Werbevideo einer Bäckerei: Spachteln wie im Baumarkt
Die Chefin einer österreichischen Bäckereikette erinnert uns an das Wesentliche im Leben: Topfengolatschen. Und wir nageln sie uns rein.
Haben Sie Hunger? Das ist gut. Haben Sie vor lauter Corona vergessen, wie das nochmal geht: Essen? Noch besser. Für diesen Fall nämlich erklärt es Ihnen und all den „lieben Heimwerkerinnen“ und „Heimwerkern“, die nach Ostern in Österreich endlich wieder in den Baumarkt durften, Bäckereiinhaberin Doris Felber höchstpersönlich in einem Werbevideo. Denn auch Baumarktgänger*innen wollen was zu beißen haben – und wissen außerdem, mit Hammer und Nagel umzugehen: „Häckseln Sie ein Weckerl nach'n andern hinein. Nageln Sie sich in der Pause eine Topfengolatsche. Schrauben Sie sich einen Kürbiskernspitz hinein. Zerrreißen Sie ein Mohnweckerl!“
Frau Felber ist mit Herzblut dabei. Sie strahlt, als wäre sie gerade aus einem tausendjährigen Schlaf inmitten eines baumarktgroßen Brötchenkorbes erwacht, und könnte ihr Glück schier nicht fassen. Ihr Bewegungsablauf ist flüssig wie der eines gut geölten Schwingschleifers, was für die Qualität ihrer Produkte, von denen sie sich mutmaßlich ernährt, und damit ihre Werbebotschaft spricht. Die Schnitte zwischen jeder der gepriesenen Backwerke sind präzise wie mit einer Heckenschere und immer gerade in dem Moment gesetzt, vor dem Felber allen Heimwerkerinnen dieser Welt ihre Topfengolatschen durch die Kameralinse hindurch in den Mund nageln würde.
Es sind außergewöhnliche Zeiten: Wer hätte vor ein paar Wochen geahnt, wie systemrelevant eine „Aromasemmel“ ist? Aber sie werfen doch ein Licht auf das Gewohnte, die Zeiten der Gewöhnlichkeit. In denen einem niemand Backwerk zum Sichreinschrauben vorsetzt. In denen niemand einem die grundlegendsten Features des eigenen lebendigen Körpers mimetisch vormacht. Und wenn doch, das nicht so sagt.
„Ist das, was wir in diesem aktuellen ‚Felber‘-Video sehen, eigentlich die Anwesenheit oder die Abwesenheit von Werbeagenturen?“, fragte ein Twitter-Nutzer. In der Tat: Was ist hier eigentlich los? Hat Felber das Video aus Scham vom firmeneigenen Facebook-Account wieder heruntergenommen? Ein schiefgegangener Viral-Versuch? Oder ist das Ganze ein geniales Spiel in der Ofenwärme einer in der Krise schlingernden Ladung Gegenwartsgolatschen? Und ist das überhaupt wichtig?
Zum Ende des Videos setzt Felber dann buchstäblich dazu an, von der Erde abzuheben: „Häckseln, streichen, bohren, nageln“, hämmert sie, als könnte sie ewig so weitermachen.
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