AfD gegen ostdeutsche Zivilgesellschaft: Start für die „Trockenlegung“
Die AfD und ihre Verbündeten kippen in Pirna die Unterstützung für ein linkes Projekt. Die Rechten wollen so die Zivilgesellschaft bekämpfen.
In der sächsischen 38.000-Einwohner-Stadt Pirna am Elbeeinstieg war nun zu beobachten, dass ultrakonservative kommunale Mehrheiten diese Absicht auch tatsächlich umsetzen. Der lokalen „Aktion Zivilcourage“ wurden sämtliche kommunalen Mittel gestrichen. Das wurde in der Stadtratssitzung am 21. April von AfD, Freien Wähler und der Initiative „Pirna kann mehr“ mit 15 von 26 Stimmen durchgesetzt. Die lokalen Verbündeten der AfD sind alte Bekannte: Hinter „Pirna kann mehr“ stehen die zerstrittenen Reste der „Blauen Wende“ der früheren AfD-Vorsitzenden Frauke Petry.
Die „Aktion Zivilcourage“ hatte sich einst mit ihrer Kinder-, Jugend- und Sozialarbeit gegen Rechts einen auch bundesweit bekannten Namen verschafft. Projektleiter Franz Werner bedauert nun den „traurigen Dämpfer“ und das Ende „der mehr als 20 Jahre andauernden erfolgreichen und guten Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung Pirna“. Das jetzt 9.000 Euro von der Stadt fehlen, sei aber keine existenzielle Gefahr, sagt Geschäftsführer Sebstian Reißigeinen. Durch Ministerien, Stiftungen, Projektmittel und Eigenleistungen sei der Verein solide finanziert.
Reißig sagt, er würde es verstehen, wenn wegen der Pandemie gespart werden müsste. Die Kürzung durch die AfD und deren Verbündete habe aber eindeutig „andere Gründe“. Vor allem sorgt man sich bei „Zivilcourage“ um das Zeichen, das von der Entscheidung ausgeht, um das Sägen „am Fundament unserer Arbeit“.
Eigentlich besitzt die „Zivilcourage“ gute Kontakte auch in bürgerlich-konservative Kreise hinein. In der „Szene“ gilt das Projekt als gemäßigt und eher staatstragend. „Wir sind um Deeskalation bemüht, es geht nur zusammen“, sagt Geschäftsführer Reißig. Gegen das Streben der AfD alles „auszutrocknen“, was sich deren rechten Ideen entgegenstellt, half das der „Zivilcourage“ allerdings nichts. Mit einer Crowdfunding-Kampagne wollen die Mitglieder nun die finanziellen Verluste ausgleichen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen