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Impfprivilegien in IsraelEinlass nur mit „Grünem Pass“

Kommentar von Susanne Knaul

Netanjahus Strategie funktioniert: Ausreichende Impfdosen und Privilegien für Geimpfte. Deutschland könnte sich ein Beispiel nehmen.

Petah Tikva, Israel: Premier Netanjahu besucht ein wiedereröffnetes Fitnessstudio Foto: dpa

I srael und in diesem Fall tatsächlich auch der in vielerlei Hinsicht so kritikwürdige Regierungschef Benjamin Netanjahu machen uns vor, wie es geht: Anfangs ganz viele Impfdosen, egal zu welchem Preis, kaufen, sie mit größtmöglicher Geschwindigkeit verimpfen, um dann so rasch wie möglich zur Normalität zurückzukehren. Der jüdische Staat hält nach wie vor den Impfweltrekord und beendet kaum zwei Monate nach dem Impfstart den Lockdown. Beinahe. Alles ist wieder offen – allerdings nicht für alle.

Ein Grüner Pass, der auch per App aufs Handy geladen werden kann, öffnet einzig Geimpften sowie Genesenen die Türen zu Gotteshäusern, Schwimmbädern, Sportstudios und Hotels. ImpfgegnerInnen müssen leider draußen bleiben. Das ist fair, weil ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht. In Deutschland Privilegien zu erteilen ist aktuell hingegen verfrüht. Solange es an Impfstoff mangelt, ist es keine individuelle Entscheidung, ob ich geimpft bin oder nicht.

Eine Bevorzugung Geimpfter wäre doppelt ungerecht. Darüber nachzudenken sollte hingegen auch hierzulande schon möglich sein. Denn je mehr sie werden, desto lauter werden die Geimpften ihren Unmut darüber kundtun, dass sie unverändert wie potenziell Virenverbreitende behandelt und in ihren Grundrechten eingeschränkt werden. Eine neue Studie – auch hier ist Israel Vorreiter – zeigt, dass das Produkt der Firmen Biontech und Pfizer zu fast 90 Prozent auch die Übertragung des Virus verhindert.

In Israel wird überwiegend mit dem Biontech-Stoff geimpft, man macht aber auch für die, die eine Moderna-Dosis gespritzt bekommen haben, keinen Unterschied bei dem Grünen Pass. Alles andere wäre komplett kontraproduktiv. Niemand würde sich noch mit anderen Stoffen impfen lassen wollen als mit denen, die nachweislich auch eine Virenübertragung verhindern. In Deutschland ernüchtern die aktuell erneut steigenden Infektionszahlen.

Lockerungen und eventuelle Privilegien für Geimpfte bleiben Fragen von morgen. Eine Unterscheidung zwischen Geimpften, Genesenen und allen anderen wird, wenn überhaupt, nur im öffentlichen Raum machbar sein. Der private Handel darf nach Ende des Lockdowns selbst entscheiden, wen er zu seinen KundInnen zählt, und wird nach so langer Durststrecke höchstwahrscheinlich niemanden freiwillig wegschicken.

Wenn aber der Staat entscheidet, dass Geimpfte wieder unkompliziert ins Ausland verreisen können, dass sie keine Tests oder gar Quarantäne fürchten müssen oder nur sie sich in öffentlichen Badeanstalten vergnügen dürfen, ergibt das Sinn. Erst dann jedoch, wenn ausreichend Impfstoff für alle zur Verfügung steht.

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Redakteurin Meinung
1961 in Berlin geboren und seit 2021 Redakteurin der Meinungsredaktion. Von 1999 bis 2019 taz-Nahostkorrespondentin in Israel und Palästina.