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CSU-Politiker Christian Schmidt in BosnienLetzte Chance

Erich Rathfelder
Kommentar von Erich Rathfelder

Der CSU-Abgeordnete Christian Schmidt soll als neuer Hoher Repräsentant einen Neuanfang für Bosnien markieren. Die Frage ist, um welchen Preis.

Ausdruck der Misere in Bosnien: Nach Brand im Lager Lipa sind Flüchtlinge dem Schnee ausgeliefert Foto: Kemal Softic/ap

A ls eine letzte Chance für Bosnien bezeichnete der Hohe Repräsentant Valentin Inzko, was jetzt offenbar durchgesetzt werden soll. Denn mit dem 25. Jahrestag des Abkommens von Dayton wurde in den Hauptstädten der mächtigen Länder klar, dass sich das Land mit dieser Verfassung in einer Zwangsjacke befindet und von innen her nicht reformierbar ist.

Jetzt wollen Brüssel, Deutschland und die USA einen neuen Start wagen. Der CSU-Abgeordnete Christian Schmidt soll als neuer Hoher Repräsentant einen Neuanfang markieren. Er soll wieder die Machtmittel anwenden können, die einem Hohen Repräsentanten zustehen, und den herrschenden nationalistischen Kleptokratien auf die Finger hauen. Er soll ein robustes Mandat erhalten.

Zwar gab es bei den letzten Kommunalwahlen Hoffnungszeichen, als in allen großen Städten die Opposition beträchtliche Gewinne erzielen konnten, doch für größere Veränderungen von innen heraus reicht das nicht. Die bosnischen Reformkräfte wollen das Rechtssystem und die Machtverhältnisse grundlegend verändern, sie wollen der Verherrlichung von Kriegsverbrechern ein Ende bereiten und die Abwanderung Zehntausender junger und ausgebildeter Menschen verhindern. Christian Schmidt muss allen diesen Forderungen entgegenkommen, will er tatsächlich etwas ändern.

Der ehemalige Landwirtschaftsminister und CSU-Politiker Christian Schmidt Foto: Reiner Zensen/imago

Noch sind Zweifel angebracht. Noch ist nichts in trockenen Tüchern. Noch haben die Russen im Weltsicherheitsrat der Wahl eines Nachfolgers für Inzko nicht zugestimmt – noch vor einer Woche beruhigte Außenminister Lawrow dahingehend die serbischen und kroatischen Nationalisten. Die hoffen, dass die Strategie der Achse Berlin–Brüssel–Washington von Russland durchkreuzt wird. Sollte es Angela Merkel aber mit diplomatischen Mitteln gelungen sein, die Russen doch einzubinden, stellt sich die Frage, zu welchem Preis. Die von Wolfgang Ischinger ins Spiel gebrachte Föderalisierung des Landes (auf ethnischer Grundlage?) käme den Nationalisten wieder deutlich entgegen.

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Erich Rathfelder
Auslandskorrespondent Balkanstaaten
Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.
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3 Kommentare

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  • Nach Herrn Schmidts Glanzleistung als Agrarminister bin ich da ein wenig... pessimistisch.

    Möge ich Unrecht behalten.

  • "Im November 2017 stimmte Schmidt im Alleingang einer Verlängerung der EU-weiten Zulassung des umstrittenen Herbizides Glyphosat um fünf Jahre zu, obwohl er zuvor mit Umweltministerin Barbara Hendricks eine Enthaltung abgesprochen hatte."



    Das wird dann wohl nichts besseres werden, frei dem Motto "wenn ich das so gesagt habe, habe ich es so nicht gemeint". Der Vorschlag ist ganz im Sinne der herrschenden nationalistischen Kleptokratien.



    "... Christian Schmidt muss allen diesen Forderungen entgegenkommen, will er tatsächlich etwas ändern." Somit der richtige Kandidat für Stillstand und scheinbarem Fortschritt, was er beim Thema Glyphosphat 2017 schon bewiesen hat.

  • Ist halt nicht einfach, einen künstlichen Staat gegen den Willen eines großen Teils der Bevölkerung am Leben zu halten...