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Beckenbauers 75. GeburtstagWir sind Franz

Ästhetischer Ballspieler, Nachkriegskind und deutscher Staatsbürger – was sagt die Figur Beckenbauer über dieses Land und seine Gesellschaft?

Im Fokus: Franz Beckenbauer Foto: dpa

F ranz Beckenbauer ist nicht nur bundesdeutsche Geschichte, er steht für die Bundesrepublik. Heute an seinem 75. Geburtstag lautet die Frage: Was sagt „der größte Glücksfall des deutschen Fußballs(FAZ, 2010) nach den Erschütterungen der vergangenen Jahre über diese Gesellschaft?

Zunächst: Kein anderer Fußballer mit bundesrepublikanischem Pass hat ein so ästhetisches Zusammenspiel von Ball und Körper zur Aufführung gebracht wie Beckenbauer. Das bleibt ewig.

Was seine Wirkungsgeschichte angeht, so wurde der am 11. September 1945 geborene Sohn einer Hausfrau und eines Postlers im Zuge der steigenden Wichtigkeit der Unterhaltungsbranche Profifußball von seinen Geschäftspartnern als heroische Figur modelliert, die auch die klischierten Zuschreibungen der bundesrepublikanischen Aufstiegsgesellschaft nach dem Menschheitsverbrechen bediente und kontrastierte: Dass brave, fleißige, pünktliche Leute den Turnaround hingekriegt haben, weil sie brav, fleißig und pünktlich waren.

taz am wochenende

Ein Huhn, das vor über 100 Jahren eingemacht wurde, zwei Weltkriege überstanden hat und angeblich immer noch existiert? Klingt irre, ist aber eine seit Generationen erzählte Familiensaga unserer Autorin – in der taz am wochenende vom 12./13. September. Außerdem: Jens Spahn im Interview über Corona und die Grünen. Und: Moria ist abgebrannt. Wie geht es für die Geflüchteten weiter? Ab Samstag am Kiosk, im eKiosk, im praktischen Wochenendabo und rund um die Uhr bei Facebook und Twitter.

Und sich auf ein paar Außerirdische verlassen konnten. Zuvorderst Beckenbauer: Genie, Weltbürger, Laisser-faire. Aber gleichzeitig „normal“. Toll. Sooo kann der Deutsche auch sein!

Angsthasenfußball als Trainer

Das ist der entscheidende Satz, und den muss man sich jetzt halt in einer veränderten Betrachtung reinziehen, in der Beckenbauer erzählt wird über die Steuerhinterziehung in den 70ern, seinen Schutz durch ein großes CSU-Amigonetz, die Flucht nach New York, seinen Pragmatismus als Spieler, seinen Angsthasenfußball als Trainer, seine weltweiten Beziehungen zu Halsabschneidern in Funktionärs-, Vereins-, Unternehmensfunktionen und Medien. Und als Höhepunkt, die mit Bestechung gekaufte WM 2006.

Aber man hat Beckenbauer halt jahrzehntelang bestärkt darin, dass alles okay und großartig sei und er selbst unantastbar. Deshalb kann er sich jetzt nur wundern, was die Aufregung soll. Und das „Sommermärchen“ war ja auch eine wirklich geile Party, wie sie die Bundesrepublik weder davor noch danach je wieder gefeiert hat. Dafür bin ich Franz Beckenbauer dankbar, wie auch für WM- und EM-Siege, an denen ich emotional teilhaben konnte und die vielen Jahre mit ihm als lustigem Fernsehunterhalter.

Die Chance auf Fortschritt besteht nicht darin, ihn nun zu verdammen, sondern die neue Figur von Beckenbauer abzulösen. Die Figur des Deutschen, emanzipatorisch durchaus gut entwickelt, hat eben viele Facetten, und eine ist auch ein jovial daherschwätzender Kleinbürger, getrieben von Geldfixierung, Gutmütigkeit und den richtigen oder falschen Freunden, je nach dem.

