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Facebook und Co entmachten?Jenseits von Zerschlagung denken

Kommentar von Svenja Bergt

Die US-Regierung und 48 Bundesstaaten klagen gegen die Marktmacht von Google und Co, die Konzerne sollen zerlegt werden. Klingt gut, hilft aber wenig.

Die US-Regierung und 48 Bundesstaaten bringen eine Zerschlagung von Facebook ins Spiel Foto: Carolyn Kaster/ap

Z erschlagung klingt gut. Nach: Wir sehen nicht bloß zu, wie Onlineplattformen ihre Marktmacht mit jedem Zukauf, mit jede:r neue:n Nutzer:in, mit jedem weiteren Geschäftspartner weiter vergrößern. Sondern tun etwas, um der problematische Konzentration auf dem jeweiligen Markt etwas entgegenzusetzen. Wenn die US-Regierung und 48 Bundesstaaten jetzt also mit einer Klage eine Zerschlagung von Facebook ins Spiel bringen, können sie damit eigentlich nicht viel falsch machen. Oder?

Nun ja. Was dabei leicht untergeht: Größe muss nicht per se schlecht sein, auch wenn größere Unternehmen natürlich eine stärkere Tendenz dazu haben, unternehmerisch und gesellschaftlich problematische Strukturen zu entwickeln und damit Schaden anzurichten. Das liegt einerseits daran, dass es größere Auswirkungen hat, wenn ein marktmächtiges Unter­nehmen Regeln sehr weit und zur eigenen Gunst auslegt. Andererseits daran, dass kleine Unternehmen meist nicht über Macht und finanzielle Mittel verfügen, bestimmte Schritte zu ­gehen: etwa, jeden Konkurrenten zu übernehmen, der einem gefährlich werden könnte.

Wer über Zerschlagung spricht, muss daher sehr klar machen, wie die Situation danach aussehen soll. Ein Facebook, ein Google oder ein Amazon zu zerschlagen und hinterher haufenweise kleine Unternehmen zu haben, die die Datenflüsse einfach untereinander aufrechterhalten – das bringt wenig.

Eine Entflechtung müsste daher genau diese Fragen mitdenken: Wie lässt sich sicherstellen, dass keine Daten weitergegeben werden? Dass Daten, die durch Zukäufe gewonnen wurden – bei Facebook etwa Instagram und Whatsapp –, wieder voneinander getrennt werden? Dass die Unternehmen nach einer Trennung tatsächlich in Konkurrenz zueinander treten und nicht alte Strukturen der Verbundenheit stärker sind? Und welche Gesetze verhindern, dass einzelne Unternehmen noch einmal zu einer solchen Marktmacht heranwachsen? Sonst steht das nächste Problem bald bevor.

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Redakteurin für Wirtschaft und Umwelt
schreibt über vernetzte Welten, digitale Wirtschaft und lange Wörter (Datenschutz-Grundverordnung, Plattformökonomie, Nutzungsbedingungen). Manchmal und wenn es die Saison zulässt, auch über alte Apfelsorten. Bevor sie zur taz kam, hat sie unter anderem für den MDR als Multimedia-Redakteurin gearbeitet. Autorin der Kolumne Digitalozän.
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2 Kommentare

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  • Klingt wie der Versuch einer Zerschlagung 2.0 á la Standard Oil Company. Was von 1890 bis 1906 und dann 1911 mit der Entflechtung in dutzende Einzelunternehmen geschah, ist bekanntlich gut gemeint gewesen, aber bis heute nach hinten los gegangen: ExxonMobile, BP, Shell, Chevron, Conoco und wie die heutigen Nachfolgekonzerne alle noch heißen mögen, machen weiterhin, was sie wollen.

    Facebook Chef Mark Zuckerberg ist der John Davison Rockefeller Senior des 21. Jh.

  • " Ein Facebook, ein Google oder ein Amazon zu zerschlagen und hinterher haufenweise kleine Unternehmen zu haben, die die Datenflüsse einfach untereinander aufrechterhalten ...". Warum sollten sie das tun? Das sind dann konkurierende eigenständige Unternehmen. Ansonsten währe das ein Fall für das Kartellamt.