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Energiepolitik nach FukushimaDie letzten Kurven der Talfahrt

Manfred Kriener
Essay von Manfred Kriener

Angela Merkel wird als Ausstiegskanzlerin in die Geschichtsbücher eingehen. Die energiepolitische Zukunft aber ist hart umkämpft.

Guter Knalleffekt: Das Ende des Kühlturms des RWE-Atomkraftwerks Mülheim-Kärlich im Sommer 2019 Foto: Paul Langrock

D ie Erinnerung funktioniert noch. Fukushima! Sofort hat jeder seine eigenen Bilder im Kopf: die milchig-schemenhaften Silhouetten der havarierten Meiler; die erste Wasserstoff­explosion, die das Dach des Reaktorblocks in den japanischen Himmel katapultiert; die hilflosen Helfer, die den strahlenden Trümmerhaufen aus Wasserschläuchen bespritzen, wie der Nachbar seinen Zierrasen; die Straßenszenen in Tokio mit verhuschten Menschen zwischen Ohnmacht und Scham.

Fukushima war nach Majak, Windscale, Church Rock, Harrisburg und Tschernobyl die sechste atomare Großkatastrophe. Sie alle hätten nach den Vorhersagen einschlägiger Risikostudien nur einmal in hunderttausend Jahren geschehen dürfen. „Kinder, wie die Zeit vergeht!“, höhnten die AKW-Gegner. Und der Klimaökonom Ottmar Edenhofer warnte, man solle sich jetzt bloß nicht als Rechthaber oder Sieger der Geschichte aufspielen.

Fukushima war der erste sichtbare Super-GAU, er passierte vor den Augen der Weltöffentlichkeit, begleitet vom neuen Nachrichtenkosmos des Internets. Fukushima war die endgültige Bestätigung, dass diese Technologie des Schreckens auf den Komposthaufen der Geschichte gehört. 1979, nach Harrisburg, konnte die Branche noch die Beherrschbarkeit selbst des schlimmsten denkbaren Unfalls behaupten, weil die Kernschmelze weitgehend im Reaktorgebäude stecken geblieben war. 1986, nach Tschernobyl, waren die „kommunistischen“ Reaktoren schuld, die der westlichen Sicherheitstechnik weit unterlegen waren. 2011, nach Fukushima, waren die Ausreden aufgebraucht, das Entsetzen nicht mehr zu kanalisieren. Nur der gnädige Westwind, der die radioaktiven Wolken auf den Pazifik trieb, hatte die 30-Millio­nen-Metropole Tokio vor der Evakuierung bewahrt.

Kein anderes Land stellte nach Fukushima die energiepolitischen Antennen stärker auf Empfang als die Bundesrepublik. Die energiepolitische Lage war plötzlich sonnenklar: „Die Dinger müssen weg“, schrieb der 11-jährige Schüler Enno Ebersbach in einem Gastbeitrag für die Fukushima-Sonderausgabe des Umweltmagazins zeozwei (heute taz FUTURZWEI), „ich finde es wichtig, dass jetzt jeder weiß, dass Atomkraftwerke keine Lösung sind!“

Der politische Instinkt der Kanzlerin

Fukushima hieß schnell Stuttgart. Die Landtagswahl in Baden-Württemberg folgte nur zwei Wochen nach der dreifachen Kernschmelze. Die Grünen surften auf der 13 Meter hohen Flutwelle, die am 11. März mit Tempo 160 auf die japanische Küste zugerast war, in die Regierungsverantwortung, ein unmissverständlicher Hieb für die alten Atomparteien. Mit Fukushima war die grüne Partei endgültig in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Ihr Kernthema Energiepolitik hätte nicht eindrucksvoller bestätigt werden können. Gleichzeitig setzte der japanische Fallout die Südwest-CDU nach 58 Jahren ununterbrochener Regentschaft auf die Oppositionsbank.

Dabei hatte Merkel eigentlich schnell reagiert. Während die EU noch „Stresstests“ für alle Reaktoren forderte, sendete der politische Instinkt der Kanzlerin sofort die richtigen Signale. Schneller, als man AKW buchstabieren konnte, vollzog sie – nach Krisentelefonaten mit dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Stefan Mappus – eine diametrale Kehrtwende ihres energiepolitischen Kurses und verkündete ein Atom-Moratorium und die Abschaltung von sieben, später acht Reaktoren.

