Nach Caffiers Rücktritt: Noch einiges aufzuklären
Auf Lorenz Caffier soll Torsten Renz folgen. Nach dem Rücktritt des Innenministers Mecklenburg-Vorpommerns wartet auf dessen Nachfolger viel Arbeit.
Sein Abgang kommt für die Partei ein Jahr vor der Landtagswahl alles andere als gelegen. Den vakant gewordenen Posten will sie daher schnell neu besetzen: Voraussichtlich wird noch in dieser Woche Torsten Renz als neuer Innenminister ernannt. Er sitzt seit 2002 mit einer Unterbrechung im Landtag, war erst Anfang des Jahres zum Fraktionschef aufgestiegen und hatte in den letzten Jahren keinen Schwerpunkt auf innerer Sicherheit. Viel Zeit zur Einarbeitung bleibt ihm im neuen Amt trotzdem nicht. Es steht genug Arbeit an.
Nicht zuletzt in der Aufarbeitung des „Nordkreuz“-Komplexes, der Caffier zu Fall gebracht hatte. Aufgrund von taz-Recherchen hatte Caffier in der vergangenen Woche zugeben müssen, Anfang 2018 eine Waffe bei einem Ex-Mitglied der rechtsextremen Preppergruppe gekauft zu haben. Ermittlungsbehörden hatten die Gruppe zu dem Zeitpunkt schon im Blick.
Die Aufarbeitung innerhalb des Innenministeriums hat jetzt erst begonnen. Im Vorfeld des Rücktritts hatte die Behörde mitgeteilt, was ihr wann bekannt war. Grob lässt sich daraus ablesen, dass Sicherheitsbehörden in Mecklenburg-Vorpommern seit Sommer 2017 über die Existenz der Gruppe informiert waren, aber nur sukzessive detaillierten Einblick in den Ermittlungsstand des Generalbundesanwaltes bekamen.
Aus den Angaben zeichnet sich aber auch ab: Regionale Sicherheitsbehörden hätten zahlreiche Gelegenheiten gehabt, eigene Nachforschungen anzustellen, nutzten sie aber nicht.
Beweismittel verschwunden
Das ist nicht alles: So hatte ein Nordkreuz-Mitglied mehrere tausend Schuss Munition aus Polizei- und Bundeswehrbeständen bei sich gehortet. Teile der bei ihm gefundenen Beweismittel sind später verschwunden, die Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde, die für die Aufbewahrung zuständig war.
Auch gegen den Schießtrainer Frank T., bei dem Caffier seine Waffe gekauft hatte, wird inzwischen ermittelt. Auf T.s Schießplatz trainierten jahrelang Spezialeinheiten aus ganz Deutschland, Caffier kam gerne als Schirmherr zu Besuch. Wie das mecklenburg-vorpommersche Innenministerium mitteilt, liegen auch gegen ihn rechtsextreme Verdachtsmomente vor. Waffenbehörden und Gewerbeämter haben darauf noch nicht reagiert: Frank T. darf weiter Waffen verkaufen – auch das teilte das Innenministerium mit.
Davon, wie wenig den regionalen Sicherheitsbehörden aufgefallen war, zeugen auch rechtsextreme Chatverläufe, auf die erst Bundesermittler aufmerksam wurden. Inzwischen laufen Disziplinarverfahren gegen 13 Polizist*innen wegen solcher Chats.
Eine externe Kommission hatte 2019 im Auftrag von Innenminister Caffier ein Lagebild erstellt und sich dabei auf rechtsextreme Vorkommnisse innerhalb des SEK und von Bereitschaftspolizeien fokussiert. In diesem stellten sie fest, dass Polizist*innen sich fürchteten, Vorfälle zu melden. Trauten sie sich doch, ignorierten es Vorgesetzte. Der Kommissionsbericht ist so etwas wie eine klein angelegte Studie über Rechtsextremismus in der Polizei, sie erklärt strukturelle Probleme und entwickelt Ideen für Maßnahmen. Nur kann das kaum jemand nachlesen: Lorenz Caffier hat ihn als geheim eingestuft.
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