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Bundesgerichtshof zu Tracking-CookiesNur abnicken reicht nicht

Bei dem Setzen von Werbe-Cookies ist aktive Zustimmung erforderlich, so der Bundesgerichtshof. Für Nutzer könnte das Verbesserungen bringen.

Nicht so idyllisch für die Unternehmen: Fürs Tracking muss aktiv zugestimmt werden Foto: Ralph Peters/imago

KARLSRUHE taz | Internetnutzer müssen aktiv zustimmen, bevor Werbe-Cookies auf ihrem Computer oder Smartphone gespeichert werden dürfen. Das entschied jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Grundsatzurteil. Vor-angekreuzte Kästchen genügen nicht.

Cookies sind kleine Textdateien, die der Wiedererkennung eines Endgeräts dienen. Manche merken sich Spracheinstellungen oder den Inhalt des Warenkorbs. Für solche Cookies war immer klar, dass keine Einwilligung erforderlich ist, denn sie dienen der Durchführung des Vertrags oder berechtigten Interessen.

Umstritten waren Cookies, die zu anderen Zwecken gesetzt werden, insbesondere wenn sie den Interessen der Werbewirtschaft dienen. Soweit hier das Surfverhalten der Nutzer ausgewertet wird und Profile erstellt werden, ist künftig eine ausdrückliche Einwilligung der Nutzer erforderlich, so der BGH.

Im konkreten Fall hatte der Werbedienstleister Planet49 auf einer Webseite ein Gewinnspiel angeboten. Per Ankreuzkästchen wurde gefragt, ob ein Teilnehmer einverstanden ist, dass sein „Surf- und Nutzungsverhalten“ ausgewertet wird, um „interessengerichtete Werbung“ zu ermöglichen. Dabei war das Häkchen bereits gesetzt. Wer sich für das Gewinnspiel registrierte, stimmte in der Regel also auch der Nutzung von Werbe-Cookies zu. Wer dies nicht wollte, hätte das bereits gesetzte Häkchen entfernen müssen.

Bundestag wollte EU-Recht nicht umsetzen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hielt diese Lösung für rechtswidrig und klagte gegen Planet49. Der (BGH) bat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) deshalb um Auslegung des zugrundeliegenden EU-Rechts. Der EuGH entschied im September 2019: Vor-angekreuzte Kästchen sind keine wirksame Einwilligung. Dem folgte nun der BGH.

Dabei hatte der BGH allerdings eine Schwierigkeit zu überwinden. Im deutschen Telemediengesetz (§ 15 Abs. 3) steht, dass es genügt, wenn der Nutzer „nicht widerspricht“. Auf Druck der Werbewirtschaft hatte sich der Bundestag bisher einfach geweigert, das strengere EU-Recht umzusetzen. Die Bundesregierung behauptete frech, das deutsche Recht genüge bereits den EU-Anforderungen.

Der BGH wendete das Argument nun – ebenso dreist – ins Gegenteil. „Wenn die Bundesregierung erklärt, das deutsche Recht entspreche dem EU-Recht, dann ist das Telemediengesetz eben im Sinne des EU-Rechts auszulegen“, so der Vorsitzende Richter Thomas Koch. Das heißt, der Nutzer muss doch aktiv zustimmen. Das ist zwar etwas verwirrend, aber im Ergebnis immerhin verbraucherfreundlich. (Az.: I ZR 186/17)

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9 Kommentare

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  • "Cookies sind kleine Textdateien, die der Wiedererkennung eines Endgeräts dienen."

    Erst einmal ist das falsch und wird eigentlich immer in den Medien falsch dargestellt.



    Cookies sind Dateien die ein Browser anlegen kann um Zustände einer Website zu speichern.



    Dieser techn. Mechanismus wurde ersonnen um nicht auf einen Server zig Tausende bis Millionen Zustände von verbundenen Endgeräten zu speichern und zu verwalten und um Interaktive Webseiten zu ermöglichen. Also intelligente Menues, etc...

    Irgendwann wurde dann damit begonnen Cookies zu missbrauchen:



    Es wurden Daten gespeichert die das Nutzerverhalten über die Steuerung de Webseite hinaus verfolgen.

    Dazu, Cookies sind nicht ein Einzelproblem, sondern Fingerprinting im allgemeinen,



    Betriebssystem, Browser, Bildschirmgröße, installierte Schriften, installierte Plugins, etc... können auch ohne Cookies einen Nutzer im Netz eindeutig identifizieren!

    Das Problem ist auch nicht Werbung auf Webseiten per se (außer das einem der Bildschirm mit flimmerndem Schwachsinn zugekleistert wird), sondern das für jedes Banner eine zum Teil zweistellige Zahl von Schnüffelscripts im Hintergrund läuft mit denen versucht wird die Wirkung der Werbung zu analysieren, denn nur wenn Sie auf die Werbung stark reagieren verdient der der die Werbung verwaltet und gestaltet Geld damit.

    Außerdem kommen Browser quasi an alle Infos eines Computers!!! Mikrophon, Lautsprecher, Kameras, Netzwerkschnittstellen (und somit auch welche Geräte sich in ihrer Nähe befinden), installierte Drucker, GPS Sensoren,...

    PS: Neben Bildschirmfläche und Privatsphäre kostet das auch Energie und verursacht so imense Umweltschäden!

