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Rassismus als KündigungsgrundWer hetzt, fliegt aus dem Betrieb

Ein Mann beleidigt seinen Kollegen rassistisch, daraufhin wird ihm gekündigt. Das war rechtens, urteilt das Bundesverfassungsgericht.

Wer Kollegen rassistisch beleidigt, dem darf gekündigt werden Foto: Mark Hunt/imago

Karlsruhe taz | Wer einen schwarzen Arbeitskollegen mit Affenlauten beleidigt, dem kann fristlos gekündigt werden. Dies hat jetzt das Bundesverfassungsgericht bestätigt. Die Affenlaute seien nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Die beiden Männer arbeiteten bei einem Logistikunternehmen im Großraum Köln, beide waren auch Betriebsräte. Nach Darstellung des Arbeitsgerichts Köln kam es im November 2017 bei einer Betriebsratssitzung, in der über ein neues IT-System diskutiert wurde, zu einem hitzigen Wortwechsel.

Der schwarze M. sagte, er wolle sich der IT-Frage ganz logisch nähern. Darauf entgegnete sein Kollege C.: „... weil du eine Brille hast und jetzt logisch denken kannst?“. M. fragte nach: „Was willst du überhaupt?“ Darauf reagierte C. mit den Affenlauten „Ugah ugah“. M. konterte: „Du Stricher.“

M. fühlte sich durch die Affenlaute diskriminiert und wandte sich an eine betriebsinterne Beschwerdestelle. Nachdem diese eine Diskriminierung bestätigte, kündigte das Unternehmen den Arbeitsvertrag mit C. fristlos. Als Betrieb mit einer multiethnischen Belegschaft sei es ihm nicht zumutbar, einen Arbeitnehmer zu beschäftigen, der sich gegenüber Kollegen rassistisch verhält.

Fristlose Kündigung für Rassismus

C. wollte die Kündigung aber nicht akzeptieren und klagte. Er sei kein Rassist. Der Kollege habe angefangen und ihn zuerst „Stricher“ genannt. Daraufhin habe er aber keine Affenlaute gemacht, sondern „Bunga, bunga“ gesagt. Allgemein herrsche im Betriebsrat eine „flapsige“, ja sogar „raue“ Atmosphäre.

Es sei normal, sich etwa als „Arschloch“ zu titulieren. In diesem Rahmen läge auch eine Bezeichnung als „Affe“. Das Arbeitsgericht hielt nach mehrstündiger Beweisaufnahme jedoch M.s Schilderung für plausibel, dass C. ihn unvermittelt mit Affenlauten konfrontierte, und wies die Klage ab.

C. ging zum Landesarbeitsgericht (LAG), doch wieder ohne Erfolg. Das LAG zeigte auf, welchen Inhalt die Affenlaute transportieren: „Hör auf zu reden und tue nicht so, als könntest du denken!“ oder „Ich sehe in dir einen Primaten, der sich nahezu kommunikationsunfähig auf dem geistigen Niveau eines zweijährigen Kindes bewegt.“ Gerade gegenüber einem schwarzen Menschen sei dies keine derbe Beleidigung wie „Arschloch“, sondern auch eine rassistische Diskriminierung.

C. hätte der fristlosen Kündigung entgehen können, so das LAG, wenn er sich bei seinem Kollegen entschuldigt hätte, doch er habe sich völlig uneinsichtig gezeigt, obwohl er auf die Wirkung der Laute hingewiesen wurde. Gegen C. sprach auch, dass er schon einmal wegen Beleidigung im Betrieb abgemahnt worden war. In der Kantine habe er ein Jahr zuvor einem Kollegen zugerufen: „Schau woanders hin, sonst ficke ich dich!“

Beleidigungen seien unterschiedlich zu bewerten

Letztlich erhob C. Verfassungsbeschwerde. Die Arbeitsgerichte hätten seine Meinungsfreiheit verletzt. Doch auch hier scheiterte der Mann.

Wenn eine Person nicht als Mensch, sondern als Affe angesprochen wird, sei dies eine „menschenverachtende Diskriminierung“, so die Verfassungsrichter. Dem Betroffenen werde die Anerkennung als „Gleicher“ verweigert. Derartige Äußerungen seien auch mit der Meinungsfreiheit nicht zu rechtfertigen.

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13 Kommentare

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  • Mich erstaunt eher dass dieser Kündigungsgrund nicht von vornherein unumstritten ist, und dass der Gang vor das Bundesverfassungsgericht überhaupt nötig war.

  • "... sonst ficke ich dich." Was für ein Mann, der seinen Schwanz als Waffe versteht. Widerliches Würstchen.

    • @Karl Kraus:

      Da erscheint der schlagfertige Konter "Du Stricher" durchaus passend. Am Ende 2:0 gegen den Rassisten.

  • Was für ein Umgang in diesem Betrieb und in diesem Betriebsrat. Unglaublich.

    • @Gnutellabrot Merz:

      Sie haben ihn aber rausgeschmissen. Das finde ich gut.

  • Da sind die Gerichte dem Rassisten ja noch weitgehend entgegengekommen, indem sie die Affenlaute zur Meinungsäußerung geadelt haben, um diese dann erst in der Abwägung gegen die Menschenwürde des Beleidigten hinten anzustellen. Leider nur ein knapper Sieg gegen den Rassisten. An einem kleineren Gericht in Ostdeutschland hätte das auch anders ausgehen können.

    • @K2BBQ:

      genau, an westdeutschen gerichten kommt sowas nieeeee vor. ps: die meisten richter in ostdeutschland sind wessis, nur so zur info.



      hauptsache das framing stimmt...

      • @Gizmo:

        Sind die Richter da freiwillig hingegangen oder werden die als Staatsdiener zwangsversetzt? Oder haben die einen gewissen Einfluss drauf, wo sie hin müssen...oder wollen...? Dann heisst das nicht unbedingt was, dass das "Wessies" sind. Nicht alle Wessis sind Leuchten.

  • Was für ein penetranter Kerl. Erst nicht entschuldigen können und dann bis zum Bundesverfassungsgericht gehen. Das dürfte den Kerl ein paar Euros kosten und das ist gut so.

  • Solche Typen muss man einfach asap loswerden. Da genügen ganz Wenige, um die Kommunikation und die Stimmung in Betrieb kippen zu lassen.

    Übrigens las ich woanders, dass der Betriebsrat C. unterstützt hat bei der Version, das wäre eine "freie Meinungsäusserung" gewesen.



    In dem Laden herrscht wohl eher ein grauenhafter Ton, nicht nur rauh.

    • @Mitch Miller:

      Nach §104 BetrVG wäre der Betriebsrat verpflichtet gewesen, den Arbeitgeber zur Entlassung des Herrn C. aufzufordern. Eine Schande für jeden Betriebsrat!

      Leider steht im Artikel nicht, ob der BR wenigstens der außerordentlichen Kündigung zugestimmt hat, was bei der Entlassung eines BR-Mitglieds zwingend notwendig ist, oder ob der Arbeitgeber auch noch das gegen die sauberen Damen und Herren Betriebsräte erstreiten lassen musste.

  • Eindeutig. Deutlich. Richtig.



    Daumen hoch!