piwik no script img

Aus für's Göttinger Lichtenberg-KollegExzellente Kurzsichtigkeit

André Zuschlag
Kommentar von André Zuschlag

Das Aus des Lichtenberg-Kollegs in Göttingen ist eine Folge falscher Hochschulförderung. Kurzsichtigkeit statt nachhaltiger Finanzierung überwiegt.

So alt wie die Exzellenzinitiative: Der Protest gegen sie, wie hier in Hamburg 2016 Foto: Lukas Schulze/dpa

D as Aus des Lichtenberg-Kollegs in Göttingen muss als mahnendes Beispiel zum Umdenken anregen: Mit viel Geld wurde hier ein Projekt angeschoben, viel Arbeit hat der Aufbau gekostet – doch fällt die Drittmittelfinanzierung weg, bricht früher oder ein wenig später das Aufgebaute wieder zusammen. Nachhaltig ist an diesem System, das viel Geld in einzelne Projekte pumpt, anstatt die Grundfinanzierung zu sichern, nichts. Die öffentliche Hochschulfinanzierung muss dringend die befristeten Drittmittelprogramme wegwerfen.

Mit der Arbeit des Kollegs hat das Aus nichts zu tun. Weder ist das Forschungsgebiet zu unzeitgemäß, um es zu finanzieren, noch brachte das Kolleg zu wenige wissenschaftliche Erkenntnisse hervor. Das zeigt sich unter anderem daran, dass weltweit Forschende gegen die Schließung protestierten. Es lag stattdessen allein an der Kohle. Nachdem schon vor Jahren die öffentlichen Drittmittel wegbrachen, verursachte der vom Land angewiesene Sparzwang an der Göttinger Uni nun das Ende für das Kolleg.

Nachhaltig ist an diesem System, das viel Geld in einzelne befristete Projekte pumpt, nichts

Ein Umdenken hin zu mehr Nachhaltigkeit bei der Hochschulausstattung hat bislang kaum stattgefunden. Selbst die im vergangenen Jahr begonnene Reform der Exzellenzinitiative, mit der aus der befristeten eine dauerhafte Finanzierung für Forschungsprojekte entstand, sorgt nur ansatzweise für eine Verbesserung.

Die ständige Projektfinanzierung nur für vermeintlich innovative Projekte hat längst im Lehrbereich Einzug gehalten. Dort ist die Wut der Mitarbeiter:innen wegen der ständigen Befristung ihrer Arbeitsverträge verständlicherweise groß – und auch eine unmittelbare Folge von befristeter Projektfinanzierung. Auch beim Personal können die Unis kaum noch nachhaltig planen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

André Zuschlag
Redakteur taz nord
Jahrgang 1991, hat Politik und Geschichte in Göttingen, Bologna und Hamburg studiert. Von 2020 bis August 2022 Volontär der taz nord in Hamburg, seither dort Redakteur und Chef vom Dienst. Schreibt meist über Politik und Soziales in Hamburg und Norddeutschland.
Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Drittmittel sind Zuschüsse ohne Garantie der langfristigen Versorgung. Das ist allseits bekannt. Wenn nun eine Uni Drittmittel verwendet um Fixkosten zu erhöhen, dann ist das fahrlässig oder kurzsichtig oder inkompetent? Definitiv ist es ein Problem der betroffenen Uni und sagt nichts über die öffentliche Hochschulförderung aus.

    • @alterego:

      Wenn die öffentliche Finanzierung der Hochschulen aber nur noch aus Drittmitteln besteht können da die Unis nix für. Die Universitäten brauchen für gute Forschung eine langfristige Perspektive und dementsprechend sollten auch öffentliche Gelder eingesetzt werden.