Saumagen als Veggie-Variante: Kohl würde sich im Grabe umdrehen
Es gibt Gerichte, die bleiben immer dort, wo sie herkommen – der Pfälzer Saumagen etwa. Das gilt wohl auch für seine neue, vegane Variante.
Es gibt Gerichte, die um die Welt gehen. Sushi, Pizza, Burger. Und es gibt Gerichte, die bleiben immer da, wo sie herkommen. Der Pfälzer Saumagen zum Beispiel. Das ist, wie der Name schon sagt, ein Essen aus der Pfalz, das im Magen einer Sau zubereitet wird. Also dem Magen, der einer toten Sau entnommen wurde. In diesen Saumagen gehören Schweinefleisch, Brät (oder auch Wurstbrät genannt), Kartoffeln, manchmal auch ein paar eingeweichte Brötchen. Das alles, in die Saumagenhülle gestopft, wird zweieinhalb Stunden lang gegart, danach in Scheiben geschnitten und häufig mit Sauerkraut serviert. Es war das Lieblingsessen von Helmut Kohl.
Der frühere Bundeskanzler würde sich wohl im Grabe umdrehen, würde man ihm einen veganen Saumagen vorsetzen. Auch wenn manche Kohl gern Birne nannten. Doch die Zeiten ändern sich. Aktuell ernähren sich 1,3 Millionen Menschen in Deutschland rein pflanzlich, hat das Marktforschungsinstituts Skopos1 gezählt. Und so gibt es mittlerweile nicht nur vegane Joghurts, Suppen, Kuchen. Sondern auch vegane Entenbrust, vegane Teewurst, veganen Lachs.
Und seit Jahresbeginn auch veganen Saumagen. Produziert von einer Firma, die sich Vedschi GmbH nennt. Die sitzt – das kann gar nicht anders sein – in Landau in der Pfalz. Vedschi ist ein Ableger der 2012 in eine Stiftung überführten Kissel GmbH. Kissel hat früher ausschließlich Pfälzer Fleisch-Spezialitäten produziert: Rieslingschinken, Leberknepp, Schwartenmagen.
Aber man muss ja mit der Zeit gehen, und vegan ist das neue Fleisch der Generation FFF. Von denen sicher auch welche aus Rheinland-Pfalz kommen.
Sie nennen sich Vedschi-Paten
Die Mitarbeiter:innen bei Vedschi nennen sich Vedschi-Paten, und sie wollen, „dass ein jeder Vedschi-Genießer die Produkte gut in seine eigene Küche integrieren kann“. Daran arbeiten die Vedschis übrigens schon seit vier Jahren. Herausgekommen sind vegane Cevapcici, vegane Burger, ein veganes Chili, vegane Grillwürste und Hack, eine vegane Sauce bolognese. Das heißt auch alles so. Nur der vegane Saumagen heißt Gemüsetaler.
Das ist natürlich ein bisschen dumm, denn vegane Gemüsetaler gibt es schon jede Menge und erst recht an jeder Ecke zu kaufen, sogar in den Fleischhochburgen der ostdeutschen Provinz. Den veganen Saumagen indes sucht man in Geschäften vergebens. Im Veganz-Supermarkt in Berlin beispielsweise gehen die Augenbrauen hoch: „Veganer Saumagen, noch nie gehört.“
„Das ist doch was vom Tier!“
Die Geschäftsführerin im Bioladen sagt: „Veganen Saumagen würde ich nie ins Sortiment nehmen.“ In der Vetzgerei in Prenzlauer Berg, dem Berliner Hotspot der Pseudogrünen, ist man starr vor Schreck: „Saumagen, das ist doch was vom Tier!“ Dazu muss man wissen, dass es in der Vetzgerei riecht wie beim Metzger um die Ecke, in dessen Auslage sich die Eisbeine stapeln. Aber das ist eine andere Geschichte.
Bleibt nur die Onlinebestellung. In Zeiten von Corona ohnehin die bessere Variante, einzukaufen. Allerdings sollte, wer unstillbare Lust auf veganen Saumagen hat, sich vielleicht erst mal mit einem veganen Schnitzel trösten. Für den Weg aus der Pfalz nach Berlin braucht der Gemüsetaler-Saumagen nämlich rund zwei Wochen.
Und wie schmeckt der nun?
Dafür ist er umso schneller gemacht: Ab in die Pfanne, 3 bis 4 Minuten braten, immer mal wenden, fertig. Farbe: röstbraun, Konsistenz: schnittfest. Und wie schmeckt der nun? Nun ja, er besteht unter anderem aus Erbenseiweiß, Erbsenmehl, Stärke, Kartoffelprotein, Natriumacetat, Alpha-Tocopherol, Eisenoxiden, Dextrose.
Der vegane Saumagen wird vermutlich immer dort bleiben, wo er herkommt: in der Pfalz.
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