Merkel, die Kanzlerin der schwarz-gelben Laufzeitverlängerung, wird als Kanzlerin des Atomausstiegs in die Geschichts­bücher eingehen. Dabei hatte sie nie verstanden, wie fundamental der Atomkonflikt die westdeutsche Gesellschaft über Jahrzehnte vergiftet hatte. Die blutigen Schlachten an den Bauzäunen Ende der 70er Jahre, die Massenproteste der 80er Jahre, die jahrzehntelangen Kämpfe unzähliger Bürgerinitiativen, die die Grünen erst möglich machten: Merkel kannte die relevanteste Protestbewegung der alten Bundesrepublik nur aus den Kurzmeldungen im Neuen Deutschland.

Die Ereignisse

11. März 2011: Ein Erdbeben unter dem Pazifik löst eine Tsunami-Flutwelle aus, die die Ostküste von Japan verwüstet. Etwa 20.000 Menschen sterben. Am AKW-Standort Fukushima Daiichi zerstört die Welle die Stromversorgung, die Kühlung fällt aus. Drei Atommeiler laufen heiß.

12. März 2011: Eine Wasserstoffexplosion zerstört eines der Reaktorgebäude, nicht aber die Reaktorkerne. Radioaktives Gas gelangt in die Umgebung. In allen drei Reaktoren kommt es in der Folge zur Kernschmelze. Ein Teil der extrem strahlenden nuklearen Kerne frisst sich durch seine Druckbehälter, bleibt aber in den Gebäuden. Bis heute sind die Reaktoren nicht zugänglich.

14. März 2011: Die schwarz-gelbe Bundesregierung in Berlin verkündet ein „Moratorium“: Alle insgesamt 17 AKW-Blöcke in Deutschland werden auf ihre Sicherheit überprüft, die 7 ältesten für drei Monate abgestellt.

27. März 2011: Bei der Landtagswahl in Baden-Württemberg wird die CDU mit 39 Prozent stärkste Partei. Die Grünen erreichen ein Rekordergebnis von 24 Prozent und bilden mit der SPD (23 Prozent) die Regierung. Mit Winfried Kretschmann wird zum ersten Mal ein Grüner Ministerpräsident eines Landes.

30. Juni 2011: Der Bundestag beschließt mit großer Mehrheit die endgültige Abschaltung der 7 ältesten Meiler, dazu das Aus für den ruhenden Pannenreaktor Krümmel. Der Atomausstieg, noch 2010 verlängert, wird auf Ende 2022 vorgezogen. (bpo)

Ihre späte Kehrtwende zum Atomausstieg war aber nicht nur Opportunismus. Sonst hätte Merkel nach dem langsamen Abklingen der Fukushima-Welle wieder gewackelt. In der schwarz-gelben Regierungskoalition gab es genug Atomfreunde, die nach Verstreichen einer Schamfrist die Neutronen wieder flitzen lassen wollten. Doch die Physikerin Angela Merkel hatte womöglich begriffen, dass diese Technik tatsächlich unverantwortbar ist, die Wucht des Tsunamis hatte auch das ­Bundeskanzleramt erwischt. Die Autorität der Katastrophe ließ das Gerede von der „Brückentechnologie Atomkraft“ verstummen. Nicht nur die Brücke, das ganze Lügengebäude deutscher Energiepolitik war eingestürzt.

Beißkrampf um den Ausbau der erneuerbaren Energien

Nach Fukushima war die neue Allparteienkoalition des Ausstiegs – von Greenpeace bis Seehofer – auch eine Chance für die Gesellschaft. Das war sie leider nur kurze Zeit. Der alte Grabenkrieg des Atomkonflikts mündete umstandslos in den verschärften Beißkrampf um den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien – bis heute. Heute wird das Irrsinnsprojekt Nordstream 2 gebaut, ebenso das Flüssiggasterminal für US-Frackinggas. Die Stilllegung der Kohlekraftwerke und das Ende des steinzeitlichen Braunkohletagebaus werden trotz Klimakrise verzögert, der Ausbau von Solar- und Windanlagen wird permanent gedeckelt, bekämpft, ausgebremst.

