piwik no script img

Massaker an Pygmäen im Kongo„Akt des Völkermords“

Kongo rätselt, wer in einem Dorf der Provinz Ituri 46 Angehörige der Pygmäen-Minderheit abgeschlachtet hat. Die Gewalt in Ituri nimmt deutlich zu.

Trauerakt für die Toten in Kongos Hauptstadt Kinshasa, Samstag Foto: Bunia Actualité

Berlin taz | Noch immer ist nicht klar, wer für eines der schlimmsten Massaker an Mbuti-Pygmäen in der nordostkongolesischen Provinz Ituri vergangene Woche verantwortlich ist. Doch das Entsetzen ist landesweit groß: Am Wochenende gab es sogar in Kongos ferner Hauptstadt Kinshasa Trauerkundgebungen für die 46 Toten der als Ureinwohner der Wälder betrachteten Minderheit.

Dieudonné Losa, Chef des Dachverbandes zivilgesellschaftlicher Gruppen in Ituri, spricht von einem „Akt des Völkermords“. Politiker aus der Provinz fordern eine unabhängige Untersuchung und sprechen von einem gezielten Angriff.

Bewaffnete überfielen das Dorf Masini tief im Regenwald von Ituri in der Nacht zum 14. Januar. Nach Angaben der Provinzregierung wurden 46 Menschen getötet, mutmaßlich von der ursprünglich ugandischen Rebellengruppe ADF (Allied Democratic Forces), die in Teilen Ituris und der Nachbarprovinz Nord-Kivu kämpft und für zahlreiche Massaker verantwortlich gemacht wird. Die Opfer wurden demnach mit Macheten zerstückelt.

Eine in lokalen Medien zitierte Überlebende macht nicht die ADF verantwortlich, sondern kongolesische Hutu-Kämpfer aus Nord-Kivu. Dass die Täter von dort kamen, darüber scheint allerdings Einigkeit zu bestehen. Erst am 8. Januar hatten Menschenrechtsgruppen gewarnt, Milizen aus Nord-Kivu seien nach Ituri eingerückt.

Jahrzehnte der Gewalt

Ituri wird seit Jahrzehnten von Gewalt zwischen ethnisch konstituierten Milizen erschüttert, meist im Zusammenhang mit Landkonflikten und Rivalitäten um die Macht in der Provinz oder auch einzelnen Landkreisen und Gemeinden. Im vergangenen Jahr sind die Konflikte neu aufgeflammt – auch, so vermuten manche Beobachter, weil die Armeeführung sich bewusst zurückhält, um Kongos zivilen Präsidenten Félix Tshisekedi unfähig aussehen zu lassen.

Die Soldaten in Ituri werden einem Bericht zufolge seit zehn Monaten nicht bezahlt und haben zu wenig Nahrung und medizinische Versorgung – Dinge, für die Kongos Generalstab zuständig wäre.

Nach UN-Angaben waren Ende 2020 in Ituri 1,6 Millionen Menschen auf der Flucht, doppelt so viele wie ein Jahr zuvor.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Schreckliche Morde, die einen verzweifeln lassen über die Grausamkeit in unserer Welt.

    Die Bezeichnung "Pygmäen" für die Mbuti finde ich aber schon befremdlich. Sagt man das heute noch?

    • @Henni:

      Das sagt wiki dazu: "The Mbuti people, or Bambuti, are one of several indigenous pygmy groups in the Congo region of Africa. Their languages are Central Sudanic languages and Bantu languages."