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Chefs bei der Corona-ImpfungWenn der Vorstand vordrängelt

Geschäftsführer einer Kette von Altenheimen lassen sich gegen das Coronavirus impfen. Arbeitnehmer­organisationen kritisieren falsche Prioritäten.

So ist's richtig: Aber was, wenn der Chef in der Schlange wartet? Foto: Sebastian Gollnow/dpa

Hamburg taz | Die Geschäftsführer einer Pflegeheim-Kette und von deren Tochterfirma haben sich am Donnerstag gegen das Coronavirus Sars-Cov2 impfen lassen. Dabei ist der Impfstoff knapp und die vier Männer im besten Alter gehören allem Anschein nach nicht zur Gruppe derer, die laut Impfverordnung zuerst geimpft werden sollen.

Die Domicil-Unternehmensgruppe rechtfertigte das damit, dass die Betroffenen „immer wieder in den Einrichtungen vor Ort präsent“ seien. Domicil mit Hauptsitz in Hamburg betreibt bundesweit 40 Pflegeheime, sogenannte Senioren-Residenzen.

Die Dortmunder Stiftung Patientenschutz findet das Verhalten der Manager problematisch. „Das Impfangebot für die Geschäftsleitung einer Muttergesellschaft von vielen Pflegeangeboten hat in der Impfverordnung keine Priorität“, sagt deren Vorstandsvorsitzender Eugen Brysch. „Alleine Pflegeheimbewohner, Menschen über 80 Jahre und die Mitarbeiter von stationären Pflegeeinrichtungen müssen bei der höchsten Priorität in den Blick genommen werden.“

Die vier Herren aus der Geschäftsleitung ließen sich bereits am 14. Januar – gut zwei Wochen nach Anlaufen der Impfkampagne – zum ersten Mal impfen. In der Seniorenresidenz in Hamburg-Jenfeld erhielten sie jetzt die zweite Dosis, die den Impfschutz vervollständigt.

Zur Aufrechterhaltung des Betriebes

Die Impfungen seien notwendig gewesen, weil die Manager immer wieder in den Einrichtungen vor Ort präsent seien, um diese in der aktuellen Coronapandemielage bestmöglich organisieren zu können. „Wir sehen es daher als unsere Pflicht, unseren Bewohnerinnen und Bewohnern und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gegenüber an, diese Personen zur Aufrechterhaltung des Betriebes bestmöglich zu schützen“, teilte das Unternehmen mit.

„Regelmäßige Präsenz ist keine Begründung“, findet Arnold Rekittke von der Gewerkschaft Ver.di in Hamburg. Auch aus seiner Sicht genießen die Geschäftsführer nicht die höchste Priorität beim Impfen. „Sie nehmen Pflegekräften die Impfstoffe“, kritisiert Rekittke.

Ähnlich sieht das der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe (DBFK). „Die allererste Priorität sollten die Mitarbeiter haben, die die Bewohner tagtäglich versorgen“, fordert dessen Pressesprecherin Katharina von Croy. Die Frage, wie viele der 5.000 Domicil-Mitarbeiter geimpft sind, die ja zum großen Teil direkt mit den Bewohnern arbeiten, beantwortete das Unternehmen nicht.

Croy erinnert an weitere Fälle unsolidarischen Verhaltens im Zusammenhang mit den Corona-Impfungen. Im Januar sind Führungskräfte und Verwaltungsmitarbeiter der Feuerwehr und des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) In Hamburg-Harburg geimpft worden, während Rettungskräfte leer ausgingen. Der Harburger DRK-Chef Harald Krüger ist inzwischen von seinen Aufgaben entbunden worden – angeblich allein aus gesundheitlichen Gründen.

In den Hamburger Fällen hatte es angeblich Impfstoffreste gegeben, die wegen der hohen Kühlungsanforderungen zu verderben drohten und deshalb mal eben verimpft wurden. Allerdings wäre ein Transport ins Impfzentrum in den Hamburger Messehallen wohl durchaus möglich gewesen. „Mit Resten kann sich keiner mehr rausreden“, sagt DBFK-Sprecherin Croy mit Blick auf diese Vorfälle.

Regelmäßige Präsenz ist keine Begründung. Sie nehmen Pflegekräften die Impfstoffe

Arnold Rekittke, Gewerkschaft Ver.di Hamburg

Die Argumentation, dass Menschen vorzeitig geimpft werden, um vor Ort überzähligen Impfstoff nicht verfallen zu lassen, lässt auch Eugen Brysch von der Stiftung Patientenschutz nicht gelten. Es sei Unvermögen, wenn nicht mittels Wartelisten und Pool-Lösungen sichergestellt wird, dass der Impfstoff zunächst nur an die priorisierten Menschen ver­impft wird.