Aber warum konnte die Atomenergie als Kind der 1950er Jahre überhaupt so lange überleben? Warum taucht selbst heute immer wieder die Fata Morgana eines nuklearen Comebacks auf? Die Politik, das zeigt sich an vielen Zukunftsvorhaben, war leider immer schon anfällig für den großen Wurf. Und die Kräfte des gespaltenen Urans sind tatsächlich ungeheuer, die Erlöserfantasien des aufziehenden Atomzeitalters Ende der 50er und Anfang der 60er Jahre waren grandios. Keine Stromzähler mehr, die Begrünung der Wüsten und der Polkappen, dazu Atomlokomotiven, -autos, -flugzeuge, das Füllhorn für alle. Die „friedliche“ Nutzung der Atomkraft, die jetzt Kernenergie hieß, sollte zudem Wiedergutmachung sein für die Leichenberge von Hiroshima und Nagasaki.

In Deutschland bekam der Ausbau der Erlösertechnologie Atomkraft schnell religiöse Züge. Politik, Energiewirtschaft, Teile der Wissenschaft und der Polizeiapparat vereinten sich zur verschworenen Atomgemeinde, die im Stellungskrieg mit den Atomgegnern rationalen Argumenten bald nicht mehr zugänglich war. Am Ende ging es vor allem darum, dass die grünen Latzhosenbrigaden und der verhasste Umweltzirkus nicht gewinnen durften. Dann kamen die Katastrophen. Dann kam Fukushima. Warum Urankerne spalten, um Kaffee zu kochen, wenn ich sogar aus Hühnerscheiße Strom machen kann, schrieb der 11-jährige Enno. Der Junge hatte recht.

2022 geht bei uns der letzte Atommeiler vom Netz. Aber auch bei globaler Betrachtung wird klar: Die Atomindustrie fährt ihre letzte Etappe, der Besenwagen wartet schon. Ihr Anteil an der weltweiten Stromversorgung hat sich gegenüber den Boomjahren glatt halbiert. Nur noch wenige Länder, meist keine demokratischen, bauen neue Meiler. Und die laufenden Altkraftwerke der in Zahl und Leistung stagnierenden weltweiten Reaktorflotte nähern sich langsam der 40-Jahres-Grenze. Isch over! Atomkraft ist nicht nur lebensgefährlich und atombombentauglich, sie hat nicht nur Akzeptanzprobleme und hinterlässt strahlenden Müll für Millionen Jahre. Sie ist inzwischen auch doppelt so teuer in den Stromgestehungskosten wie Wind und Sonne an guten Standorten. Es gibt in vielen Ländern auch keinen Nachwuchs mehr. Kein vernünftiger Mensch will in einem Atomkraftwerk arbeiten.

Ein Albtraum, der nicht enden will

Dass es trotz allem immer noch eifrige Diskussionsrunden gibt zu den ewigen „Chancen und Risiken“ der Atomkraft und dass jetzt der seriell produzierte niedliche Minireaktor erneut als atomarer Hoffnungsträger auftaucht, das sind die letzten Kurven einer langen Talfahrt. Sie hatte schon Ende der 1970er Jahre begonnen, als nach dem atomaren Höhepunkt immer weniger neue Atommeiler projektiert wurden. Tschernobyl beschleunigte diesen Negativtrend. Fukushima setzte zwar nicht den Schlusspunkt, beseitigte in den meisten Ländern aber letzte Zweifel.

Der 11-jährige Enno schrieb im März 2011, er wolle einen Teil seines Taschengelds für den Wiederaufbau in Japan spenden. Enno, das wird nicht reichen. Die Kosten der nuklearen Katastrophe summieren sich inzwischen auf 21,5 Billionen Yen (180 Milliarden Euro) und schon jetzt ist absehbar, dass auch diese Summe längst nicht reichen wird. Fukushima – das ist auch ein Albtraum, der nicht enden will.

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Manfred Kriener
Manfred Kriener, Jahrgang 1953, ist Umweltjournalist und Autor in Berlin. Themenschwerpunkte: Klima, Umwelt, Landwirtschaft sowie Essen & Trinken. Kriener war elf Jahre lang taz-Ökologieredakteur, danach Gründungschefredakteur des Slow-Food-Magazins und des Umweltmagazins zeozwei.. Zuletzt erschienen: "Leckerland ist abgebrannt - Ernährungslügen und der rasante Wandel der Esskultur". Das Buch schaffte es in die Spiegel-Bestsellerliste und wurde von Umweltministerin Svenja Schulze in der taz vorgestellt. Kriener arbeitet im Journalistenbüro www.textetage.com in Kreuzberg.
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28 Kommentare

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  • Brillianter Beitrag, Herr Kriener!

