-h. Beckmann:

      Ein schöner Aufhänger für meine These, dass die CDU/CSU-Fraktion nur deshalb die Mehrheit im Bundestag hat, weil die alle zu Zweit kommen. Einmal als Abgeordneter und einmal als Berater. Die haben selbstverständlich nichts miteinander zu tun. Die kennen sich nicht einmal. Es soll auch schon Hochzeiten gegeben haben.

  • Es ist unfassbar, dass wir in einem Staat leben, der es nicht als vordringliche Aufgabe sieht, seinen Bürgerinnen und Bürgern kostenfreien Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Wozu bezahlen wir eigentlich Steuern?

    • @C.O.Zwei:

      Frage ich mich auch!

    • 8G
      83379 (Profil gelöscht)
      @C.O.Zwei:

      Vorrangig für den Sozialstaat, Bildung, Rentensystem, Straßen und andere Infrastruktur, Krankenhäuser etc. Ich bin eigentlich ganz froh das der Staat nicht kostenlos Wohnungen anbietet entweder die Qualität wäre unterirdisch oder andere wichtigere Leistungen wären eingeschränkt.

      Der Staat sollte einfach mehr Wohungen bauen dann sinken die Preise ganz automatisch, die Menschen müssen weniger Anspruchsvoll werden was Größe und Lage angeht.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @C.O.Zwei:

      Die Bürger haben zuviel Wohnraum. Jedenfalls CO2 mäßig

  • Ich weiß noch, wie ich... 2012(?) in München die Wahlplakate mit dem Versprechen etwas gegen die hohen Mieten zu unternehmen sah. Vielleicht wird es ja 2030 etwas damit.