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Beamteter VerschwörungstheoretikerKommissar suspendiert

Beamter hielt auf einer „Querdenken“-Demo eine Rede, bei der er die Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie mit dem Nationalsozialismus verglich.

Reklamieren das große Wir für sich: Gegner der Corona-Schutzmaßnahmen in Dortmund Foto: Fabian Strauch/dpa

Hamburg taz | Manchmal fallen Entscheidungen schnell: Am Sonntag trat ein Kriminalhauptkommissar aus Hannover bei einer „Querdenken“-Demo in Dortmund, die neben Impfgegner*innen und ­Verschwörungsmythenverfechter*innen auch extrem rechte Gruppen anzog, als Redner auf. Am Dienstag wurde er vorläufig vom Dienst suspendiert.

Die Rede des 57-Jährigen erschreckte auch, weil er früher für die Bewertung der Sicherheitsmaßnahmen einer jüdischen Einrichtung in Niedersachsen zuständig war.

Seine gut 20 Minuten lange Rede begann er mit den Worten: „Glaubt mir, ich habe mir jedes Wort reiflich überlegt.“ Die Politik und die Medien bezichtigte er der Lügen, berichtet der Bundesverband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus (Rias). Außerdem die Maßnahmen gegen die Coronapandemie mit dem Nationalsozialismus verglichen und seine Polizeikolleg*innen sowie Soldat*innen aufgefordert, sich den Protesten anzuschließen.

Nun gilt die Rede- und Meinungsfreiheit auch für Beamt*innen. Aber, so eine Behördensprecherin, private Meinungen und dienstliches Handeln seien zu trennen. Er habe laut Rias auf der Demo als Kriminalhauptkommissar gesprochen. Dieser Auftritt wird von seinem Dienstherrn binnen drei Monaten überprüft.

Jüdische Gemeinden besorgt

Der suspendierte Beamte war in der Polizeidirektion Hannover zuletzt im Bereich der Prävention tätig, beriet zum Schutz vor Diebstahl, Einbruch und Überfall. Dass er auf einer Versammlung auftrat, deren Organisator*innen Positionen und Anhänger*innen von antisemitischen Verschwörungsmythen offensichtlich einbinden, besorgt Vertreter*innen niedersächsischer jüdischer Gemeinden.

Denn spätestens seit dem 1. August, als in Berlin Tausende gegen die Coronamaßnahmen demonstrierten, unter ihnen auch der suspendierte Beamte aus Hannover, ist eine zunehmende Radikalisierung der Bewegung in den sozialen Medien zu beobachten. Auch auf der Straße werden die Reden aggressiver.

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6 Kommentare

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  • Bei der Gelegenheit: Michael Ballweg, einer der wichtigsten Sprecher der Bewegung gegen Corona-Einschränkungen, hat tatsächlich die "lupenreinen Demokraten" Putin und Trump nach Deutschland eingeladen, damit ausgerechnet sie seinen "Freiheitskampf" unterstützen.

  • Ich find das ja schön und weiter so! Redet Euch um Kopf und Kragen. Möglichst öffentlich.

    Das muss man Querdenken lassen:



    Gut gemacht, dass Ihr überall im Land Bühnen aufbaut. Bitte am 29.8. in Berlin möglichst viele Polizisten, Soldaten, Richter, Staatsanwälte, Schuldirektoren, Verwaltungsbeamte und deren Untergebene auf die Bühne holen. Und alles live streamen. Wir hören Euch zu. Ist ja nicht so das Zensur herrschen würde.

    Und danach schauen wir mal wer rausfliegt. Muss man ja trennen. Wer den Staat Diktatur nennt von dem er angestellt ist, ist dann sicher auch aufrechter moralisch starker Widerständler, das er für ihn nicht arbeiten kann. Und auch keine Pension und so. Klaro. Ungeschriebenes Gesetz unter Freiheitskämpfern.



    Sonst wäre man ja Putschist.

    Also kurzum, läuft wie es laufen soll. Der parlamentarische Arm des Rechtsterrorismus AfD hat die Funktion zu organisieren und zu formulieren, damit klar erkennbar ist, wovon sich ein Demokrat trennen muss. Will er eine Demokratie und ein seriös arbeitendes Parlament. Querdenken muss man zugute halten, eine Bühne für all jene illoyale Beamte zu schaffen, denen wir gerne ein bisschen Diktatur! -Geschrei gönnen dafür, das wir am Ende rausgefunden haben...wer zum Beispiel mal gerne paar bulgarische, rumänische oder sonstwie Leihsklavenarbeiter unberechtigt von der Amtsstube aus in amtliche Quarantäne schickt.

    Läuft doch alles gut. So ist die Demokratie. Du darfst alles sagen. Aber das heisst ja nicht nen Job im Staat kriegen, den man ablehnt und bekämpft.

  • 4G
    4813 (Profil gelöscht)

    Wenn man seinen Arbeitgeber in die Nähe des Nationalsozialismus rückt, dürfte wohl eine Kündigung folgen. Und Mal ehrlich, wenn ich meinem Arbeitgeber so etwas vorwerfen, würde ich da nicht mehr arbeiten.

  • Wow, Kriminalhauptkommissar.



    Das Ausbildungsniveau der Polizei scheint wohl schon seit längeren recht "hoch" zu sein.



    Machen wir uns nichts vor, ist mal wieder einer dieser "EINZELTÄTER" ist doch klar. Hier muss man nur mit Nachdruck Aufklären.



    Ich kann diese Scheisse nicht mehr sehen. Vor Achtzig Jahren ging die Entnazifizierung schon gründlich in die Hose... Man hat den Eindruck es hat sich nicht viel getan in den Jahren.

  • Was für Raketenforscher es in der Polizei Niedersachsen es zum Kriminalhauptkommissar bringen...

    • @Samvim:

      Der “Silbersterneregen“ & die Paketlösungen bei Beförderungen machens leicht möglich.

      kurz - “ „Glaubt mir, ich habe mir jedes Wort reiflich überlegt.“…“ Ach was!



      & Däh! -



      IM-Vollhorst - alter Erfahrungsjurist -



      Übernehmen Sie! - 👻 -