    Vielen Dank für diesen umsichtigen fundierten Überblick, der u.a. von



    einem klaren Verstand zeugt.

    Ich möchte hier die Gedanken spielen lassen und spekulieren:

    Die Grünen sind, wie Sie selbst schreiben, maßgeblich aus der Anti-AKW-Bewegung entstanden. Sie waren somit "etwas tiefer im Thema drin".

    Was wäre gewesen, wenn (quasi) alle Wählerinnen und Wähler der Grünen



    und auch die Atomkraftgegner anderer politischer Färbung, ihren Stromanbieter relativ bald nach der Strommarktliberalisierung 1998 hin zu einem Ökostromanbieter gewechselt hätten? Also eine sehr große tatkräftige Ablehnung der Atomktaft hätte stattgefunden!

    Hätte das nicht Einfluss auf die AKW-Sicherheitsmaßnahmen in Japan



    gehabt? Wäre VIELLEICHT die Fukushima-Katastrophe verhindert (durch Stilllegung) oder abgemildert



    worden?

  • Dabei hatte Merkel eigentlich schnell reagiert.

    Dass die Kanzlerin in Deutschland sofort AKWs abschaltete war nur den anstehenden wichtigen Landtagswahlen geschuldet.

    (Die Grünen drohten der CDU BaWü abzunehmen)

    Kein Land der Erde machte damals eine solchen milliardenteure Aktion. .

  • Atomkraft ist die Lösung für die globale Energiewende. Konventionelle Erneuerbare produzieren entweder zu starke Schwankungen für den Grundlastbetrieb (Solar,Wind), oder haben eine sehr niedrige Flächenleistungsdichte. Das CO2-Endlagerprovlem ist noch nicht gelöst. Der globale Energieverbrauch wird rasant steigen (das ist auch eine soziale Frage für viele Menschen in Entwicklungs und Schwellenländern). Atomkraft ist nicht die einzige Lösung, aber da der Klimawandel das drängendste Problem ist, darf keine CO2 neutrale Form der Energiegewinnung aus dem Diskurs ausgeschlossen werden. Wir werden für eine globale Energiewende- die auch noch negativemmissionstecznologien mit Energie versorgen muss - alle Möglichkeiten ausnützen, die wir haben. By the way, mit U233 und thorium als Brennstoff (Siehe Indien) sowie neuen brutreaktoren zur atommüllverbrennung verkleinert sich das endlagerproblem massiv.



    Und wer jetzt sagt, wir müssen im Zweifel eben kürzer treten und den Energieverbrauch senken - in Deutschland mag das mit moderner Bautechnik finanzierbar sein, in vielen anderen Ländern beginnt die Industrialisierung und Digitalisierung erst jetzt flächendeckend. Und wir sollten froh sein, wenn dort SMRs oder konventionelle druckwasserreaktoren anstatt Kohlekraftwerken gebaut werden.



    Außerdem setzen 2 der größten Länder überhaupt auf Atomkraft zur CO2-neutralen Energieproduktion: Indien und China. Andere kluge Köpfe sind offensichtlich zu der Einschätzung gelangt, das Atomkraft doch nicht das pure Böse ist.

    • @Vincent Braun:

      Vincent Braun, Sie sind offenbar ein(e) Freund(in) der „friedlichen Nutzung“ der Kernenergie!?

      Dann habe ich hier ein paar Fragen auf die Sie sich einlassen könnten. Ganz bestimmt fällt Ihnen dazu nicht viel ein oder Sie werden irgendwie ausweichen!



      Auf Ihre Antworten, sofern es doch welche gibt, bin ich gespannt.

      1) Gibt es eine Entsorgung, wenn ja: Wohin soll der Atommüll entsorgt werden?

      2) Gestehen Sie auch den nachfolgenden Generationen uneingeschränkt das Grundrecht (GG Art.2 (2)) auf "auf Leben und körperliche Unversehrtheit" zu?



      Wenn Sie hier mit "nein" antworten, habe ich hier keine weiteren Fragen mehr. (Verschwinden Sie!)

