piwik no script img

Untersuchung zu MedienpräsenzCorona ist Männersache

Mehr als zwei Drittel der zu Corona befragten Expert*innen sind männlich. Dabei gibt es eigentlich viele Virologinnen und Ärztinnen.

Männer unter sich: Rundgang im Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung Foto: Oliver Dietze/dpa

Corona ist Männersache, zumindest in den Medien. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Untersuchung der MaLisa-Stiftung. Laut der sind über zwei Drittel der in den Medien auftretenden Expert*innen in Sachen Coronakrise männlich.

Im Fernsehen kamen in Nachrichten und Sondersendungen auf eine Expertin vier Experten. Auch in den allgegenwärtigen Talksendungen sieht es nicht viel besser aus. Hier lag der Expertinnenanteil bei 28 Prozent gegenüber 72 Prozent Experten. In Bereichen, in denen überproportional Frauen tätig sind wie Bildung und Medizin/Pflege geht es noch männerdominierter zu: Hier betrug der Frauenanteil nur 17 Prozent. Damit kommen sie sogar „besonders selten als Expertinnen zu Wort“, so die Untersuchung der Universität Rostock. Deutlich höher liegt der Frauenanteil im Bereich Reportage/Magazin/Dokumentation, wo immerhin 41 Prozent der „Hauptakteure“ weiblich sind.

Das Team um die Rostocker Kommunikationswissenschaftlerin Elizabeth Prommer hat für die aktuelle Untersuchung 174 Informationssendungen zum Thema Corona der ARD sowie bei RTL, Sat.1 und im ZDF ausgewertet. Untersuchungszeitraum war die zweite Aprilhälfte dieses Jahres. Prommer hatte für die MaLisa-Stiftung 2017 auch die große Diversitätsstudie zu Film und Fernsehen durchgeführte, die erstmals das gesamte deutsche TV-Programm mit Blick auf Geschlechterrollen analysiert hat. Eine Fortschreibung dieser Studie ist derzeit in Arbeit und soll im kommenden Jahr veröffentlicht werden.

Auch in Zeitungen dominieren die Männer

In der Corona-Berichterstattung im Fernsehen waren laut der jetzt präsentierten Untersuchung Frauen am häufigsten als Expertinnen für die Bereiche Bildung (45 Prozent) und Soziales (31 Prozent) gefragt. Bei den befragten Virolog*innen ohne Leitungsfunktion betrug der Frauenanteil 27 Prozent, bei denen mit Leitungsfunktion nur 7 Prozent, so die Studie.

Im Bereich der Epidemiologie und Infektionsforschung waren sogar 94 Prozent der Befragten männlich. Laut der Studie stellen Frauen dabei einen Anteil von 47 Prozent aller Ärzt*innen in Deutschland, auch im Bereich der Virologie, Infektionsepidemiologie und Mikrobiologie sei der Frauenanteil mit rund 45 Prozent ähnlich hoch.

Bei den Printmedien ergibt sich ein ähnliches Bild. Hier hat das Institut Prognosis knapp 80.000 Online-Artikel aus 13 Titeln – alle überregionalen Blätter plus Stern, Spiegel, Focus und drei Regionalzeitungen – durchforstet. Untersuchungszeitraum war ebenfalls die zweite Aprilhälfte. Insgesamt kamen in der Berichterstattung mit Corona-Bezug rund 30 Prozent Frauen und 70 Prozent Männer vor. Als Expert*innen wurden Frauen nur zu rund 7 Prozent erwähnt. Als Forscherinnen wurden sie zu rund 5 Prozent zitiert und als Virologinnen sogar nur zu 4 Prozent genannt.

„Insgesamt kamen sowohl im Fernsehen als auch in den Online-Berichten der Printmedien mit Corona-Bezug auf eine Frau zwei Männer“, bilanziert die von der Schauspielerin Maria Furtwängler und ihrer Tochter Lisa initiierte MaLisa-Stiftung. Womit wir wieder bei der Diversitätsstudie von 2017 wären. Da sah es mit Blick auf Expert*innen genauso aus. Im Anschluss hatten alle großen Sender Besserung gelobt. Hat ja prima geklappt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

11 Kommentare

 / 
  • Man sollten mal die beiden am häufigsten präsenten Männer (Drosten und Kékule) und die beiden top-Frauen ausklammern; beim Rest dürfte das Verhältnis durchaus ausgeglichener sein.

