piwik no script img

NSU 2.0-Skandal weitet sich ausNSU-Drohbrief Nummer 71

Belit Onay und die Filiz Polat (Grüne) werden bedroht. Die niedersächsische Landtagsfraktion fordert, dass der Generalbundesanwalt übernimmt.

Er werde sich nicht einschüchtern lassen, sagte Belit Onay dem NDR Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Hannover taz | Nun sind sie also auch in Niedersachsen angekommen: Die Drohungen des sogenannten NSU 2.0. Wie Der Spiegel zuerst berichtete, haben in dieser Woche diverse Grünen-Politiker:innen Drohmails erhalten – darunter Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay und die Osnabrücker Bundestagsabgeordnete Filiz Polat.

Belit Onay, der seit seinem Amtsantritt mit Drohungen überschüttet wird, sagte, dies habe eine neue Qualität. Er und die grüne Landtagsfraktion fordern nun, dass endlich die Generalbundesanwaltschaft die Ermittlungen übernimmt, die bisher bei verschiedenen Landeskriminalämtern liegen.

Sorgen macht Onay die Bedrohung seiner Familie und der enge Bezug zu den Fällen in Hessen. Dort hatte der Innenminister erst Anfang der Woche in einer Sondersitzung des Innenausschusses berichtet, dass dem LKA Informationen über 69 Briefe an 27 verschiedene Personen in acht Bundesländern vorliegen.

Dieses Mal ohne Daten aus Polizeicomputern

Über zwei Jahre geht die Serie nun schon: Die ersten Drohmails gingen im August 2018 an die Frankfurter Anwältin Seda Başay-Yıldız, als diese im NSU-Prozess die Angehörigen Enver Şimşeks vertrat. Wie auch bei späteren Drohungen an die hessische Linksfraktionschefin Janine Wissler und die Berliner Kabarettistin İdil Baydar wurden hier sensible Daten verwandt, entsprechende Datenbank-Abrufe hatte es zuvor von verschiedenen hessischen Polizeirevieren gegeben.

Nicht in allen nun bekannten Fällen wurden Daten aus Polizeicomputern abgerufen – die Mehrheit ging wohl an öffentlich bekannte Adressen. So auch im Fall Onay. Unklar ist aber immer noch, ob sich dahinter ein Einzeltäter mit Verbindungen zur Polizei oder ein ganzes Netzwerk verbirgt. Möglicherweise, heißt es aus Polizeikreisen, habe man es mittlerweile auch mit Trittbrettfahrern zu tun – die jüngsten Drohbriefe wiesen andere Merkmale auf als die aus der ersten Serie.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Offenbar sehen die Täter das eher wie Schwarzfahren oder wie Fahrradklau.



    Das Risiko erwischt zu werden geht gegen null.



    Und im Gegensatz zu Schwarzfahren oder Fahrradklau ist den Tätern die mediale Aufmerksamkeit sicher.