      3) Halten Sie die sehr hohen Sicherheitsmaßnahmen (meterdicke Bleiplatten, Nutzung von Robotern usw.) beim Umgang mit Plutonium und sonstigen radioaktiven Stoffen für übertrieben oder gar eine Farce?

      Falls "ja", habe ich hier keine weiteren Fragen mehr.

      Oder glauben Sie auch, dass z.B. Plutonium hochgiftig ist? (Das Wesen des Giftes ist, dass es die Gesundheit gefährdet, oder?)



      Falls "nein", habe ich hier keine weiteren Fragen mehr.

      4) Können Sie garantieren, dass dieser Atommüll über 50000 Jahre sicher gelagert wird?

      Falls nein: Bitte legen Sie schlüssig und verständlich dar, warum es trotzdem in Ordnung sei, dass dieser Atommüll produziert und gelagert wird.

      Falls ja: Warum, also auf welchen technischen und geologischen Grundlagen, können Sie das garantieren?

      5) Können Sie verantworten, dass im Falle eines Unglücks große



      Gebiete auf zigtausend Jahre verstrahlt werden, deshalb sehr viele Menschen viel zu früh sterben,



      nur weil Sie gierig nach (vermeintlich) billigem Strom sind?

      6) Kann elektrischer Strom auch ohne Kernkraft erzeugt werden? (nur Scherzfrage)

      Zusatzfrage: Wie viel Energie steckt in einem Liter Benzin?

      Durch diese Fragen und die Unmöglichkeit darauf insgesamt plausibel, vernünftig und widerspruchsfrei zu antworten wird klar, dass Kernenergie technisches, humanes bzw. ethisches SCHEITERN bedeutet!

    • @Vincent Braun:

      "mit U233 und thorium als Brennstoff (Siehe Indien) sowie neuen brutreaktoren zur atommüllverbrennung verkleinert sich das endlagerproblem massiv."



      Das ist nur leider ein Märchen das die Atomindustrie seit geschätzt 50 Jahren erzählt. Nur funktioniert es eben nicht. Auf genau das selbe Konzept von Thorium und U233 setzte man etwa auch schon im THTR-300 und der war in jeder Hinsicht ein totaler Fehlschlag und wurde wegen Sicherheitsmängeln inclusive Störfällen, technischen Problemen und mangelnder Wirtschaftlichkeit 1989 nach nur etwa einem Jahr Testbetrieb stillgelegt. Zurück blieb ein Krebscluster in der Region und eine Anlage die wegen ihres spzeiellen Designs noch immer derart strahlt, dass an einen Rückbau bislang noch nicht zu denken ist. Die Folgekosten für den "sicheren Einschluss" werden bereits von der öffentlichen Hand getragen und die für Rückbau und Endlagerung werden absehbar ebenfalls beim Steuerzahler landen weil die Betreibergesellschaft kaum noch Rücklagen hat und die Muttergesellschaft nicht haftbar gemacht werden kann.

      • @Ingo Bernable:

        Und für den Krebscluster hätte Ich gerne belastbare Zahlen. Sonst ist das einfach nur eine Behauptung

        • @Vincent Braun:

          Die Mühe werde ich mir nicht machen, weil sie ohnehin jede Quelle unterhalb einer offiziellen Regierungserklärung als unseriös ablehnen werden. Die aber gibt es natürlich nicht, weil damit nicht nur Schadensersatzforderungen einhergehen würden, sondern es auch das offizielle Eingeständnis wäre dass derartige Anlagen selbst im Normalbetrieb nicht sicher sind.



          Wenn es sie tatsächlich ernsthaft interessieren sollte nutzen sie doch einfach eine Suchmaschine ihrer Wahl.

      • @Ingo Bernable:

        Weil etwas vor 40 Jahren nicht funktioniert hat werden sie es über Bord, die indische Regierung setzt dagegen genau darauf für ihre Energiewende... ob die wohl nur zu blöd sind, so wie sie dir offensichtlichen Mängel zu erkennen? Oder hat sich vielleicht was getan in den letzten Jahren? Etwas, das sich technischer Fortschritt nennt...



        Und U233 können sie sehr wohl heute schon als Brennstoff nutzen, Halbwertszeit des Mülls ca 500 Jahre, das ist machbar.



