25 Jahre nach dem Genozid von Srebrenica: Offene Wunden werden sichtbar
In Bosnien-Herzegowina wird unter Corona-Beschränkungen des Völkermordes gedacht. Eine Aussöhnung steht weiterhin aus.
Das Massaker ist bis heute ein kollektives Trauma aller Bosniak*innen – auch der, die bis heute im Exil etwa in Deutschland leben. Viele von ihnen kehren jedes Jahr zum 11. Juli zurück nach Bosnien-Herzegowina, um der Toten zu gedenken und vor aufkeimendem Nationalismus zu warnen. In diesem Jahr reisten infolge der Corona-Beschränkungen weniger von ihnen an, und auch sonst entschieden viele, im kleinen Kreis zu gedenken.
Mindestabstände und Fiebermessen vor Betreten des Geländes waren dann auch Teil der Gedenkveranstaltung. Die meisten internationalen politischen Persönlichkeiten – darunter UN-Generalsekretär António Guterres und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen – meldeten sich per Videobotschaft, die vor Ort auf großen Leinwänden und über Lautsprecher übertragen wurde.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier richtete sich an die Trauernden: „Der tausendfache Mord, der hier an muslimischen Jungen und Männern verübt wurde, ist in seiner Brutalität und Dimension singulär für Europa nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagte er.
Genozidleugnung bleibt ein Problem
Die Vorsitzende des Opferverbandes Mütter von Srebrenica, Munira Subašić, forderte jedoch konkrete Schritte von den Garantiemächten des Friedensvertrags von Dayton, der den Bosnienkrieg im November 1995 beendete, darunter den USA und Deutschland. „Sorgen Sie für Gesetze (in Bosnien), die das Leugnen des Genozids unter Strafe stellen“, sagte sie. „Nur das wird die Anstifter des Krieges besiegen und das Erbe schützen, das Sie uns als den Frieden von Dayton hinterlassen haben.“
Das Massaker wurde 2004 von internationalen Gerichten als Völkermord eingestuft – das Ziel sei gewesen, die muslimische Bevölkerung von Bosnien-Herzegowina zu vernichten. Trotzdem wird der Völkermord regelmäßig geleugnet.
Erst kürzlich relativierte Serbiens Ministerpräsident Aleksandar Vučić das Massaker, indem er lediglich von „etwas, auf das wir nicht stolz sein sollten und können“, sprach. Auch der bosnisch-serbische Bürgermeister von Srebrenica, das heute in der serbisch dominierten Republik liegt, behauptete am Freitag, es gäbe „täglich neue Beweise, die die derzeitige Darstellung von allem, was passiert ist, widerlegen“.
Milorad Dodik, Präsident der Republika Srpska, fällt des Öfteren mit ähnlichen Behauptungen auf. Als einziges Mitglied des dreiköpfigen Staatspräsidiums von Bosnien-Herzegowina blieb er der Gedenkveranstaltung am Sonntag fern.
Dort wurden neun Opfer des Genozids beigesetzt, deren sterbliche Überreste im Laufe des vergangenen Jahres identifiziert werden konnten – oft ist es nur ein einziger Knochen. Bis heute gelten rund 1.200 Menschen als vermisst. Sie zu identifizieren wird von Jahr zu Jahr schwieriger.
Auch in Ruanda erinnerten Überlebende des dortigen Genozids im Jahr 1994 an das, was ein Jahr später in Srebrenica geschah. „Auch wenn wir weit voneinander entfernt leben, verbindet uns eine gemeinsame Erfahrung“, heißt es in einer Videobotschaft aus Kigali.
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