Neue Stellplätze für Lkw an Autobahnen: Viel Geld für private Investoren
Das Verkehrsministerium plant ein 100-Millionen-Euro-Programm. Unternehmen sollen auf Kosten der Steuerzahlenden Platz für Laster schaffen.
Berlin taz | Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will für den Bau neuer Lkw-Stellplätze in der Nähe von Autobahnen private Investoren großzügig bezuschussen. Sein Ministerium wird Anfang des kommenden Jahres Förderrichtlinien für ein entsprechendes Programm mit einem Volumen von insgesamt 100 Millionen Euro vorlegen. Das geht aus der Antwort des Ministeriums auf eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Sven-Christian Kindler hervor, die der taz vorliegt.
„Sonntags redet Minister Scheuer davon, Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern, und montags steckt er Millionen in den Lkw-Verkehr“, kritisierte Kindler. Der Bundesverkehrsminister subventioniere mit dem Geld das Speditionsgewerbe, denn Unternehmen könnten damit ihre Logistikzentren in Autobahnnähe ausbauen. Das Ministerium verspricht sich von der Förderung bis 2024 10.000 neue Lkw-Stellplätze.
Pro Parkplatz können Investoren bis zu 60.000 Euro bekommen. Entstehen sollen die Plätze in Gewerbegebieten und auf den Parkflächen und Betriebshöfen von Unternehmen. Zu den Voraussetzungen für die Förderung gehört laut Antwort aus dem Bundesverkehrsministerium, dass sich die neuen Stellplätze in privatem Eigentum befinden, sanitäre Anlagen vorhanden sind und sie „in der Regel“ maximal drei Kilometer von einer Autobahnanschlussstelle entfernt sind. Der Eigenanteil der Investoren liegt je nach Maßnahme zwischen 10 und 30 Prozent der Kosten. Ein Problem dieses Konzepts: Für private Stellplätze müssen FahrerInnen – für die die Arbeitsbedingungen ohnehin hart sind – oft zahlen.
Mithilfe staatlicher Gelder sind zuletzt bereits etliche Lkw-Stellplätze entstanden. Für 1,1 Milliarden Euro an Bundesmitteln wurde die Zahl der Abstellmöglichkeiten an Autobahnen zwischen 2008 und 2018 um 16.900 auf 70.800 erhöht. „Dennoch werden auf Basis der aktuellen Zählungen bundesweit rund 23.000 zusätzliche Lkw-Parkstände benötigt“, heißt es in der Antwort auf die Anfrage des grünen Abgeordneten. Der Bedarf werde sich angesichts der prognostizierten Zunahme des Lkw-Verkehrs erhöhen. „Daher ist ergänzend die Initiative privater Investoren gefragt“, schreibt das Ministerium.
Lkw-Förderung auch Thema beim Autogipfel
Kindler hält diese Sichtweise für falsch. Prognosen zufolge nimmt der Güterverkehr bis zum Jahr 2030 zwar um 30 Prozent zu. Aber dieser Zuwachs dürfe nicht auf der Straße erfolgen, forderte Kindler. „Statt dem Bedarf an Lkw-Stellplätzen hinterherzubauen, sollte Andreas Scheuer endlich alles daran setzen, dass Verkehr von der Straße auf die Schiene verlagert wird“, sagte er der taz. „Mit immer neuen Fördermillionen für den Lkw wird keine einzige Tonne von der Straße auf die Schiene verlagert – eher im Gegenteil.“ Statt Anreize für mehr Lkw-Verkehr zu schaffen, plädiert der Abgeordnete für eine Erhöhung der Maut für Laster.
Sinken müsste der Bedarf an Stellplätzen nach Kindlers Auffassung, weil nach einer neuen EU-Richtlinie neue Ruhezeiten und Rückkehrpflichten für Lkw-FahrerInnen gelten. Sie dürfen nicht mehr dauerhaft in ihren Fahrzeugen übernachten.
Die Unterstützung der Branche stand auch auf der Tagesordnung des Autogipfels im Bundeskanzleramt, der für Dienstagabend angesetzt war. Dort sollte es unter anderem um ein Abwrack- und Umtauschprogramm für ältere Laster zugunsten abgasärmerer gehen.
Leser*innenkommentare
Uranus
Na, ist doch toll! Der Staat baut den Unternehmen Lagerplatz, äh, Stehplatz. Just in time, just on your highway and maybe just on the mainstreet of your village. Und wenn die so durchs Dorf brummen, kann mensch sich schambefreit für Autobahnen einsetzen ...
Drabiniok Dieter
Die Zunahme des LKW Verkehrs wurde seit den 1980er Jahren (Jahr für Jahr) mit 40% prognostiziert. Einfach mal googlen oder beim WD des Bundestages nachfragen. Seit 1983 wurde auch alljährlich von der Notwendigkeit der Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene schwadroniert, ohne auch nur im Ansatz die politischen Rahmenbedingungen und Infrastrukturen dafür zu schaffen.
Und das die privaten (Parkplatz-)Investoren einen Schadensausgleich für "entgangene Gewinne" einklagen und bekommen werden, falls doch einmal eine Regierung tatsächlich den Güterverkehr verlagern will, dürfte auch garantiert sein.
Dass die Steuerzahler, wenn es so weiter geht, demnächst nur noch für die "entgangenen Gewinne" der privaten Investoren arbeiten gehen, ist absehbar. Weshalb sich auch nichts ändern wird, an dem Weiter so. Die Milliarden für die Neuanschaffungen von LKW oder/und deren Umrüstungen im "Wumms-Paket" (Eckpunkte-Papier) haben doch auch schon niemanden interessiert!
tomás zerolo
So ist er, unser Andi. Wenn's darum geht, riesige öffentliche Geldströme ins Private umzuleiten, dann fühlt er sich in seinem Element.
Luftfahrer
Die Subventionen sind Unsinn. Wenn Unternehmen per LKW beliefert werden wollen, sollen sie eigenständig die Infrastruktur hierfür bereithalten. Folgende Alternativvorschläge: Verdopplung der LKW-Maut, damit die Infrastrukturschäden durch LKW gedeckt werden können (momentan so weit ich weiß grob 1/3 Maut, 1/3 Treibstoffsteuern, 1/3 Steuerzahler). Des weitern deutscher Mindestlohn für jeden, der auf deutschem Boden arbeitet (insbesondere für die osteuropäischen Dumpinglohn-LKW-Fahrer), um ein Mindestmaß an Menschenwürde sicherzustellen. Das wird zwar noch keine LKW-Fahrten auf die Schiene verlagern, aber es ist ein bisschen gerechter. Zur Bahn: oft genügen Blockverdichtungen. Ich war mal bei einer Führung bei einem großen deutschen Automobilhersteller. Momentan zu 60% auf der Schiene beliefert, Ziel: 80%. Problem: Auf den Bahnstrecken kein Platz für zusätzliche Güterzüge. Etwas Recherche: oft sind die Blockabschnitte in diesem Bereich viele (teilweise über 10) Kilometer lang. Hier kann durch Blockverdichtung mit wenig Geld viel Nutzen geschaffen werden. Zudem bedarf es eines dichten Netzes an Umschlagbahnhöfen. Die Erfahrung lehrt, dass Umschlagbahnhöfe auch bei Großstädten sehr erfolgreich sein können (z.B. Ulm). Dafür müssten Infrastrukturprojekte allerdings deutlich beschleunigt werden. 50 Jahre von Entwurf bis Fertigstellung ist einfach unwürdig.