Ceta-Abkommen mit Kanada: Pures Gift
Das Ceta-Freihandelsabkommen mit Kanada ist ein Angriff auf die Demokratie. Noch kann es verhindert werden.
Erinnern Sie sich? Hunderttausende Menschen gingen gegen das TTIP-Handelsabkommen mit den USA auf die Straße. Die meisten trieb die Sorge um, dass Handelsverträge wie TTIP die Demokratie beschädigen. TTIP ist zwar auf Eis gelegt. Doch die Befürchtungen, die wir bei TTIP hatten, werden jetzt von dem neuen geplanten EU-Handelsabkommen mit Kanada, Ceta, noch übertroffen. Ceta ist ein Angriff auf die Demokratie.
Warum? Ceta als „modernes“ Handelsabkommen entscheidet nicht nur über Zollsenkungen, sondern beseitigt auch „unnötige Handelshemmnisse“ im Verbraucher-und Gesundheitsschutz. Dazu gehören etwa Sicherheitsbestimmungen für Pestizide oder Hygienekontrollen.
Aber: Nicht demokratisch gewählte Abgeordnete entscheiden über diese Maßnahmen, die das tägliche Leben von Millionen EU-Bürger*innen betreffen, sondern Bürokrat*innen aus Kanada und der EU-Kommission in neu eingerichteten „Ceta-Vertragskomitees“. Diese Ceta-Komitees haben weitreichende Entscheidungsbefugnisse: Das alles geschieht ohne demokratische Kontrolle. Denn das EU-Parlament wird an den Entscheidungen in den Ceta-Ausschüssen nicht beteiligt, die Beratungen sind nicht öffentlich und die detaillierten Protokolle der Sitzungen sind vertraulich.
Zudem kann Europa die Beschlüsse der Komitees nicht einseitig aufheben. Selbst wenn Europa sich zum Beispiel einig wäre, in den Ausschüssen festgelegte Sicherheitsstandards für Pestizide zu verschärfen, wäre dies ohne die Zustimmung Kanadas nicht möglich. Dies wäre ein Bruch des völkerrechtlichen Ceta-Vertrages.
Ceta kann noch gestoppt werden. Denn noch haben nicht alle EU-Mitgliedstaaten Ceta ratifiziert. Auch der Bundestag muss noch grünes Licht geben. Sagt ein einziger Mitgliedstaat „Nein“, ist Ceta vom Tisch. Wir fordern: Keine der im Bundestag vertretenen Parteien darf Ceta zustimmen! Es wird Zeit, dass die Parlamentarier*innen erkennen, dass sie sich mit der Zustimmung zu Ceta selbst entmachten.
Leser*innenkommentare
fly
Typischerweise entscheiden eh keine Abgeordneten über Grenzwerte. Bestenfalls nationale Regierungen oder eben die EU Kommission, bzw deren Subkommissionen. Und schon gar keine Bürger. Oder ist jemals jemand gefragt worden, ob er 5 ng Pestizide ok findet?
Insofern ist es nicht wirklich ein Angriff auf die Demokratie.
Aber das rechtfertigt CETA trotzdem nicht. Weil damit nicht sicher ist, ob die EU Standards weiter gelten, wenn irgendwelche Hinterzimmerinsassen Schiedssprüche fällen können.
Ulle
@fly Es ist insofern doch ein Angriff auf die Demokratie, da die demokratisch nicht legitimierten Ausschüsse über weitaus mehr entscheiden können, als über Grenzwerte. Hinzu kommen die Klagemöglichkeiten vor einem europäischen Sondergericht, wenn durch Gesetze o.a. die GEWINNERWARTUNGEN also nicht der Gewinn, sondern der erwartete Gewinn, gemindert wird. Beispielsweise wird der Pflegeschlüssel zugunsten der Pfleger und Pflegebedürftigen verändert oder die Mindestlöhne im Gesundheitsbereich oder sonst wo erhöht, dann wirkt sich das neg. auf die Rendite der in dem Bereich tätigen Unternehmen aus. So könnte beispielsweise der kanadische Pensionsfond PSP, der hier über Korian Pflegeeinrichtungen betreibt, dann auf entgangenen möglichen Gewinn klagen. Dasselbe gilt für Bestimmungen im Bereich Wohnen (Mieten), Umweltschutz, usw. Alle Regelungen, welche die Gewinnerwartungen schmälern, können zu Klagen führen. Auch wenn die Regelungen von der Bevölkerung mehrheitlich gewollt sind. Und es gab bereits Gesetzesvorhaben, die fallen gelassen wurden, aus Angst vor solchen Klagen.
warum_denkt_keiner_nach?
Volle Unterstützung.
Tom Farmer
Seit Donny Trump bin ich ja der Meinung, dass Verträge eh überschätzt werden.
Kündigen einfach!
So ist dann eher die Frage ob die Demokratie dann so stark und geschlossen dasteht um das auch durchzuziehen. Bzw. das Ceta Vertragskommitee entsprechdn neun besetzt. Für mich jetz auch eine Info-Lücke im Bericht: Wer setzt das Komitee wie oft und durch wen zusammen. Da gäbe es doch dann bestimmt eine Einflussmöglichkeit (des Parlaments?).
Wondraschek
Mutter aller solcher Abkommen ist die 1994 verabschiedete Energiecharta, die es über ihr undemokratisches Schiedsverfahren den Energiemultis mehrfach ermöglicht hat, mit Klagen gegen Klimaschutzmaßnahmen wie dem Abschalten von Kraftwerken Milliarden zu erstreiten.