Forschungsfabrik für Autobatterien: Gezinkte Karten
Der Rechnungshof bemängelt das Vergabeverfahren für die „Forschungsfabrik Batteriezelle“. Der Standort Münster soll bleiben.
Die Affäre um die Forschungsfabrik hatte im letzten Jahr hohe Wellen geschlagen. Mit dem gleichermaßen ehrgeizigen wie teuren Projekt (500 Millionen Euro kommen vom BMBF, weitere 200 Millionen vom Land Nordrhein-Westfalen) soll die industrielle Herstellung von Batteriezellen für Elektrofahrzeuge in Deutschland wissenschaftlich vorbereitet werden. Neue Materialkombinationen und Fertigungsprozesse sollen in der Forschungsfabrik erprobt werden.
Wegen der Anwendungsnähe zur Automobilindustrie war es daher überraschend, als im Juli 2019 die Standort-Entscheidung nicht auf die Autoländer Baden-Württemberg oder Bayern fiel, sondern auf die Universitätsstadt Münster – in direkter Nachbarschaft zum Bundestagswahlkreis der CDU-Abgeordneten Karliczek. Dies habe aber keine Rolle gespielt, versicherte die Ministerin erneut. „Die Entscheidung für das Konzept zum Standort Münster war und ist richtig“, erklärte die BMBF-Chefin. „Das Konzept war das exzellenteste unter mehreren sehr guten Vorschlägen.“
Eigene Standortinteressen
In seinem Prüfbericht für den Bundestag kritisiert der Bundesrechnungshof, dass die Fraunhofer-Gesellschaft als späterer Betreiber der Forschungsfabrik, obschon somit befangen, an dem Vergabeprozess beteiligt war. Auch hätten in der sogenannten Gründungskommission Industrievertreter gesessen, die jeweils eigene Standortinteressen hatten und nicht neutral urteilen konnten. Das Land NRW sei zudem dadurch begünstigt worden, indem es „wesentliche Informationen“ frühzeitiger als konkurrierende Bundesländer aus dem Ministerium erhalten hatte. Nicht nachvollziehen konnte der Rechnungshof außerdem, warum die Bewertungskriterien für die Auswahl im Laufe des Verfahrens mehrfach geändert wurden. „Dies führte jeweils zu veränderten Rangfolgen, wobei der Standort Münster im zeitlichen Verlauf jeweils um einen Platz nach vorne rückte“, stellt der Bericht fest.
Karliczek sicherte zu, dass in ihrem Ministerium „ein neuer Kontrollmechanismus etabliert wird“. So werde bei Vergabeverfahren „ab einer bestimmten Größenordnung von Beginn an die Innenrevision beteiligt“. Auch die Aktenführung und Dokumentation, die laut Rechungshof im BMBF „nicht den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwaltung entsprochen“ haben, werde verbessert.
Der politische Streit ist damit keineswegs ausgestanden. Für die Haushaltsexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Gesine Lötzsch, hat sich der Eindruck „massiv verstärkt, dass die Ministerin mit gezinkten Karten gespielt hat“. Im Verfahren seien Lobbyisten Tür und Tor geöffnet worden. Lötzsch: „Die Ministerin kann jetzt eigentlich nur noch zurücktreten.“ Die gleiche Demissions-Empfehlung kam im vergangenen Sommer sogar von der CDU in Baden-Württemberg.
Jenseits der Querelen geht die Batterieforschung ihren Gang. BMBF-Staatssekretär Wolf-Dieter Lukas freute sich in dieser Woche darüber, dass sein Haus weitere 100 Millionen Euro für eine neue Batterieinitiative vergeben kann. Mit der Förderrichtline „Batterie 2020 Transfer“ soll die Entwicklung von Batteriematerialien für künftige elektromobile, stationäre und weitere industrierelevante Anwendungen gefördert werden. Gesucht werden Konzepte für wieder aufladbare, elektrochemische Energiespeicher, die sich in das Ziel der Kreislaufwirtschaft einfügen und einen „entscheidenden Beitrag für eine nachhaltige Elektromobilität“ darstellen, wie es in der Ausschreibung heißt. Schwerpunkte der Förderrichtlinie sind Produkt- und Prozessdesign, Synthese der Materialien sowie das Batteriematerialrecycling.
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