  • Ist das geil!



    Da müssen die Richter des BGH (auf Druck des EuGH) unserem offenbar mehr als lobbyversifften Gesetzgeber mal wieder zeigen was eine Harke ist.



    Eine Schande.



    Und dann wundern sich die Damen und Herren aus der Bundeshauptstadt dass ihnen die Wähler davonlaufen ?

  • Diese Cookie-Zustimmerei ist einfach nur nervig und überhaupt nicht verbraucherfreundlich. Als Verbraucher möchte ich einen möglichst unkomplizierten Umgang zu kostenlosen Inhalten und Werbung die für mich möglichst interessant ist.

  • In der Sache ist die BGH-Entscheidung sicher richtig, daran, dass sie im Zusammenspiel mit dem zeitgenössischen Web-Design auch wirklich verbraucher- bzw. benutzerfreundlich ist hätte ich dennoch Zweifel. Wer seinen Browser so konfiguriert hat, dass die Cookies bei jedem Beenden gelöscht werden die entsprechenden Abfragen bei jedem Seitenaufruf wieder angezeigt, da anderweitige Pop-Ups die für Newsletter, Registrierung, Abos, etc. werben ebenfalls auf immer mehr Seiten Verbreitung finden führt das dazu, dass man genötigt ist bei jeder neu geöfneten Webseite erst einmal zwei Pop-Ups wegklicken zu müssen bevor man an den gewünschten Inhalt gelangt.

    • @Ingo Bernable:

      Geht mir genauso. Die Einstellung "Cookies nach schliessen des Browsers löschen" habe ich inzwischen geändert, weil es einfach zu nervend ist, täglich dieselben Cookies abzulehnen, zum Teil akzeptieren ich nun welche, die ich niemals akzeptieren wollte. Der Nervfaktor der Regelung ist so gross, dass ich mich dazu entschieden hab, schlechtere Sicherheitseinstellungen zu akzeptieren. Was mich selbst ärgert, aber so wirkt meine Bequemlichkeit halt zugegeben. Jedenfalls insgesamt ist das ganze Cookie Gesetz eine äusserst schlechte Regelung, erdacht von Leute, die wirklich keine Ahnung haben. Fast ist man geneigt, den Piraten hinterher zu trauern, das wären die einzigen, denen ich eine halbwegs brauchbare Lösung des Problems zugetraut hätte.

      • @Stechpalme:

        Das Problem ist so ähnlich wie damals, als Spam durch die Vorschrift bekämpft werden sollte, einen Opt-Out-Link in den Nachrichten einzubauen:



        Entweder habe ich die gesetzeskonformen Anbieter im Blick und gebe ihnen dafür technische Möglichkeiten, die auch missbräuchlich nutzbar sind oder ich setze darauf, die Machbarkeit technisch zu verhindern und muss dann damit leben, dass technisch neue Wege für dasselbe Ziel gefunden werden. So wie bei den Do-not-Track-Signalen, die dann selbst für Tracking genutzt wurden.



        Das Problem ist so einfach nicht lösbar. Wir müssten das von der wirtschaftlichen Seite angehen, dass Werbung einfach nicht mehr die Finanzierungsquelle für Inhalte und Dienste sein darf, dann wäre etwas gekonnt.

    • @Ingo Bernable:

      Es ist auch nicht "benutzerfreundlich", als Autofahrer nachts an einer roten Ampel halten zu müssen, obwohl weit und breit kein anderer Verkehr zu sehen ist. Die Unterstellung, dass Sie (oder irgendwer) bei juristischen Entscheidungen ein Recht auf Benutzerfreundlichkeit hätten, mutet seltsam an.

      Wenn Sie wollen, dass sich Webdesign wieder zu Ihren Gunsten ändert, dann lassen Sie es den Betreiber wissen oder treffen Sie ein neue Konsumentscheidung.

      Die Webseiten mit den meisten Benutzern haben Sie mit diesem Problem sowieso noch niemals belästigt. Das liegt unter anderem daran, dass diese Webseiten ein echtes Produkt zu bieten haben und die Webseite nicht nur als Vehikel für Werbeeinnahmen bzw. Einnahmen aus dem Datenhandel betreiben.

      Was auch gleich verdeutlicht, woran Sie Ihre Konsumentscheidung ausrichten könnten. Wenn eine Webseite Sie nach Ihrer Einwilligung zur Werbung fragt, dann ist sie wahrscheinlich Ihre Aufmerksamkeit nicht wert.

      • @nanymouso:

        "Die Unterstellung, dass Sie (oder irgendwer) bei juristischen Entscheidungen ein Recht auf Benutzerfreundlichkeit hätten, mutet seltsam an." Aber auch nur deshalb weil sie ganz offensichtlich dort Dinge hineininterpretieren die dort gar nicht stehen. Berechtigte Kritik an Dingen zu artikulieren bedeutet eben nicht zwangsläufig auch irgendein Recht auf .... einzufordern.

  • Und jetzt frage sich mensch, woher diese vielen (idiotischen, ich weiss) Verschwörungstheorien herkommen.

    "Der Bundestag" wird mit der Werbeindustrie im Bett erwischt (s.o.) und wird nicht einmal rot. Business as usual.