piwik no script img

Vor dem Start der neuen BundesligasaisonSt. Pauli will Reformen

Der FC St. Pauli will, dass der Profifußball aus der Corona-Krise lernt und fordert Veränderungen. Im eigenen Team gibt es einige Neuerungen.

Schon 15 Jahre im Verein, jetzt Trainer der Profis: Timo Schultz Foto: Christian Charisius/dpa

Hamburg taz | „Ein anderer Fußball ist möglich.“ So lautet der Titel einer 16-seitigen Abhandlung, die am Montag von Oke Göttlich, Präsident des FC St. Pauli, dem Fanbeauftragten des Vereins und einem Vertreter der Fanszene offiziell vorgestellt wird. Dabei geht es nicht um die Verbesserung der Spielkultur am Millerntor – die dringend nötig wäre – sondern ums große Ganze; die Reformierung des Profifußballs und der Deutschen Fußball-Liga (DFL).

Die Coronakrise und die kontroverse Debatte darüber, die Saison ohne Fans im Stadion fortzusetzen, habe aufgezeigt, wie groß „der Vertrauensverlust und die Entfremdung zwischen Clubs einerseits und Fans und Teilen der Gesellschaft anderseits“ sei. Es gehe darum, die Kommerzialisierung des Profifußballs einzugrenzen und den Fans „echte Teilhabe und Mitbestimmung“ zu sichern. Ein Fanbeirat, der zu allen fanrelevanten Themen vom DFL-Präsidium angehört wird und Empfehlungen ausspricht, wird eingefordert.

Daneben müssten die Einnahmen zwischen den 36 Proficlubs der beiden Bundesligen gerechter verteilt werden, gleichzeitig Mittel und Wege gefunden werden, die Ausgaben, aber auch den Einfluss von Kapitalanlegern zu kontrollieren und zu begrenzen. Bei der Vergabe von Geldern und Lizenzen sollen zudem gesellschaftliches, politisches, soziales und ökologisches Engagement, aber auch die Jugendarbeit der Vereine stärker belohnt werden, heißt es in dem Papier.

Doch vor der Reformierung des gesamten Profifußballs muss des Club erst mal seine eigene Neuausrichtung schaffen. Nach einer Saison, in der der Club nur knapp dem Abstieg entrann und die von Querelen zwischen Trainer Jos Luhukay und großen Teilen der Mannschaft geprägt war, geht der Blick nun nach vorne.

Neuer Trainer sorgt für Optimismus

Zunächst gilt es aber, den Abgang von absoluten Leistungsträgern wie Mats Möller-Daehli – der schon im Winter den Verein verließ – Waldemar Sobota und Dimitrios Diamantakos zu kompensieren. Auch der Verbleib von Leo Östigard und Viktor Gyökeres, beide aus Brighton ausgeliehen, ist mehr als fraglich. Insgesamt verliert der Club zur neuen Saison mehr als ein Dutzend Spieler, der größte Schnitt seit Jahren.

Dass man am Millerntor trotzdem optimistisch in die Zukunft schaut, liegt vor allem an einem im Verein wohlbekannten Gesicht. Nach zahlreichen Trainerwechseln in den vergangenen Jahren soll nun Timo Schultz (42), der seit 15 Jahren als Spieler und Trainer beim FC St. Pauli tätig ist, für Kontinuität und Erfolg sorgen. Seine gradlinige, unprätentiöse Art und sein Händchen für Talente sollen helfen, die Truppe wieder zu einem richtigen Team zu formen und ihr eine Mentalität einzupflanzen.

„Alle müssen mit voller Begeisterung und hohem Einsatz bei der Sache sein,“ betonte Schultz am Sonntag vor dem Trainingsauftakt zur neuen Saison, die Mitte September startet. Und dafür hatte er gleich zwei Neuverpflichtungen im Gepäck: Nachwuchs-Torhüter Dennis Smarsch (21) von Hertha BSC und Außenverteidiger Leart Paqarada (25) vom Ligakonkurrenten SV Sandhausen sollen das ausgedünnte Team komplettieren und erhalten jeweils einen Vertrag über drei Jahre.

Als ersten externen Zugang hatten die Hamburger vergangene Woche den Offensivspieler Daniel-Kofi Kyereh (24) vom Zweitliga-Absteiger Wehen Wiesbaden verpflichtet. Weitere Transfers sind noch geplant. Zudem zog Schulz gleich vier Spieler aus dem Nachwuchsbereich zu den Profis hoch, die er aus seiner Zeit als Jugendtrainer des Vereins noch kennt.

Ein sportliches Ziel haben Sportchef Andreas Bornemann und Präsident Göttlich für die kommende Saison bewusst nicht ausgegeben: Sie wollen Schultz ermöglichen, mit so wenig Druck wie möglich zu arbeiten.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!