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Vogelgrippe greift um sichKein Freiland-Ei vom Osterhasen

Wegen der Vogelgrippe müssen Hühner vielerorts in die Ställe gesperrt werden. Daraus ergibt sich ein Vermarktungsproblem für Freiland-Eier-Erzeuger.

Nur im Schutzanzug: Ein Nationalparkranger sammelt einen Seevogel-Kadaver auf Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | Vor der Vogelgrippe können sich Geflügelhalter nur schwer schützen, denn sie fällt bisweilen buchstäblich vom Himmel. Im Landkreis Segeberg sei eine infizierte Wildente einem kleinen Geflügelhalter auf diese Weise ins Gehege gekommen, erzählt Nicolai Wree, Geschäftsführer des Geflügelwirtschaftsverbandes Schleswig-Holstein.

Wegen der Gefahr durch infizierte Wildvögel gilt in ganz Schleswig-Holstein seit November eine Stallpflicht für Gänse, Puten und Hühner. Trotzdem mussten in dem Bundesland bereits mehr als 130.000 Vögel getötet werden. Und nach dem jüngsten Ausbruch in einem Betrieb im Kreis Plön kommen demnächst noch 50.000 Kadaver dazu. „Dass innerhalb nur weniger Tage erneut so viele Tiere getötet werden müssen, macht mich persönlich sehr betroffen“, sagte Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht (Grüne).

In dem zuletzt heimgesuchten Betrieb im Kreis Plön waren vermehrt Tiere verendet. Das Veterinäramt entnahm Proben und leitete sie zur Untersuchung an das Landeslabor weiter. Am Freitag bestätigte das Friedrich-Loeffler-Institut diese Fälle. Der Ausbruch war bereits der zweite im Landkreis binnen einer Woche.

In Schleswig-Holstein, vor allem an der Nordseeküste, sind zwar besonders viele an Geflügelpest verendete Wildvögel gefunden worden, die Zahl der Ausbrüche in Betrieben ist gleichwohl etwas geringer als in Mecklenburg-Vorpommern und dem ungleich größeren Niedersachsen.

Ein Schwerpunkt des Infektionsgeschehens ist der Landkreis Cloppenburg. Wie der Landkreis am Dienstag mitteilte, wurden in der Gemeinde Bösel und der Stadt Cloppenburg zwei weitere Vogelgrippe-Ausbrüche mit dem Erreger H5N8 festgestellt. Die Bestände in Bösel mit 18.600 Puten und in Cloppenburg mit 15.900 Puten seien tierschutzgerecht getötet worden. Damit steigt die Zahl der getöteten Tiere in dem Landkreis auf insgesamt 523.700 Tiere auf 35 Höfen.

Ei, ei, ei

Allein Niedersachsens Hühner haben 2019 knapp 4,9 Milliarden Eier gelegt. Mit einem Anteil an der Gesamtproduktion von 39 Prozent war Niedersachsen damit das Eier-Land Nummer eins.

Über die Hälfte der niedersächsischen Eier stammte aus Bodenhaltung (53 Prozent), fast ein Viertel aus Freilandhaltung (23) und etwa ein Zehntel (elf Prozent) aus Kleingruppenhaltung in ausgestalteten Käfigen. Ökologischer gelegt wurden 13 Prozent.

Jedes Ei trägt einen Zahlen-Code, mit dem es bis in den Stall zurückverfolgt werden kann. Die erste Ziffer gibt dabei Aufschluss über die Haltungsform der Legehennen: 0 steht für ökologische Erzeugung, 1 für Freilandhaltung, 2 für Bodenhaltung und 3 für Käfighaltung. Darauf folgen ein Länderkürzel, sowie Zahlencodes für das Bundesland, den Betrieb und die jeweilige Stallnummer.

Die zum Infektionsschutz angeordnete Stallpflicht gilt in Niedersachsen im Gegensatz zu Schleswig-Holstein nicht landesweit. In vier der 45 Kreise und kreisfreien Städte gilt das sogenannte „Aufstallgebot“ nicht, in vier weiteren, darunter dem Heidekreis und dem Landkreis Rotenburg (Wümme), nur für einzelne Betriebe.

Zwar schützt die Stallpflicht die Geflügelhalter vor einer Ausbreitung des Virus, bei Hühnerhaltern birgt sie aber zugleich eine Gefahr für die Vermarktung. Wer seine Hühner im Freien hält, wirbt in der Regel auch damit, dass deren Eier „aus Freilandhaltung“ stammen.

Zwar gibt es Übergangszeiträume für den Fall von Epidemien. in diesen dürfen die Eier eingesperrter Hühner weiter als Freiland verkauft werden, doch diese Frist, die die EU nach der letzten großen Epidemie von zwölf auf sechzehn Wochen verlängert hat, ist mittlerweile abgelaufen.

Die Betriebe, auf deren Verpackungen die Hinweise auf Freilandhaltung meist vorgedruckt sind, müssen diese nun überkleben. Der Zentralverbrand der Deutschen Geflügelwirtschaft empfiehlt „Vor­übergehend zum Schutz unserer Legehennen – Eier aus Bodenhaltung (mit Wintergartenauslauf)“ als Text.

„Gleichzeitig haben wir unsere Mitglieder dazu angehalten, mit ihren Vermarktern vor Ort und ihren Kunden zu sprechen, um die besondere Situation zu erläutern“, sagt Wree vom schleswig-holsteinischen Landesverband. Ob sich der Preis für die Eier deshalb verringere, sei Verhandlungssache. In den meisten Fällen werde er sich wohl nicht ändern, prognostiziert Wree. Schließlich änderten sich ja die höheren Fixkosten, die die Landwirte wegen der Freilandhaltung hätten, nicht, nur weil ihre Hühner nicht raus dürfen. Hier sei auch die Solidarität der Verbraucher gefragt. „Die Alternative wäre, dass die Betriebe aufgrund des Risikos in Zukunft keine Freilandhaltung mehr betreiben“, warnt Wree.

Sorge um das Geschäft mit den Ostereiern hat der Verbandsgeschäftsführer aber nicht. „Die Tiere, die die Ware produzieren, sind ja gesund“, sagt der Verbandsgeschäftsführer. „Und das weiß der Verbraucher eigentlich auch.“

Erfahrungswerte gibt es aus der Geflügelpest-Epidemie von November 2016 bis Frühjahr 2017, der schlimmsten Tierseuchenwelle dieser Art in Deutschland seit Jahrzehnten. Mehr als 900.000 Tiere mussten damals bundesweit gekeult werden. Allein in Schleswig-Holstein waren es etwa 65.000.

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