        Sicherheitsmäßig hat sich auch viel getan in den letzten Jahren. Ja, ein Restrisiko bleibt. Aber es ist kleiner geworden und technologisch beherrschbar.



        Und was sind den ihre Vorschläge für die Energiewende bei global stark steigendem Energieverbrauch? Wollen sie den Leuten in Entwicklungsländern sagen: Pech gehabt, ihr müsst erstmal weiter unter unserem Lebensstandard leben?

        • @Vincent Braun:

          "Halbwertszeit des Mülls ca 500 Jahre, das ist machbar."



          Ihnen ist aber schon klar, dass die Halbwertszeit nicht die Zeit beschreibt nach der das Zeug ungefährlich wäre, sondern die Zeit in der sich die Radioaktivität halbiert? Und die Halbwertszeit von Uran 233 liegt soweit ich das sehe nicht bei 500 sondern bei 159.200 Jahren.



          "Aber es ist kleiner geworden und technologisch beherrschbar."



          So wie in Fukushima? Die dortigen Reaktoren waren auf einem höheren Sicherheitsstandard als alle Meiler die hierzulande immer noch laufen.



          "Wollen sie den Leuten in Entwicklungsländern sagen"



          Gerade Entwicklungsländer machen sich aber mit Atomenergie stärker als mit jeder anderen Energieform von ausländischen "Partnern" abhängig und zwar von Finanzierung, über Bau, Betrieb bis hin zur Brennstoffherstellung. Ein weiteres Problem ist, dass zumindest einige der Thorium-Reaktoren hochangereichertes Uran verwenden, der Weg um aus solchen Brennelementen Waffen zu bauen ist nur ein sehr kurzer.



          "Pech gehabt, ihr müsst erstmal weiter unter unserem Lebensstandard leben?"



          Ein Lebensstandard dessen Ressourcenverbrauch bei 2,5-3 Planeten liegt kann ohnehin offensichtlich nicht für alle funktionieren, ob mit oder ohne Atomenergie spielt dabei keine Rolle. Aber der Westen gibt sich eben lieber der Phantasie hin, dass es reichen würde die Technik nachhaltiger zu machen und eAuto, statt Verbrenner zu fahren, um ewig so weitermachen zu können.

  • Auch ich finden den Beitrag gelungen, sprachlich elegant. Bis auf einen Satz: "Merkel kannte die relevanteste Protestbewegung der alten Bundesrepublik nur aus den Kurzmeldungen im Neuen Deutschland." Der stimmt vermutlich nicht mal für Merkel, geschweige denn für die forcierte Anti-Atombewegung nach Tschernobyl auch in der DDR - die es gab, wenn auch anders . Aber "anders" heißt eben nicht "nicht"... Wann begreifen das sich nur an ihren eigenen (West-)Maßstäben orientierende Publizisten endlich? Ich würde dieses Unbehagen gern endlich hinter mir haben...

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @Richter Steffi:

      ich erinnere auch an die Umweltbibliothek in Ostberlin. Frau Merkel hat ja nun auch den Westen vor der Wende besucht und Fersehen gab es auch im Osten. Sogar ZDF

  • Schön geschrieben, wirklich. Aber ist diese eigentlich ausschließlich emotionale Darstellung nicht doch ein Hinweis auf nagende Zweifel damals richtig entschieden zu haben?

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Nur Erdgas Elektrizitätswerk sind eine vernünftige Sicherung bei Strom Engpässen.



    Das sollte so langsam jedem noch so wilden Klima und Umweltschützer bewusst sein, deswegen ist leider nordstream 2 mehr als notwendig