Es gehöre zur Verantwortung und Pflicht einer Geschäftsleitung, dafür zu sorgen, dass genau diese Menschen der höchsten Priorität ein Impfangebot bekommen. „Deshalb muss es endlich strafrechtliche Konsequenzen haben, wenn Menschen außerhalb der Prioritätsgruppen unberechtigt Impfleistungen in Anspruch nehmen“, findet Brysch. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) habe es versäumt, in seiner Verordnung eine Aussage zu Verstößen zu treffen

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11 Kommentare

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  • 0G
    02612 (Profil gelöscht)

    Hallo ! ? Seit wann sind denn Betreiber von Seniorenheimen, Eigentümer des ihnen anvertrauten Impfstoffs und somit über den Impfstoff verfügungsberechtigt ? Ich würde sagen " setzen " unbedingt weiterbilden ...

  • 0G
    02612 (Profil gelöscht)

    Wer hat die Impfungen genehmigt ? Wer hat die Impfungen vergeben ? Wer hat hier die Verantwortung zu tragen ?

  • 1G
    15833 (Profil gelöscht)

    Das war so und das wird immer so bleiben.



    Vordrängler, jeder hasst sie aber wer weiß wie wir regieren wenn die chance da ist....

  • Naja, jeder wirklich jeder, der nicht geimpft werden kann, kann beim Nebenmann argwöhnen, dass dieser unrechtmäßig vorgezogen würde. Garniert mit Sozialneid kommen solche Artikel heraus.

    Problem ist und bleibt, die bisher insuffiziente Beschaffung von Impfstoff. Verantwortlich? Sicher nicht 4 Führungskräfte eines Altenheimes.

    Dass die Politik in der Spitze nur Ausreden parat hat, ist erbärmlich. Dass die Presse ihrer Kontrollaufgabe als 4.Gewalt nicht gerecht wird, ist traurig.

    • @TazTiz:

      Da kriegen Sie ja einiges durcheinander.



      Es gibt eine Prioritätenliste und wenn sich Leute da vordrängeln, wie in diesem Fall, und das ist ja nicht der einzige, ist das schlicht asozial. So einfach ist das. Mir ist nicht verständlich was das mit Sozialneid zu tun hat.



      Und wenn die TAZ solche Fälle beleuchtet, wird sie ihrer Aufgabe bestens gerecht.

      • @Senza Parole:

        Die Prioritätenlisten sind gar nicht so eindeutig. Wer mit, an und für Menschen über 80 in Heimen oder Krankenhäusern arbeitet, ist Kategorie 1. Da gehören irgendwie auch die Leiter solcher Einrichtungen dazu. Eine Priorisierung innerhalb recht groben Kategorien gibt es nicht. Wer nun wichtiger für ein Unternehmen ist, sollte das Unternehmen schon selbst entscheiden dürfen. Neid auf die Chefs ist eben doch Sozialneid.

        Gäbe es ausreichend Impfstoff, würden alle nacheinander geimpft werden können, würde sich niemand beschweren. Probelm ist doch, dass nach den ersten Lieferungen nichts mehr nachkam. Daher der Frust der Leute.

        Asozial ist ein starker Begriff für ein bißchen Ellenbogen, Egoismus und Selbstfürsorge.

        • 0G
          02612 (Profil gelöscht)
          @TazTiz:

          Phantasieren Sie ruhig weiter " irgendwie " ?!!!

  • Tja es war nur eine frage der Zeit bis die Klüngelei diesbezüglich beginnt. Aber von einem Gesundheitsminister der schon jetzt nur sträflichst aktiv war, war auch in diesem Kontext nichts anderes zu erwarten.



    Naja ich warte noch auf die ersten Meldungen da hier und da noch Geld bezahlt wird, um auf der Liste nach vorn zu kommen...Kapitalismus und Egoismus at its best

    • @Daniel Drogan:

      Da Investigativjournalismus in Deutschland ja nicht gerade Konjunktur hat, werden wir vermutlich auf Sendungen wie "Die Anstalt" oder ähnliche warten müssen um herauzubekommen, wer sich nicht noch alles früher hat impfen lassen. Ich habe so einige Vermutungen, wer nicht bis 80 warten muss(te)...

      • @Jalella:

        Tja, wenn Satire zur Realität wird....Dann ist sowieso in einem Land viel im Argen...

  • Dass das politisch genau so angedacht ist wird klar, wenn man im Hinterkopf hat, dass von vornherein kein Bussgeldpassus enthalten war -ganz anders wie sonst üblich [siehe Maskenverordnung]. Und wenn man beobachtet wie Bundesgesundheitsbanker Spahn sich ziehrt das wenigsten nachträglich mit einer Ordnungsstrafe zu belegen...

    Aber Corona wird vorbeigehen und das Internet vergisst nicht!



    Und wenn dann raus ist, wieviele Infektionen auf das Konto der katastrophalen Organisation der Impfungen geht, werdet auch ihr euch den peinlichen Fragen nicht entziehen können.