Vorwürfe gegen Schlachthof in Gärtringen: Qualfleisch aus der Region
Aktivisten zeigen ein Video mit mutmaßlichen Tierschutzverstößen aus einem kleinen Schlachthof nahe Stuttgart: Schläge, Stöcke in After und Auge.
Während in Großschlachthöfen Schweine nicht per Stromstoß, sondern mit CO2 betäubt werden und dabei immer große Schmerzen erleiden, geht es in Baden-Württemberg um Fehler des Personals: „Tieren werden beim Treiben regelmäßig Holzstangen in den After gestoßen, Elektroschocker werden hemmungslos und illegal eingesetzt“, teilte die Soko am Montag mit. Ein Schwein werde ins Gesicht getreten und geschlagen. Ein Schlachter quetsche einen Hartplastikstock in das Auge eines eingeklemmten Tieres. „Schweine erwachen regelmäßig aus der Betäubung und werden nicht oder nur nach entsetzlichen Leiden nachbetäubt.“ Die anwesende Amtstierärztin habe nicht eingegriffen.
Wilhelm Hornauer, Leiter des Veterinäramts des zuständigen Landkreises Böblingen, sagte jedoch auf einer Pressekonferenz am Montag, auch in dem von der Soko Tierschutz veröffentlichten Video sei zu sehen, wie eine seiner Mitarbeiterinnen anordnete, Betäubungsfehler zu korrigieren. Sein Amt habe bereits ab Mitte 2018 verfügt, dass der Schlachthof eine ganze Reihe von Tierschutzverstößen abstellen müsse. Passiert ist offenbar zu wenig: Anfang 2020 habe die Behörde „Vollstreckungsmaßnahmen“ ergriffen, ergänzte Landrat Roland Bernhard: „Wir haben ein Zwangsgeld angedroht.“ Trotzdem kam es zu den Skandalbildern, die laut Soko Tierschutz erst im Juni und Juli entstanden sind.
„Laut Tierschutzrecht muss vor dem Stich zum Entbluten eine Betäubungskontrolle erfolgen“, sagte Inga Schwarzlose, Wissenschaftlerin des bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Instituts für Tiergesundheit, der taz. „Ein Rohr in den After oder ins Auge zu drücken ist nicht tierschutzkonform. Das Tier darf beim Treiben nicht verletzt werden. Man darf die Tiere nicht schlagen. Elektrotreiber dürfen nur im Ausnahmefall eingesetzt werden.“
Der Schlachthof, der auch Biotiere verarbeitet, war nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Ähnliche Bilder wie aus Gärtringen hatten die Tierschützer in anderen kleinen Schlachthöfen aufgenommen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Autoritäre Auswüchse beim BSW
Lenin lässt grüßen
Rückgabe von Kulturgütern
Nofretete will zurück nach Hause
BSW in Thüringen auf Koalitionskurs
Wagenknecht lässt ihre Getreuen auf Wolf los
Nach Ermordung von Jamshid Sharmahd
Deutschland schließt Konsulate des Iran
Kamala Harris’ „Abschlussplädoyer“
Ihr bestes Argument
Nahostkonflikt in der Literatur
Literarischer Israel-Boykott