  • bisher habe ich trotz bemühen leider weder einen ökonomen noch einen naturwissenschaftler gefunden , welchem die deutsche energiewende hoffnung einflösst , vom populärwissenschaftler w. sinn und den praktikern ganz abgesehen , bestenfalls höfliches kopfschütteln unisono , sorge um energiesicherheit und bezahlbaren sozialstaat - freilich , man fühlt sich intellektuell ein wenig verspottet. dennoch , es gibt auch lichtblicke ! sobald man von dem nominalen zusatzbedarf von 10 akw s zwecks elektrifizierung des verkehrs spricht kommt der (galgen) humor zu seinem ungetrübten recht , und , in ermangelung einer etwaig herabgesetzten minderheit darf sogar noch herzlich gelacht werden. als was merkel in die geschichte eingehen wird ? eine mischung zwischen unterordnung des rechts ob des lauten gefühls , verschiebebahnhof an stelle der finalen problembewältigung sowie quasibankrott trotz 10 jahren hochkonjunktur. doch das wäre nicht fair , denn , diese frau kann erheblich mehr. ihre eigentliche meisterleistung liegt im unaufgeregten , formvollendeten dilletieren unter einsatz ihrer beträchlichen intelligenz , frei eines erwähnenswerten medialen wiederspruchs ! warum auch , spätestens seit covid wissen alle um das hiesige naturrecht des unerschöpflichen reichtums.

  • Atomkraft ist gefährlich, aber sie ist der derzeit einzige Weg aus der Klimakatastrophe.

    • 4G
      4813 (Profil gelöscht)
      @TazTiz:

      Aber jetzt mal ganz böse formuliert:

      Atomkraft kann ganze Landstriche unbewohnbar machen und die liegen zufälligerweise mitten in den industriellen Ballungsräumen.



      Der Klimawandel macht ganze Landstriche unbewohnbar und die liegen zufälligerweise da, wo es keine Atomkraft und wenig immobiles Kapital gibt.



      Und, der Klimawandel macht uns Netto zu Gewinnern. Russland, USA, Kanada, China und Japan ebenso.



      Wieso dann Atomkraft?

  • Im Bericht wird das Telefonat Merkel/Mappus erwaehnt.



    Bitte einen recherchierten Artikel dazu, danke.

    • Manfred Kriener , Autor des Artikels,
      @hein bloed:

      Schauen Sie doch mal auf die heutige Seite 2 der taz. Dort finden Sie diesen Bericht zu Merkel/Mappus.

  • // Heute wird das Irrsinnsprojekt Nordstream 2 gebaut, ebenso das Flüssiggasterminal für US-Frackinggas. Die Stilllegung der Kohlekraftwerke und das Ende des steinzeitlichen Braunkohletagebaus werden trotz Klimakrise verzögert, der Ausbau von Solar- und Windanlagen wird permanent gedeckelt, bekämpft, ausgebremst. //

    Alles Ansichtssache.



    Das „Irrsinnsprojekt“ ist absolut notwendig wenn alle Atom- und dann Kohlekraftwerke abgeschaltet sind. Nachts scheint keine Sonne (!) und Wind weht auch nich ständig. Was bleibt sind Erdgaskraftwerke die im Falle einspringen - Erdgas-Nordstream !!!

    Ich empfehle mal hier nachzusehen und festzustellen, dass eine ganze Menge elektrischer Leistung irgendwo herkommen muss.

    www.agora-energiew...3.2021/09.03.2021/

    • @Der Cleo Patra:

      Wer gar nicht erst über Alternativen nachdenkt bevor er mit vermeintlicher Alternativlosigkeit macht es sich doch etwas zu einfach. Wohin die Entwicklung gehen muss ist eigentlich schon lange absehbar, aber statt an Smart Grid, Speicherkapazitäten und Tarifmodellen die eine entzerrte Stromnutzung fördern zu arbeiten wird weiter stur und stumpf auf fossile Energie gesetzt und behauptet es ginge nun mal nicht anders.

      • @Ingo Bernable:

        Welche Speicher denn? In naher Zukunft sind keine großserientauglichen Speicher abzusehen, zumal diejenigen Konzepte, die eine hohe Energiedichte versprechen, einen sehr bescheidenen Wirkungsgrad haben (was den Bedarf an EE enorm steigert). Und die produzierende Industrie kann nicht einfach so mal aufhören und alle Maschinen einfach abstellen. Wenn die Referenz eine zweiwöchige Dunkelflaute ist, kommt alleine Deutschland auf einen effektiven Speicherbedarf von über 20TWh! Und diese Speicher sollten dann in 4 Wochen wieder voll sein, Winter ist Winter und ein Stromausfall mittlerweile als katastrophal einzustufen.

        • @Luftfahrer:

          Solange die Politik aber immer noch auf fossile Brennstoffe und Technik von vorgestern setzt gibt es zum Einen aber auch nur wenig Impulse in großem Maßstab in die Entwicklung verbesserter Speichertechnologien zu investieren, zum Anderen ist ein nur mäßiger Wirkungsgrad auch nur bedingt ein Argument dagegen, das lässt sich ja mit entsprechend mehr Anlagen kompensieren.

          • 4G
            4813 (Profil gelöscht)
            @Ingo Bernable:

            Tja, alles ein bisschen richtig, aber es gibt eben auch keine Technik von Morgen.



            Ich habe noch keine Lösung für die C-freie und Kernenergiefreie Energieversorgung Deutschlands gesehen. Bitte belehren sie mich. Aber konkret.

  • Wer weiß? Vielleicht wird die Welt sich in zwei, drei Jahren von dieser Corona-Pandemie erholt haben. Von den strahlenden Lasten der Atomenergie wird sie sich ganz sicher nie mehr erholen. In den 50er Jahren witterten Entscheider das schnelle Geld mit der Atomenergie. Eine brauchbare Lösung für den Atommüll hatte damals niemand und hat bis heute niemand. Trotzdem wurden diese Anlagen politisch forciert und genehmigt. Ein Paradebeispiel für verantwortungslose Politik

  • Der Autor bezieht sich auf die 70iger Technik. Hat Er schon mal was von Gen4 Technik vernommen. Brütertechnik wird in Russland und Anderswo aktuell gebaut. Selbst Japan hat sich nicht von der Kerntechnik verabschiedet. Schauen Sie einfach mal auf electricitymap.org wie die CO2 Ausstöße pro Kwh so sind. Frankreich setzt voll auf Kerntechnik und hat aktuell mit dem Faktor 4,5 weniger CO2/Kwh wie die Deutschen.



    Sollte die Dual - Fluid Generation verwirklicht werden wird sich auch Ihre Meinung ändern, denn wir werden dann die 97% Restenergie des "Atommülls" für Jahrhunderte nutzen können.

    • @Müller Matts:

      Da ist doch auch nur die Fortsetzung des Versprechens von der Erlösertechnologie. Von Beginn an war es immer die jeweils gerade nächste Reaktorgeneration/-technik die alle Probleme lösen sollte und was wurde da nicht alles versprochen, von geschlossenem Brennstoffkreislauf, inhärente Sicherheit, Beseitung des Atommülls durch Transmutation und Konvertierung, ... und wie viele Reaktorkonzepte wurden mit riesigen Erwartungen gebaut und erwiesen sich dann als dysfunktionaler Flop, etwa der schneller Brüter in Kalkar, der nie funktioniert aber 7 Mrd. DM verschlang, der Kugelhaufenreaktor in Jülich bei dem der Rückbau zu immensen Problemen und Kosten führt, der THTR in Hamm wo man ´86 offenbar Versuchte eigene, strahlende Emissionen in der Wolke aus Tschernobyl zu verstecken was in der Folge zur Stilllegung führte, ...



      Von den technischen Problemen abgesehen war Atomenergie nie wirklich in der Lage sich wirtschaftlich selbst zu tragen sondern immer auf Subventionen angewiesen. Würde man diese externalisierten Kosten auf den Strompreis umlegen wäre die kWh um 11-34 ct teurer und damit schon längst nicht mehr konkurrenzfähig gegenüber den Erneuerbaren. Und würde man darüberhinaus auch noch die externalisierten Kosten für die Endlagerung einrechnen würde der Preis bei geradezu absurden 2-2,70 €/kWh liegen.

      • 4G
        4813 (Profil gelöscht)
        @Ingo Bernable:

        Sie wissen genau, worum es Franz-Josef Strauss damals ging, als er die Industrie zwang/drängte Atomkraftwerke zu bauen.



        Deutschland wollte die Bombe - früher oder später.



        Mit deutscher Windkraft und Solarenergie kommen wir nicht weit.



        Sicher gibt es Lösungen, die sind aber außerhalb des Landes zu suchen.

    • @Müller Matts:

      Ja aber deutsche Energiepolitik können Sie jetzt nicht als nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtet betrachten, sondern als Ergebnis unterschiedlicher Lobby - und Partikularinteressen. Dabei sind die stärksten Lobbies die Kohle - Erhalter und die Windkraft - Solar - Verhinderer von daher bitte Deutschland als politkwissenschaftliches Beispiel aber nicht als Energieversorgungswissenschaftliches heranziehen.