  • "Mehr als zwei Drittel der zu Corona befragten Expert*innen sind männlich. Daran, dass es keine Virologinnen oder Ärztinnen gibt, kann es nicht liegen."

    Gute journalistische Arbeit würde darin bestehen, die Gründe für die diese 'Disparität' herauszufinden.

    Ohne dem verbreiteten Trugschluß zu verfallen, daß jegliche Disparität ein Beweis für 'Diskriminierung' sei.

    Es wäre also herauszuarbeiten, ob 'Diskriminierung' im Spiel ist, und wenn ja, was ihr Anteil an der Disparität ist.

    Monokausale Erklärungen sozialer Phänomene greifen meistens zu kurz. In aller Regel ist ein Bündel von Faktoren im Spiel.

  • Es ist eine Schande! Hätten wir doch nur in allen gesellschaftlichen Bereichen eine verbindliche Quote. Die Welt wäre eine andere, bessere.

    • @Fallmanagerin:

      Find ich auch!

      50% Frauen auf Bohrinseln, Kanalarbeiten und und....

  • Und der Grund?

    Werden Frauen seltener von den Medien angefragt? Gibt es weniger Frauen in den leitenden Positionen in den Bereichen Virologie, Infektionsepidemiologie und Mikrobiologie? Oder "drängen" sich die weiblichen Forscherinnen nicht so in die Medien und vor die Kameras und haben ein geringeres Mitteilungsbedürfnis?

  • Manchmal liegt es vielleicht auch daran, das Frauen einen geringeren Drang haben, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren. Oder einfach Angst haben, zu kontroversen Thermen Stellung zu beziehen, weil ja heutzutage fast jeder gleich von rechten und sonstigen Trollen bedroht wird.

  • Ist halt eine Männerkrankheit... "Insgesamt kamen sowohl im Fernsehen als auch in den Online-Berichten der Printmedien mit Corona-Bezug auf eine Frau zwei Männer".



    Laut WHO sind aber auch 63% der Covid-Todesopfer männlich. Da ist das Verhältnis also ganz ähnlich, d.h. es gibt eine deutliche Korrelation zwischen Todesrate und Medienpräsenz. Bzgl der Kausalität sagt das natürlich nichts aus, aber sicherheitshalber würde ich den Männern raten, sich aus aus den Medien zurückzuziehen!

  • Die Grundaussage wird nicht an einer repräsentativen Grundgesamtheit festgemacht und entwertet sich somit selbst. Zu sagen, dass 47 % Ärztinnen sind in DE oder 45 % Mikrobiologinnen sagt doch nix über die Expertenanzahl in Führungsfunktionen aus, denn nur die werden doch in der Regel per Interview oder TV-Auftritt befragt.



    Es ist also eher eine Frage warum Frauen nicht in Führungspositionen kommen um dann automatisch der INterviewparter zu sein und nicht warum die nicht grundsätzlich interviewt werden. Also mangelhafter Versuchsansatz und Aussage der Expertin aus Rostock.



    Ansonsten: Warum werden von der TAZ nicht grundsätzlich Frauen als INterviewpartner angefragt, also auch wenn der Speaker oder Chef des Instituts männlich ist? Mal nur für 4 Wochen oder so? Ergebnis und Reaktionen der Institute wäre dann ein eigener Bericht wert.

  • Wahrscheinlich waren auch Schwule, Migranten, Linkshänder und Rothaarige unterrepräsentiert. So wichtig es ist, für Chancengleichheit zu sorgen, hier sollteces um die Kompetenz der Experten gehen und nicht darum, ob irgendwelche Quoten eingehalten werden.

    • @Ruediger:

      Zumal gefragt werden sollte, was sich für Folgen aus der Repräsentanz ergeben. Wahrscheinlich keine. Ein Frau, die Virologin werden möchte, wird sich von den Verhältnissen in der Medienrepräsentanz nicht davon abhalten lassen. Hoffentlich.

  • Mir ist egal welches Geschlecht der Experte hat. Wichtig ist nur der Wahrheitsgehalt. Und ob der Experte das in verständliche Sätze pressen kann.