Hat mitgemacht, was mitzumachen war, hat mitgenommen, was mitzunehmen war, Hände gewaschen, die seine gewaschen haben, das Recht gebeugt, wo es zu beugen war, hat keine Sklaven gesehen, wo es nicht opportun war, welche zu sehen. Ich verstehe total, dass man sich in dieser Figur nicht wiedererkennen möchte. Aber besser wär’s.

Franz ist ein Teil von fast jedem

Es selbst anders zu machen als Beckenbauer, ist moralisch richtig, reicht aber nicht. Moralisches Wachstum einer Gesellschaft, um diesen Begriff des Philosophen Markus Gabriel aufzugreifen, entsteht nicht durch bessere Menschen. Moralisches Wachstum muss institutionell und kulturell verankert sein und sich politisch entfalten können.

Das gilt für ernsthafte Klimapolitik und für alles andere. Es geht darum, sich auf einen liberaldemokratischen Politikrahmen zu einigen, in dem eine Gesellschaft „bessere“ Ziele verfolgen kann. Aber Franz Beckenbauer ist nicht etwas, was man einfach exkommunizieren kann. Franz Beckenbauer ist ein Teil von fast jedem. Horst Seehofer übrigens auch.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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15 Kommentare

 / 
  • Ok Ok - Alles mußte selber machen.



    Selbst das - Positive - Zum Lachen.

    & Däh -



    Däh&Zisch - Mailtütenfrisch: schlenztein



    “ Wir sind Franz" Ach was! Ich war auch nicht Papst. Lauter Deutsch-Karikaturen



    &



    Damit fing ja dieses "Blöd"-sinnige Titulieren an. 2005. Dann kam 2006.



    Da waren wir alle "Weltmeister der Herzen". www.youtube.com/watch?v=RCMQeobKQl0 Danke Andrea (Pirlo)!“

    kurz - Sooo. Gehen Griffe ins 🚽 •



    Abziehen Fenster auf & Gut Lüften. Gell.

  • Booey - “ Wir sind Franz“ - komm immer noch nicht drüberweg! Gellewelle.

    Däh&Zisch - Mailtütenfrisch - fragt nach

    “Kaiser -

    Ein Rohdiamant



    in der Hand



    eines Schwans



    am Randes des (Größen)wahns.







    de.wikipedia.org/wiki/Robert_Schwan







    Wo bleibt Söder?“

    kurz - Die eine eine Frage - kommt bestimmt.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Toni Kroos ist Bundesrepublik, Beckenbauer repräsentiert die alte untergegangene BRD, die Zwischenzeit einer Teilrepublik.

  • & womer grad am Lästern am dran -



    Ohne zu Kotzen - Ein ganz fein Protzen!



    images.app.goo.gl/ypbnF6PNtfrhRHLH6



    “Kanzlerin und Kaiser, die jetzt so steil vom Thron der öffentlichen Wertschätzung gestürzt wurden.“



    ” Angela Merkel und Franz Beckenbauer im Gespräch“Ach was Höschen a Kabine



    Aus - Na da schau her - Bettina Gaus -



    taz.de/Kolumne-Macht/!5248130/



    Aufgewacht - Hat uns 🌑fahrer - was -



    Verschlafen?

    • @Lowandorder:

      & “Wo bleibt das Positive - Herr Unfried?“ - 🤫 -

  • 0G
    05838 (Profil gelöscht)

    Fürs Volk war er ein sehr guter Kicker,



    für die Medien der Kaiser.

  • Nö. Als knapp Älterer:

    “ Franz Beckenbauer ist nicht nur bundesdeutsche Geschichte, er steht für die Bundesrepublik. Heute an seinem 75. Geburtstag lautet die Frage:



    Die eine eine Frage: “Noch einer - der keine Sklaven in Katar gesehen hat?!“ - 🤑 -



    & Däh! "nicht einen einzigen Sklaven in Katar g'sehn!"



    m.youtube.com/watch?v=ZUPfm4zsVNQ - 👹 -



    &



    Ende der Durchsage • Voll verblasen: “Wirkungsgeschichte“ Booey!



