piwik no script img

Frauenquote in UnternehmensvorständenVon null auf eins

Patricia Hecht
Kommentar von Patricia Hecht

Mindestens eine Frau soll künftig dabei sein, wenn der Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Um Zukunftsfähigkeit geht es dabei nicht.

Man könnte fast meinen, sie blieben lieber unter sich Foto: Christophe Gateau/dpa

J ennifer Morgan bei SAP. Christine Hohmann-Dennhardt bei Volkswagen. Janina Kugel bei Siemens. Die Liste der geschassten Vorständinnen – im Fall von Morgan sogar Vorstandschefin –, die an der gepflegten Buddykultur hiesiger Unternehmen scheiterten, ist lang. Wider besseres Wissen wurde bisher auf Freiwilligkeit gesetzt, um Frauen in die Vorstände zu bringen. Nur eine Zielgröße für deren Beschäftigung mussten größere Unternehmen vorlegen. Es war eine Mischung aus Hohn und entwaffnender Ehrlichkeit, dass ganze 70 Prozent die Zielgröße null wählten.

Jetzt setzten die SPD-Ministerinnen Franziska Giffey und Christine Lambrecht eine verbindliche Quote in den Vorständen börsennotierter und mitbestimmungspflichtiger Unternehmen durch. Nach monatelanger Blockade durch die Union feiert die SPD dies als „historisch“: „Wir machen Schluss mit frauenfreien Vorstandsetagen in den großen Unternehmen“, jubelt Giffey.

Schluss mit „frauenfrei“, das ja. Mehr aber auch nicht. Denn eine tatsächliche Quote, ein bestimmter Anteil am Ganzen, ist damit nicht erreicht. Mindestens eine Frau soll künftig dabei sein, wenn der Vorstand aus mehr als drei Personen besteht. Das heißt: Auch wenn der Vorstand deutlich größer ist, müssen es trotzdem nicht mehr Frauen sein. Umsetzen müssen dies zudem nur rund 70 Unternehmen.

Angesichts der Flut von Studien, die den Wert gemischter Teams für Unternehmen darlegen – stärkere Wettbewerbsfähigkeit, höherer Gewinn –, könnte man auf die verwegene Idee kommen, dass es bei der Verweigerungshaltung von Union und Wirtschaft gar nicht so sehr um den Erfolg der Unternehmen geht. Sondern darum, unter sich zu bleiben und den Buddies die besten Jobs zuzuschanzen. Von null im frauenfreien Vorstand auf eins ist angesichts dessen besser als nichts: Wenn eine Frau geschasst wird, rückt halt die nächste nach. Die Männerbünde in der deutschen Unternehmenskultur aber wird ein solches Gesetz kaum aufbrechen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Patricia Hecht
Redakteurin Inland
war Chefin vom Dienst in der Berlinredaktion, hat die Seite Eins gemacht und arbeitet jetzt als Redakteurin für Geschlechterpolitik im Inland. 2019 erschien von ihr (mit M. Gürgen, S. am Orde, C. Jakob und N. Horaczek) "Angriff auf Europa - die Internationale des Rechtspopulismus" im Ch. Links Verlag. Im März 2022 erschien mit Gesine Agena und Dinah Riese "Selbstbestimmt. Für reproduktive Rechte" im Verlag Klaus Wagenbach.
Mehr zum Thema

3 Kommentare

 / 
  • Viele Unternehmen geben als Zielgröße für den Frauenanteil im Vorstand 0 an. Ich denke, das ist zu verstehen als Ablehnung einer Bevormundung durch die Politik, nicht als die Bekanntgabe des Zieles, Frauen aus dem Vorstand fernzuhalten.



    Das lässt den Gender-Aktivist*innen die Möglichkeit, immer wieder darauf hinzuweisen, dass Frauen im Vorstand die finanziellen Ergebnisse verbessern. Irgendwann wird das vielleicht zur Einsicht führen, dass die Frauenquoten vor allem das Ziel haben, die Rentabilität zu steigern.

  • Würden Firmen nicht schon im eigenen Interesse mehr Frauen in Vorstände berufen, wenn es so toll für den Unternehmenserfolg wäre. Schließlich ist ein Großteil des Gehaltes des Managements erfolgsabhängig.

    Vielleicht gibt es auch einfach wenige geeignete Kandidatinnen in den sehr ingenieurlastigen deutschen Konzernen.

    Aber schön, dass die SPD endlich mal wieder was für die kleinen Leute erreicht hat. Da freut sich doch die Wählerschaft, dass jetzt 70 Frauen mehr ein Millionengehalt bekommen!

    • @Clara Kreuzer:

      Die Studien sagen ja auch nicht, das WEGEN der Frauen oder Minderheiten die Unternehmen erfolgreicher sind, das ist auch extrem schwer nachweisbar. Eine Korrelation ist eben noch keine Kausalität. Mittlerweile verdienen auch Topmanagerinnen mehr als ihre Kollegen. Wenn Menschen in einem Bereich mit frei verhandelbaren Gehältern mehr verdienen als andere deutet das eigentlich auf einen Mangel hin. Vielleicht werden ja mehr junge Frauen durch die Quote motiviert den entsprechenden Karriereweg einzuschlagen, beim öffentlichen Standing von Unternehmensvorständen in Deutschland (um nur eine Variable vom vielen zu nennen) glaube ich aber nicht so richtig dran, lasse mich aber gerne eines besseren belehren.