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Immobilienwirtschaft in der Pandemie956 Millionen für die Aktionäre

Immobilienkonzerne wie Vonovia oder die Deutsche Wohnen florieren trotz Pandemie. Die Mie­te­r:in­nen finanzieren die Dividenden.

Saufen ändert da nichts: Die Renditen bleiben trotz Mietendeckel hoch Foto: dpa | Frank Rumpenhorst

Berlin taz | Berlins zweitgrößter Immobilienkonzern, Vonovia, sieht in seinem am Donnerstag veröffentlichten Geschäftsbericht für das Jahr 2020 eine „positive Geschäftsentwicklung“. Trotz der globalen Pandemie, welche das BIP Deutschlands laut Statistischem Bundesamt um 5 Prozent schrumpfen lies, stieg der Gesamtumsatz des Konzerns um 6,3 Prozent auf 4,37 Milliarden Euro. Auch die Ak­tio­nä­r:in­nen haben Grund zur Freude: Ihnen allen wird eine Gesamtdividende in Höhe von über 956 Millionen Euro ausgezahlt.

Der Berliner Mieterverein hat kürzlich in einer Analyse vergleichbare Zahlen der Deutschen Wohnen SE (DW) ins Verhältnis zu den Lebenswelten der Mie­te­r:in­nen gesetzt. So habe die DW im Jahr 2019 über 350 Millionen Euro an Dividenden ausgezahlt. Autor Jens Sethmann rechnet vor, dass dies auf die 163.000 DW-Wohnungen bezogen bedeute, dass jede Wohnung jährlich mehr als 2.100 Euro Dividende erwirtschafte. Die Schlussfolgerung: Jeder DW-Haushalt zahle monatlich 177 Euro „nur ins Portemonnaie der Aktionäre“.

Auf taz-Nachfrage schreibt ein DW-Pressesprecher, die Rechnung des Mietervereins sei „sicher wohlfeil“. Er kritisiert lediglich eine „einseitige Perspektive“: Denn die DW investiere schließlich auch in Instandhaltung und Sanierung (469 Millionen Euro im Jahr 2019) und unterstütze zudem mit rund 1,5 Millionen Euro verschiedene soziale Projekte und Vereine in Berlin. Auch beinhalte das Portfolio der DW „rund 1.800 Wohnungen für Menschen, die sonst kaum Möglichkeiten hätten, eine Wohnung zu finden“.

Doch Instandhaltung und Sanierung gehören zum Geschäftsmodell eines Immobilienunternehmens dazu. Das grundsätzliche Problem liegt nach Rainer Wild von Mieterverein darin, dass das Geschäftsziel Renditemaximierung prinzipiell mit den Interessen der Mie­te­r:in­nen nach bezahlbaren Mieten in einem Widerspruchsverhältnis stehe.

Börsenkonzerne mit Renditedruck

Dies liege auch an der Geschäftsform vieler Berliner Wohnungskonzerne, so Wild. So die seien fünf größten Konzerne, also die Deutsche Wohnen, Vonovia, ADO, Covivio und Grand City, allesamt börsennotierte Unternehmen. Wild erklärt: „Wenn sich ein Unternehmen über Börsenkapital finanziert, ist es stets den immensen Renditeerwartungen der An­le­ge­r:in­nen ausgesetzt.“

Investmentgesellschaften wie Blackrock, welche beispielsweise rund 10 Prozent der DW-Anteile hält, könnte es prinzipiell nicht darum gehen, wie der Konzern die Rendite vor Ort erwirtschaftet. „Denn an der Börse zählt nur die numerische Höhe der ausgezahlten Dividende“, so Wild.

Wer die nicht liefere, der fliege aus den Investmentportfolios raus – womit das Unternehmen insgesamt gefährdet wird. Unter solchen Bedingungen könnten Konzerne soziale Verantwortung nur dann übernehmen, wenn auch diese zur Renditemaximierung beiträgt – wie etwa die PR-wirksamen Sozialprojekte der Deutschen Wohnen.

Die Rechnung des Mietervereins lässt sich auch auf Vonovia übertragen – mit ganz ähnlichem Ergebnis: Vonovia besitzt 416.000 Wohnungen, die 2020 rund 956 Millionen Euro Jahresrendite erzielten. Damit erwirtschaftet jede Vonovia-Wohnung rund 2.300 Euro Rendite jährlich. Mit anderen Worten: Auch Vonovia-Mieter:innen zahlen monatlich über 191 Euro allein in die Taschen der Aktionäre.

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2 Kommentare

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  • Naja,



    Die Gewinne aus Vermietungen ist nur eines von drei Geschäftsfeldern. Dementsprechend würde sich der rechnerisch ermittelte Beitrag auf ca 60€ (Bericht 2020) reduzieren. Und wer die Aktionäre nicht mag müsste alternativ andere Geldgeber kompensieren - eine Dividendenrendite von ca 2% ist nun wirklich nicht spektakulär.

    • @alterego:

      Ich bin neu u d würde mal behaupten im Herzen gerecht obwohl in mancher Hinsicht gesellschaftlich betrachtet konservativer ( interpretiert ) in meiner Ausdrucksweise als manch cdu Anhänger der sich Mühe gibt den Regeln der heutigen Gesellschaft zu folgen.



      Ich habe mich heute registriert und zudem zunächst 50 Euro gespendet weil ich von zutiefst davon überzeugt bin dass alle recht auf (meinungs)Bildung und Nachrichten haben sollten. Ich war begeisterter FAZ und süddeutsche Leser aber die Einführung der payregelung nervt mich und regt mich auf. Schon lange. Ich habe schon immer meine Vorbehalte gegen TAZ Nachrichten und entdecke regelmäßig einseitige Betrachtungsweisen, die mich teilweise schmunzeln lassen.



      Ihr Beitrag hier zeigt mir dass es auch mehr In dieser Community gibt die Ideal von Real unterscheiden. U d das macht mich glücklich und lässt mich hoffen dass ich mich nähern kann dieser Community. Ich habe so glaube ich die gleiche gerechten Vorstellungen und wünsche. Für unsere Gesellschaft- ich verachte Gier. Aber ich habe einen Sinn für Leistung und verdienst. Und ich habe zutiefst Verständnis für die diversität von Leistungsfähigkeit aber ich verachte zugleich Faulheit ind Bequemlichkeit die zu Lasten anderer geht.



      Was den Artikel betrifft so verstehe ich die grundsätzliche und zunächst vorhandene Voreingenommenheit ( ich kann mich davon selbst nicht frei machen) und wenn ich eines erfahren durfte : die Immobilienbranche ( mit Ausnahmen die es wirklich gibt und danke dafür ) hat einige der schlimmsten Charaktere, der Schlimmsten. Obwohl ich mich als Konservativ bezeichnen würde finde ich diesen Menschenschlag zutiefst unmenschlich : mit anderen Worten ich hsbf meine resentments gegen diese Branche aber ich schätze zugleich Menschen wir die die differenzieren und versuchen ernsthaft zu erkennen und gerecht zu beurteilen. Und das schätze ich an ihrer Entgegnung zu diesem Artikel und das lässt mich wissen mich nähern zu können u. Teil diese com zu sein