    Hamses nich‘n bisken kleiner - Herr Au 🥅 ¿!

    unterm——- so viel 🧠riß is ja selten! Gellewelle!



    &



    Bitte den Resemüll - Jemand anders runter tragen.



    Dank im Voraus! Sorry. Mich ekelts zu sehr.

    • @Lowandorder:

      Ich bin (auch) nicht Franz! Sowas grenzt an Hate-Speech. Hallo, Presserat... jetzt wo das mit HY geklärt ist...



      Um es mit den leicht abgewandelten Worten der KollegInnen zu sagen: Euer Märchen ist unser Albtraum.

    • @Lowandorder:

      Also, ich sage es gleich, den Müll trage ich nicht runter.

      Und dann sage ich, ich habe keine Ahnung von Fußball.

      Aber mir erscheint Beckenbauer als einer der langweiligsten, am wenigsten charismatischen Personen des öffentlichen Lebens.

      Ich will nicht, dass er ein Teil von mir ist. Dann lieber noch Mario Basler.

      • @Jim Hawkins:

        Klar & “Haste Kacke anne Hacke.



        Haste Kacke anne Hacke.“ & 🕳🕳🕳

    • 1G
      164 (Profil gelöscht)
      @Lowandorder:

      Ja aaaaber...., Herr Low and www.youtube.com/watch?v=H4v7wddN-Wg das Sommermärchen - DAS SOMMERMÄRCHEN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! Wo wir doch spätestens seit neulich von der sportpolitischen Sprecherin der Fdp Dassler (sic) wissen - unsere großartige nationale Identitäterätetää besteht im wesentlichen aus Fußball!

      • @164 (Profil gelöscht):

        Lassemer doch im - HÖ HÖ HÖ - 🥚jöö Linken Portal - zum Sommermächen -



        Was Klärchen! - Bitte Klaus Theweleit -



        “ Gaucho-Tanz auf der WM-Party



        : Das war nicht die echte Mannschaft



        Wir sind betrogen worden auf der Fanmeile. Eine Polemik gegen die Inszenierung der Weltmeister – und einige Anmerkungen zur taz-Berichterstattung.



        taz.de/Gaucho-Tanz...WM-Party/!5037365/



        “… Hintergrund: die schleichende Diekmannisierung der taz; und, auf das Fanmeilen-Wesen erweitert: die grob vorangetriebene Boulevardisierung des öffentlichen Raums. Das ist kein Klacks. Das Wörtchen Bild mit dem Zusatz „-Zeitung“ zu versehen, ist schon ein Verbrechen.“ Aber HalloLinkes Portal🤣



        & Wie dazu passend - wa. Schallalalie -



        Der Herr Au 🥅 - zieht einem komplett braunelitär verpeilten Poschie vande 🌍



        In Fjutscher2 - das paßt doch prima zu sojet sei Brei! - 🤑 - Wie bestellt! - 😱 -

        • 1G
          164 (Profil gelöscht)
          @Lowandorder:

          Ich bin 2006 einmal in der Straßenbahn in so eine schwatzrotgoldgewandete trunkene Horde (auf dem Weg zur öffentlichen Leichenbeschau, aka pubic viewing) geraten und muss sagen - ich fands zum Kotzen. Für mich war das Karneval in richtig asi... aber wenns der geschätzte Herr Unfried toll fand - bitteschön! Mir passiert sowas nicht nochmal.

          • @164 (Profil gelöscht):

            Ja wie?!

            Wie Mr Mailtütenfrisch my Sidekick -



            Grad anmerkte - dieser feine Herr -



            Liebt - die Blender! Sorry - & a much better job to him will - be a carpenter or I‘m shure - a bartender - 🥃 - 🤣 -

            • 1G
              164 (Profil gelöscht)
              @Lowandorder:

              Deine Schreibe ist wirklich eine Kryptowährung für sich :-D

              Schöne Grüße!