Lockerungen nach Shutdown: Dänemark traut sich
Nach Österreich will Dänemark als nächstes europäisches Land schrittweise den Shutdown lockern. Schulen könnten kommende Woche wieder öffnen.
Bereits ab Mittwoch kommender Woche könnten in Dänemark Kinderkrippen und -gärten, Vorschulen und Schulen bis zur fünften Klasse, sowie Freizeiteinrichtungen für diese Altersgruppe wieder öffnen. Für alle anderen Schulausbildungen gilt weiterhin Unterricht aus der Distanz, Berufsschulen sollen aber vorübergehend zum Ablegen von Prüfungen geöffnet werden können.
Während für Beschäftigte im öffentlichen Sektor weiterhin Arbeit im Homeoffice die Priorität sein soll, werde Privatunternehmen empfohlen, wieder zu einer „normalen“ Arbeitsorganisation zurückzukehren, soweit das auf eine „verantwortungsvolle Art und Weise“ möglich sei. Man werde dafür auch den Verkehr mit Bussen und Bahnen wieder ausweiten.
Möglich sind solche Erleichterungen laut Frederiksen, weil die bisherigen Restriktionen zusammen mit persönlichen Verhaltensregeln – Händewaschen, Abstandhalten und Verzicht auf unnötige Reisen – mittlerweile erste stabile Resultate gezeigt hätten. Die Intensivpflegekapazität der Krankenhäuser sei nicht überschritten worden – im Gegenteil würden die Reserven wieder ansteigen.
Kontrollierte Ausbreitung
Die vorher recht steile Infektionskurve, bei der laut Statistik, die gesicherte Neu- und Altinfektionen miteinander vergleicht, rechnerisch ein Corona-Infizierter 2,4 andere ansteckte, sei nun auf 1,4 gesunken. Noch ist die Rate nicht unter 1 abgesunken, aber das ist laut der staatlichen Gesundheitsbehörde auch nicht das Ziel. Das Virus werde sich ausbreiten und über eine wachsende Durchseuchung werde sich der Immunitätsgrad in der Bevölkerung steigern. Wichtig sei aber eine „kontrollierte“ Ausbreitung.
„Wir haben keine Strategie der Herdenimmunität“, betonte Frederiksen, aber die werde „leider die Konsequenz der jetzigen Situation“ sein. Bis es einen Impfstoff oder effektive Behandlungsmöglichkeiten gebe, werde sich ein Großteil der Bevölkerung angesteckt haben, auch die Zahl der Toten werde steigen. Das müsse man akzeptieren, um die Gesellschaft wieder öffnen zu können.
Sollte die erste Phase der Lockerung erfolgreich verlaufen, will Frederiksen als nächstes Restaurants, Cafés und Friseure wieder öffnen. Bis Ende August werde es weiterhin keine kulturellen Großveranstaltungen wie das Roskilde-Festival geben. Kultureinrichtungen wie Bibliotheken und Kinos müssen zunächst bis 10. Mai geschlossen bleiben, auch Versammlungen von mehr als zehn Personen bleiben bis dahin verboten, ebenso sollen die Grenzen verschlossen bleiben.
Von Beginn an hatten die staatlichen Gesundheitsbehörden nur gezielte Maßnahmen gegen Covid-19 empfohlen, doch Frederiksen entschied sich für umfangreichere Restriktionen. Bei der schrittweisen Lockerung des dänischen Shutdowns bezog sie sich nun ausdrücklich auf Behördenempfehlungen. Die Resultate, die man bislang habe aufbauen können, seien noch ein „Kartenhaus“, sagte Frederiksen. Wenn nun nicht alle geduldig seien, „kann das schneller wieder zusammenfallen, als wir uns das vorstellen können“.
Über Ostern müssen sich die DänInnen noch gänzlich zurückhalten. Die Polizei kündigte an, die Präsenz um 25 Prozent zu erhöhen und verstärkt Kontrollen durchzuführen.
Norwegen will Epidemie unter Kontrolle haben
In Norwegen wagt die Regierung, noch weiter zu gehen: „Wir haben die Coronaepidemie unter Kontrolle“, verkündete Gesundheitsminister Bent Høie am Montagnachmittag. In Norwegen sei die anhand der Zahl von Alt- und Neuinfektionen errechnete wahrscheinliche Ansteckungsrate binnen drei Wochen von 2,5 auf 0,7 gesunken. Der Intensivpflegebedarf nehme von Tag zu Tag ab. Wie es mit den Beschränkungen des öffentlichen Lebens weitergehen soll, will Ministerpräsidentin Erna Solberg am Mittwoch mitteilen.
Ähnlich wie Dänemark hatte Norwegen seine Grenzen abgeriegelt – nur Saisonarbeitskräfte, die in der Fischindustrie und in der Landwirtschaft benötigt werden, dürfen sie noch passieren. Schulen und Kindergärten wurden geschlossen und ein Verbot von Versammlungen von mehr als fünf Personen eingeführt. Auf lokaler Ebene wurden Restaurants geschlossen und Reisebeschränkungen erlassen. Weitreichende Kontaktverbote, wie sie etwa in Deutschland gelten, galten aber weder in Dänemark, noch in Norwegen.
Links lesen, Rechts bekämpfen
Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen