piwik no script img

Schauspieler Karl Dall ist totKreuzberger Komik

Er entrümpelte den gern zu Biederkeit neigenden deutschen Humor. Der Komiker und Schauspieler Karl Dall ist im Alter von 79 Jahren gestorben.

Der Kultkomiker Karl Dall ist im Alter von 79 Jahren gestorben Foto: Jörg Carstensen/dpa

Ostfriesenwitze sind eine bestenfalls durchwachsene Kategorie des Humors hierzulande. Einmal ganz davon abgesehen, dass sie heute politisch ohnehin nicht mehr durchgehen, wird doch eine Bevölkerunsgruppe darin systematisch diskriminiert. Witze von Ostfriesen hingegen konnten sich besser durchsetzen. Denn unter den prägendsten deutschen Komikern finden sich einige von der Waterkant. Neben Otto Waalkes war das vor allem Karl Dall.

Im Jahr 1941 wie sein Kollege Waalkes in Emden geboren, machte Karl Dall sich zunächst mit der 1967 von ihm mitgegründeten Komikertruppe Insterburg & Co. einen Namen. Dall war inzwischen von Ostfriesland nach Westberlin gezogen und entrümpelte von dort aus mit seinen Mitstreitern den gern zu Biederkeit neigenden hiesigen Humor, fast ein Jahrzehnt, bevor Loriot in seiner Fernsehserie deutsche Befindlichkeiten mitsamt ihren stocksteifen Konventionen nachhaltig vorzuführen begann.

Wo Loriot den Bruch mit den Regeln des Alltags von innen heraus vorbereitete, warf Dall sie kurzerhand aus dem Fenster. Ein Beispiel: Während in Loriots Klassiker „Weihnachten bei Hoppenstedts“ eine der alles entscheidenden Fragen die Abfolge der einzelnen Programmpunkte des Fests der Liebe ist, heißt es bei Karl Dall zum Thema bloß lakonisch: „Im Herzen wird es warm / durch die Weihnachtsgans im Darm.“

Nach der Auflösung von Insterburg & Co. hatte Karl Dall unter anderem seine Fernsehshow „Dall-As“, später folgte die „Karl-Dall-Show“. Einen seiner schönsten Auftritte ermöglichte ihm aber der Regisseur Ulrich Schamoni in der mit Insterburg & Co. entstandenen Komödie „Quartett im Bett“ von 1968. Er reitet darin auf einem Pferd durch Kreuzberger Mauerstreifengebiet. Am Montag ist Karl Dall, dessen Markenzeichen zeitlebens sein hängendes Augenlid war, im Alter von 79 Jahren in Hamburg gestorben.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Er lieferte auch eine der besten Definition dafür, was Deutschsein bedeutet:

    www.youtube.com/watch?v=sB6A8AALeKA

    Gute Reise Karl Dall.

    • @Jim Hawkins:

      anschließe mich.



      (Auf'en Punkt)

    • @Jim Hawkins:

      anschließe mich.