piwik no script img

Kaija Kutter über einen ungewöhnlichen SemesterstartAussieben ist nicht

Es ist die richtige Entscheidung der Kultusminister, das Sommersemester 2020 nun am 20. April auch offiziell überall zu starten. Denn es gilt für Studierende im Prinzip auch, was für Schüler gilt. Der Lehrbetrieb, auch wenn er nur digital stattfindet, bietet in der sehr unsicheren Situation des Corona-Shutdowns ein Stück Halt, Orientierung und Normalität, die auch junge Erwachsene brauchen.

Es hilft jetzt kein Lamentieren über zögerliche Digitalisierung in der Vergangenheit oder knappe Mittel. Was möglich ist, soll Studierenden angeboten werden. Das klassische Fernstudium gibt es schließlich auch schon seit Jahrzehnten.

Aber klar ist auch: Dieses Semester kann nicht wie ein normales gewertet werden. Das heißt, maximale Fairness, Aussieben ist grad nicht. Missglückte Prüfungen, etwa für Statistikanalysen in den Sozialwissenschaften, dürfen unter diesen Bedingungen nicht gewertet werden. Alles was gut gelingt, dagegen schon. Die Hochschulen sollten schnell ihre Prüfungsordnungen entsprechend anpassen. Misstrauen gegenüber möglicherweise erschlichenen Leistungen ist in dieser Lage fehl am Platz.

Digitalisierung ist auch kein Zauberwerk. Man hört aus anderen Bundesländern schon, dass das Online-Kurs-Angebot ausgedünnt ist, weil die Ad-hoc-Umstellung auf digitale Lehre viel Arbeitskraft bindet. Ein finanzieller Sonderzuschlag für die Lehre wäre gut, auch um Jobs innerhalb der Unis zu schaffen.

Auch sollte man jetzt schon gesondert auf die Gruppe der Studienabbrecher schauen. Die ist eh schon viel zu hoch. Sollte es einen Corona-Sondereffekt geben, muss die Politik rückwirkend Maßnahmen ergreifen, um diesen Schaden zu heilen. Vielleicht muss dann sogar die eine oder andere Online-Lösung wieder auf den Prüfstand, weil der menschliche Kontakt wichtig ist.

Und je nach dem, wie lange die Läden, Restaurants und Kulturbetriebe noch schließen müssen, wäre auch die Idee einer Grundsicherung für Studierende oder eines temporär elternunabhängigen Bafögs sicher nicht verkehrt, da doch das Jobben kaum möglich ist. Wenn auch die Studierenden in dieser Zeit Sicherheit erfahren, hilft es der ganzen Gesellschaft.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen