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Gerichtsentscheidungen zur Rigaer 94Polizeischutz für Eigentümerin

Zwei Gerichte urteilen zu Gunsten der Eigentümerin des Hausprojekts Rigaer94. Diese dürfte mit Hilfe der Berliner Polizei das Gebäude betreten.

Bald auch wieder drin: Polizei vor der Rigaer Straße 94 Foto: dpa

Berlin taz | Die Eigentümerin des linksradikalen Hausprojekts Rigaer Straße 94, die britische Briefkastenfirma Lafone Investments Limited, hat nach jahrelangen juristischen Niederlagen am Donnerstag und Freitag einen Doppelerfolg vor Berliner Gerichten erzielt. Sowohl das Kammergericht als auch das Verwaltungsgericht haben Anträgen der Lafone stattgegeben und zugleich die Prozesstauglichkeit und ordnungsgemäße Bestellung ihres Rechtsbeistandes bestätigt.

Ver­tre­te­r*in­nen des anonymen Eigentümers haben nun ein Anrecht unter Polizeischutz das Haus zu betreten. Mehrere, teils rechtswidrige Einsätze der Polizei in der Rigaer 94 hatten in der Vergangenheit Konflikte mit der linksradikalen Szene im und um das Haus ausgelöst. Der bislang letzte Großeinsatz erfolgte im Juli im Zusammenhang mit der Vollstreckung von Durchsuchungsbeschlüssen im Haus. Damals holte die Polizei den Hausverwalter und den Eigentümeranwalt ohne Rechtsgrundlage hinzu, bei einem erneuten Versuch ins Gebäude zu gelangen wurden beide angegriffen.

Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg hatte die Eigentümer im Dezember dazu verpflichtet, den Brandschutz im Haus durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen. Die Polizei hatte ein Ersuchen um Polizeibegleitung mit Hinweis auf bisherige Entscheidungen des Landgerichts abgelehnt und die Eigentümerin aufgefordert, sich zunächst einen zivilrechtlichen Titel zu verschaffen.

Am Donnerstag urteilte nun das Kammergericht per einstweiliger Verfügung, dass die Eigentümervertreter mit einem Sachverständigen für Brandschutz das Gebäude sowie einige Wohnungen betreten dürfen, wie zunächst der Tagesspiegel berichtete. Das Zivilgericht erlaubt der Eigentümerin damit grundsätzlich Zutritt: Die erbrachten Nachweise der Lafone über eine Eintragung ins britische Handelsregister und über die Bestellung ihres Geschäftsführers seien ausreichend. Damit widersprach es der jahrelangen Rechtsauffassung verschiedener Kammern des Landgerichts.

Lukas Theune, Anwalt der Rigaer94, der an dem Verfahren nicht beteiligt war, sagte der taz: „Wir kennen den Beschluss noch nicht. Wenn der 8. Zivilsenat wirklich die Auffassung vertreten sollte, das englische companies House register sei so zuverlässig wie das deutsche Handelsregister, stellt er sich damit gegen die gesamte bisherige obergerichtliche Rechtsprechung – selbst des eigenen Gerichts.

Polizei muss helfen

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht klagte die Lafone darüber hinaus Polizeischutz beim Betreten des Hauses ein. Diesem Ansinnen sei „stattgegeben“ worden, wie Gerichtssprecher Dominic Hörauf der taz am Freitagmorgen sagte. Die Eigentümerin hatte argumentiert, dass sie ohne Begleitung der Polizei die Anordnung des Bezirksamts, den Brandschutz im Haus zu gewährleisten, nicht umsetzen könne, weil dabei mit körperlichen Angriffen zu rechnen sei.

So sah es auch das Gericht: Wenn das Land Berlin – oder der Bezirk – eine Verpflichtung wie die Sicherstellung des Brandschutzes auferlegt, muss es auch Hilfe gewährleisten, damit die Verpflichtung erfüllt werden kann, sagte Hörauf über die Entscheidung des Gerichts. Ebenso wie das Kammergericht sah das Verwaltungsgericht keine durchschlagenden Probleme bei der Prozessfähigkeit der Lafone und der Bevollmächtigung ihres Anwalts.

Das Gericht stützte sich bei dieser Bewertung laut dem der taz vorliegenden Urteil auf ein Rechtsgutachten des Juristen Alexander Schall von der Universität Lüneburg, welches die Eigentümerseite wohl auch dem Kammergericht vorgelegt hatte und in dem ausgeführt wird, dass die Eintragung eines Geschäftsführers ins companies House register ausreichend sei, um dessen Vertretungsbefugnis anzuerkennen. Neue Nachweise über die korrekte Führung der Firma wurden demnach nicht vorgebracht.

Die Richter sahen auch kein Problem darin, die Lafone mit der britischen Rechtsform Limited, die nach dem Brexit nicht mehr anerkannt ist, als offene Handelsgesellschaft (OHG) zu behandeln. Zuletzt hatten die Anwälte der Be­woh­ne­r*in­nen der Rigaer 94 in einem am Landgericht laufenden Räumungsklageverfahren gegen die Kneipe „Kadterschmeide“ die Prozess- und Rechtsfähigkeit der Lafone grundsätzlich infrage gestellt und auch die Voraussetzung für die Anerkennung als OHG abgestritten.

Die Be­woh­ne­r*in­nen der Rigaer 94 äußerten sich in einem Statement auf ihrer Website zu den möglichen Folgen der Entscheidungen: „Zu erwarten ist im Moment nicht viel mehr oder weniger als ein Invasionsversuch wie schon in den Sommern 2016 und 2020 mit geplanter Belagerung. Dem Wunsch, das Haus zu vernichten und dem antikapitalistischen Widerstand in Berlin zu schwächen, wird wie zuletzt bei der Räumung der Rummelsburger Bucht wahrscheinlich der Brandschutz vorgeschoben werden.“ Darauf gäbe es „nur eine Antwort: Widerstand auf der Straße“.

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14 Kommentare

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  • Wann endlich wird diese Auseinandersetzung auf das politische Niveau gehoben, auf dem es tatsächlich und unabhängig vom konkreten Fall Rigaer94 stattfindet?



    "Antikapitalistischer Widerstand" ist dann Provinz und wird solange provinziell bleiben, wo er sich bloss militanter Kraftausdrücke bedient, in der politisch-inhaltlichen Praxis aber gar nicht militant ist. Und militant bedeutet in diesem Fall nicht in Kampfmontur der Polizei gegenüber zu treten. Auch das schon ein Erfolg die Politik auf ein Schlachtfeld, auf militärische statt militant politische Räume zu reduzieren.

    Der Staat Bundesrepublik Deutschland ist nicht willens und nicht fähig, im Zweifelsfall jeder Mieterin, jedem Mieter zu garantieren, dass die monatliche Miete seiner Bürgerinnen nicht zur Finanzierung, oder Legalisierung von Finanzströmen der organisierten Kriminalität beiträgt.



    Er kann dies nicht, weil es weder ein zentrales Grundbuch gibt, noch die Pflicht in einem Grundbuch den realen, den tatsächlichen wirtschaftlichen Nutznießer einer Immobilie zu nennen.



    Die Schwindelkonstruktionen die - hier das britische Handels- und Firmenrecht - ermöglichen kommen nur lageverschärfend hinzu. So wie die nun eingetretene neue Rechtslage, nach dem sich Grossbritannien gar nicht mehr als Teil der EU sieht.

    Es könnte also um viel mehr gehen, sähe sich die Rigaer94 am Ende nicht bloss als Verteidiger von ein paar Quadratmetern, die halt gerade sie nutzen und bewohnen.

    • @Martinxyz:

      Bei der Rigaer Str. sollte es um viel weniger gehen. Den meisten Bewohnern dieser Stadt ist R94 doch nur wegen der ständigen Unruhe ein Dorn im Auge.

      Die ständigen Polizeieinsätze und die vollkommen überzogene Debatte ist doch mehr als lästig und vor allem teuer.

      Entweder die Eigentümerin vermietet oder das Ganze wird geräumt. Diese ständige Wandelung außerhalb der Rechtsordnung hat sich unlängst überholt und sollte dringend auf die eine oder andere Art beendet werden. Es geht letzendlich nur um ein paar Quadratmeter.

      Angesichts dessen ist es verwunderlich, dass eine ganze Riege derzeitiger Politiker und Amtrstäger Rechtsbeugung begeht und Menschenleben aufs Spiel setzt.

      Übrigens, es gibt ein zentrales Grundbuch und die Frage der wirtschaftlichen Eigentümerschaft ist in diesem Konflikt ohne jede Bedeutung.

      • @DiMa:

        Mutige Behauptungen interessieren mich ja immer. Da aber Ihr zweites Postulat dann auch nicht stimmt, habe ich kaum Hoffnung, dass Sie zur Aufklärung beitragen:

        Wo befindet sich das zentrale Grundbuch für Immobilien /Grundbesitz in der Bundesrepublik Deutschland und wo kann ich es einsehen?

        Und die Frage ob der Strohmann, die Schachtelfirma eine Räuberhauptmannes sein Geld in Deutschland strukturell wunderbar waschen kann, ist sehr wohl in mehrfacher Hinsicht von grösster Bedeutung.

        Vielleicht äussern Sie sich mal zu Ihrem Interesse hier solche gewagten Behauptungen aufzustellen.

        Zu Ihrer recht öden Eischätzung zur Bedeutung der Rigaer94 möchte ich bis zur Klärung der beiden obigen Sachverhalte zunächst schweigen.

        • @Martinxyz:

          In der Frage des Brandschutzes ist es doch vollkommen irrelevant, wer der wirtschaftliche Eigentümer ist. Auch das Eigentum eines unter Pseudonym auftretenden ist geschützt.

          Selbst wenn der echte Name bekannt wäre, würde sich die Situation um R94 nicht beruhigen. Wahrscheinlich würde die nur noch mehr Polizeischutz und damit noch mehr Ausgaben bedeuten. Es muss endlich Ruhe reinkommen.

          • @DiMa:

            Lesen Sie noch mal was ich für interessant halte. Das Sie und interessierte Kreise die Dorfperspektive für interessant halten ist bereits bekannt. Aber nicht der Diskurs der mich interessiert.



            Zum anderen ist es schlechter Diskursstil, wenn nicht sogar Rabulistik, beantworten Sie nicht meine Fragen, die Sie durch Ihre Behauptungen in den Raum gestellt haben.

            • @Martinxyz:

              Die von Ihnen angesprochenen Punkte lenken doch von eigentlichen Thema des Artikels voll ab und haben mit diesem nichts zu tun.

              Sie gehen nicht auf die Tatsache ein, dass der zuständige Stadtrat lieber rechtswidrig sein Süppchen kocht und dabei Menschenleben aufs Spiel setzt, als die ihm aufgetragenen Aufgaben zu übernehmen.

              Was das alles mit der Frage eines in Berlin bereits stadtweit zentralen Grundbuches oder mit der Frage der Eigentümerstellung zu tun haben soll , bleibt schleierhaft. Selbst wenn der Eigentümer namentlich und persönlich bekannt wäre, würden die Besetzer (die im Übrigen ebenfalls nicht namentlich bekannt sind) auch nicht freiwillig ausziehen.

              Daher lenke ich das Thema gerne wieder zurück auf die Rechtswidrigkeit der handelnden Politiker und Amtrsträger.

              • @DiMa:

                Sie erfassen das von mir angesprochene Thema nicht. Unbeabsichtigt oder absichtsvoll. Für die Folge egal.

                Ich spreche



                1.) Von einem bundesweiten zentralen Grundbuch.



                2.) Von der nationalen wie internationalen Bedeutung das der eigentliche wirtschaftliche Nutzniesser einer Immobilie, eines Grundstücks, oder auch einer Agrar- oder Wald- oder Naturfläche nicht genannt werden muss. was sie zu einer Handelsware an der Börse macht.

                Beide Punkte haben weitreichende Folgen. Sie verstecken das hinter dem verschleiernden Satz: Es gäbe angeblich ein Recht auf anonymes Eigentum. Richtig. Das kann man so ausdrücken. Das ist die Rechtslage. Sie hat aber in der Lebenswirklichkeit fatale Folgen.



                Und: Sie nutzt nur sehr wenigen. Ist wie mit dem Steuerrecht. Das Steuergeheimnis nutzt nur denjenigen, die damit -wie es gerne genannt wird - kreative Buchführung vorhaben. Der durchschnittliche Bürger, die Mehrheit also, kennt kein Steuergeheimnis. Es existiert für sie nicht.

                Ansonsten öden Sie mich mit dem Faktotum der Reaktionär-Konservativen, wie der Interessen der Berliner Immobilienwirtschaft an. Für die einen ist es das äusserst selektive Interesse an einer Law & Order Politik, für die anderen geht es darum, die oben beschriebene (Rechts)Lage selbstverständlich nicht wesentlich und durchgreifend zu ändern. Gehen Sie einfach davon aus, das ich weiss warum. Ich das aber anders will. Das ist meine politisch-gesellschaftliche, meine ökonomische und wenn Sie so wollen auch meine ökologische Grundhaltung. Denn bezüglich Agrarflächen, brauchen wir uns nicht einbilden, eine ökologisch nachhaltige Nahrungsmittelproduktion durchsetzen zu können, gehören die grossen Flächen Börsenspekulanten.

                Ansonsten möchte ich von Ihnen noch folgende Frage beantwortet haben: Ist die einbruchssichere Tür, das Alarmsystem in der Villa am Wannsee möglicherweise gegen die Steuerfahndung gerichtet? Soll hier das Eindringen der Polizei verhindert werden? Und was ist mit Brandschutz?

                • @Martinxyz:

                  "Sie hat aber in der Lebenswirklichkeit fatale Folgen."

                  Folge der Anonymität des Eigentümers ist im konkreten Fall lediglich, dass der Eigentümer keine Angst hinsichtlich irgendwelcher Anschläge haben muss. Solche Anschläge sind bereits auf den Anwalt verübt worden.

                  Und durch ein entsprechend öffentlich einsehbares bundesweit zentrales Grundbuch mit Nennung des wirtschaftlich Berechtigten würde ein Grundstück nicht mehr oder weniger zur Ware werden, den damit wird die Handelbarkeit eines Grundstückes (oder einer Agrarfläche) nicht im geringsten eingeschränkt.

                  Nichts spricht gegen Ihre wie auch immer geartete Grundhaltung. Nur so lange wie wir in einer Demokratie leben, sind die demokratisch verfassten Rechte und Pflichten einzuhalten - auch von Personen die diese oder deren Folgen für sich (zumindest partiell) ablehnen.

                  Wenn Sie die für sich störend empfindende Rechtslage ändern wollen, dann suchen Sie sich doch bitte ein paar Mitstreiter und ändern Sie diese nach einem erfolgreichen Wahlgang.

  • Jetzt ungeachtet der ganzen Folklore-Veranstaltung - wie kommen denn die Gerichte dazu, zu meinen, Companies House sei unzuverlässiger als das Handelsregister? Weil die Identitätsfeststellung der Geschäftsführer_innen von Amts wegen noch nicht durchgeführt wird?

  • Alexander Schall - ist das der international tätige Bankenanwalt Alexander Schall (Unicredit, BAWAG)?

    • @Ajuga:

      Nein, ist er nicht. Ergibt sich aber aus Informationen aus dem Text in Verbindung mit Suchmaschine fast von alleine.

  • 2G
    2830 (Profil gelöscht)

    Widerstand auf der Straße.



    Klingt nach Zündelei, Glasbruch und Wurfgeschoss.



    Mir wäre der Preis für diese Kräftemessen zu hoch.



    Widerstand hört da auf wo ich gezwungen werde Gewalt zu ertragen oder ausüben. Das ist nur etwas für Selbstsüchtige und SM-Liebhaber. So verzweifelt kann ich gar nicht sein, dass ich den Schaden Anderer riskiere. Wer sich da etwas zurechtbastelt, begeht Selbstbetrug.

  • Geil, ein Eigentümer möchte sein Eigentum betreten und die Besetzer nennen das Invasionsversuch mit geplanter Belagerung. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln.

  • In den beiden Entscheidungen steckt viel Potenzial.

    Herr Schmidt hat über mehrere Jahre rechtswidrig die Begutachtung der bekannten Mängel gegen die die eigene Verwaltung vereitelt und damit Menschenleben riskiert und Herr Geisel und Frau Slowik haben unter Begründung einer ganz offensichtlich falschen Vorschrift den notwendigen Polizeieinsatz vereiteln wollen.

    Der nächste Untersuchungsausschuss in Causa Schmidt wird kommen. Besonders heikel wird die Angelegenheit, wenn der Sachverständige dann schwere Brandschutzmägel und die damit einhergehende Lebensgefahr feststellen sollte.