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Bund gibt Geld für Hamburger SynagogeBeistand aus Berlin

Für eine neue Synagoge in Hamburg gibt der Bund 65 Millionen Euro. Dass er zahlt, überrascht nicht, aber der Zeitpunkt.

Gemeinsam fürs Foto: Bürgermeister, Parlamentspräsidentin und eine Tora-Krone am 25. November Foto: Daniel Reinhardt/dpa

Hamburg taz | Bild wusste es ganz genau: Um 4.18 Uhr in der Früh bewilligte am vergangenen Freitag der Haushaltsausschuss des Bundestages Geld für den Hamburger Bornplatz: 65 Millionen Euro sollen aus Berlin fließen für den Wiederaufbau – respektive Neubau – der Synagoge im Grindelviertel. Die Stadt hätte denselben Betrag beizusteuern: Von Kosten in Höhe von 120 bis 130 Millionen Euro ist die Rede. Im Bundestagsplenum wird die Sache kommende Woche debattiert.

Von einem „besonderen Tag“ sprach am Freitag die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank: „Deutlich größer geworden“ sei nun „die Wahrscheinlichkeit, dass die Bornplatzsyna­goge – die kein Hamburger, der nach 1938 geboren ist, je gesehen hat – zurück in unser Stadtbild kommt“.

Dass es im politischen Raum vor Ort breiten Konsens gibt, das Vorhaben zu unterstützen, ist nicht neu: Ende Januar, also spät im letzten Bürgerschaftswahlkampf, hatten die Fraktionen von Grünen und Linken, SPD, CDU und FDP in einem gemeinsamen Antrag „die Forderung nach Wiedererrichtung einer repräsentativen Synagoge am ehemaligen Standort“ unterstützt.

Dass beim Bund Geld zu beschaffen war, ist nicht überraschend – so dankte auch Fegebank jetzt „den Hamburger Bundestagsabgeordneten der verschiedenen Fraktionen, dass sie das Projekt so großartig unterstützt haben“, was sich vor allem an Rüdiger Kruse (CDU) und Johannes Kahrs (bis Mai 2020 für die SPD im Bundestag) richten dürfte: Diese beiden Ausschussmitglieder hatten schon im Vorjahr einen – bescheideneren – Betrag für den Bornplatz losgeeist: 600.000 Euro für eine Machbarkeitsstudie.

Viele offene Fragen

Die hätte inzwischen längst erstellt sein sollen, ihre Ergebnisse hoffte man ziemlich genau in diesen Tagen der Bürgerschaft zu berichten – beides ist nicht passiert; derzeit wird mit Ergebnissen Ende kommenden Jahres gerechnet.

Es wurde vergangene Woche also Geld für ein Bauprojekt angewiesen, für dessen Gelingen aus Sicht noch der Wohlmeinendsten erst ein ganzer Schwung Fragen beantwortet werden muss: Was soll aus dem – denkmalgeschützten – NS-Hochbunker werden, der den einstigen Bornplatz in Joseph-Carlebach- und Allende-Platz teilt? Was aus Margrit Kahls „Synagogenmonument“, das seit 1989 an die einst so stolze Synagoge erinnert? Und wie seriös sind Kostenschätzungen zu diesem Zeitpunkt, da weder klar ist, welche Funktionen ein dort zu errichtendes Gebäude erfüllen – noch wie es aussehen soll?

Daniel Sheffer von der Initiative für den Synagogenwiederaufbau erklärte am Freitag: „Was die Frauenkirche für Dresden wurde, kann die Bornplatzsynagoge für Hamburg und Deutschland werden.“ Und gegenüber der Morgenpost äußerte er: „Es wäre der falsche Weg, der jüdischen Bevölkerung vorzugeben, wie das Gebäude auszusehen hat.“

Bloß: Das tut gar niemand. Ob im einstigen Herzen des jüdischen Hamburg eine möglichst originalgetreue Rekon­struktion des Baus von 1906 entstehen soll oder gerade nicht: Diese Diskussion wird geführt – innerhalb der jüdischen Einheitsgemeinde mit ihren rund 3.000 Mitgliedern.

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