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Lieferketten mit Waren funktionierenAlles im grünen Bereich

Auch nach Grenzschließungen in Europa werden deutsche Geschäfte mit genug Lebensmitteln beliefert, doch Transportkapazitäten könnten knapper werden.

Kein Risiko eingehen: Einkauf mit Schutzmaske und -brille Foto: Daniel Biskup/dpa

Berlin taz | Am deutschen Grenzübergang zur Schweiz in Waldshut-Tiengen kriechen die Lkw am Montagmorgen über die Rheinbrücke. Die Grenzquerung im Südwesten Baden-Württembergs kommt in beide Richtungen nur schleppend voran, aber die Lkw können problemlos vom einen Land in das andere fahren. Denn trotz der Grenzkontrollen, die wenige Stunden zuvor in Kraft getreten sind, ist der Warenverkehr freigegeben.

Die vielen Lkw seien um diese Uhrzeit nicht ungewöhnlich, erklärt einer der beiden deutschen Zöllner bei einer Raucherpause. „Stau wegen des Warenverkehrs haben wir hier eigentlich immer, auf beiden Seiten der Grenze. Seit heute kontrollieren wir aber jeden Personenwagen.“ PendlerInnen mit Grenzgängerausweis dürfen passieren, deutsche FahrerInnen aus der Schweiz ausreisen. Einige Autos mit Schweizer Kennzeichen müssen wenden und in der Lkw-Kolonne wieder in die Schweiz zurückfahren.

Am Montagmorgen sind die Grenzschließungen Deutschlands zur Schweiz, zu Österreich und zu Frankreich in Kraft getreten. Wegen der Coronakrise haben immer mehr Länder in Europa ihre Grenzen geschlossen – für den Personenverkehr. Der Warenverkehr soll davon nicht beeinträchtigt werden. Die Versorgungslage in Europa, auch im derzeitigen Epizentrum der Coronakrise in Norditalien, ist gut.

Das gilt auch für Deutschland, wo sich in der vergangenen Woche viele Menschen mit Nudeln, Eiern oder Toilettenpapier eingedeckt haben. In Deutschland könnten zwar bald die Läden geschlossen werden – aber die Supermärkte bleiben offen. Und sie werden auch genug Nachschub bekommen. „Die Waren für die Bevölkerung sind da“, betont Martin Bulheller vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL).

Kein Grund zur Sorge

Die Furcht vor fehlenden Lebensmitteln wird auch genährt durch Bilder langer Lastwagenschlangen, wie sie etwa am Montagmorgen an der deutsch-polnischen Grenze zu sehen waren. Deutschland grenzt an neun verschiedene Länder. „Jedes Land hat andere Regeln für den Güterverkehr“, sagt Bulheller.

Dennoch: Die Lieferketten funktionieren weiterhin. „Es gibt keinen Grund zur Sorge“, sagt ein Sprecher des Bundesverkehrsministeriums (BMVI). Das Ministerium sei mit Verbänden, Lebensmittelketten und Landesministerien in Kontakt und spiele Szenarien und erforderliche Maßnahmen durch. Sollten etwa die Lieferzeiten für Supermärkte ausgedehnt werden, müssten die Kommunen längere Annahmezeiten genehmigen.

Das Problem: Lange Wartezeiten an den Grenzen binden Lkw-Fahrer und damit Kapazitäten für die Lieferung von Kartoffeln, Seife und anderem. Die Branche leidet unter Personalmangel. Durch die Grenzschließungen könnte sich die Lage verschärfen, weil ungeklärt ist, ob und wie Fahrer etwa aus Polen an ihren Wohnsitz zurückkehren können. Die polnische Regierung hat die Grenzschließung damit verbunden, dass einreisende Staatsbürger in Quarantäne müssen. Unklar ist, ob und unter welchen Voraussetzungen das auch für Lkw-Fahrer gilt, sagt Bulheller. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) ist dem Sprecher zufolge mit seinem polnischen Kollegen im Gespräch, um möglichst schnell Klarheit zu schaffen.

In Deutschland haben die Bundesländer bereits reagiert, damit der Nachschub an Haferflocken, Zwiebeln oder Hygieneartikeln für Supermärkte und Drogerien gewährleistet bleibt. So ist das Sonntagsfahrverbot für Lkw faktisch nicht mehr in Kraft. „Aber damit haben die Fahrer noch keine flexibleren Lenk- und Ruhezeiten“, sagt Bulheller. Die zulässigen Fahrzeiten sollen verlängert werden, fordert der Verband. Über solche Maßnahmen will das Bundesverkehrsministerium noch in dieser Woche mit Verbänden der Logistikbranche sprechen.

Deutsche Bahn mit mehr Kapazitäten

Minister Scheuer hatte am Wochenende gegenüber der Bild-Zeitung als „Worst-Case-Szenario“ die Belieferung von Supermärkten durch die Bundeswehr ins Spiel gebracht. Das kommt in der Transportbranche nicht gut an. „Der Bundesminister sollten nicht in erster Linie über den Einsatz der Bundeswehr nachdenken, sondern vor allem den Unternehmen helfen, den Güterverkehr aufrechtzuerhalten“, sagt Armin Riedl, Geschäftsführer der Eisenbahngesellschaft Lokomotion, dem größten Anbieter im Schienenverkehr zwischen Deutschland und Italien. „Leider vernehmen wir bisher noch keine konkreten Maßnahmen seitens des BMVI“, kritisiert er.

Die grenzüberschreitenden Transporte auf der Schiene laufen wie sonst auch, mitunter sogar besser. Denn durch den Ausfall von Personenzügen sind die Schienen häufiger frei, ansonsten übliche Wartezeiten entfallen. Die Deutsche Bahn bietet zusätzliche Kapazitäten an, könnte also einen Teil möglicherweise wegbrechender Lkw-Transporte auffangen „Wir fahren alles, was die Kunden wollen“, erklärt DB Cargo-Chefin Sigrid Nikutta. Auch beim Netzwerk Europäischer Eisenbahnen ist alles im grünen Bereich. „Im Moment läuft alles rund“, sagt ein Sprecher.

Güterzüge zwischen Deutschland und dem von der Coronakrise schwer getroffenen Italien fahren reibungslos weiter. Laut Lokomotion werden weniger Stahl und Autoteile und mehr Lebensmittel transportiert. Die Lokomotivführer können sich zumindest bei der Arbeit nicht anstecken. Sie fahren den Zug bis zum Brenner und steigen dort aus. Danach übernehmen je nach Richtung Kollegen aus Italien oder Deutschland den Zug. Sie begegnen sich nicht. Ein Güterzug ersetzt 37 Lkw.

„Die Bundesregierung, die Landesregierungen und die europäischen Partner müssen alles tun, um den Warenverkehr aufrechtzuerhalten“, fordert Lokomotion-Chef Riedel. Dazu zählten finanzielle Hilfen für die Eisenbahnunternehmen. Denn die absolute Warenmenge nimmt ab. Ab bestimmten Grenzen ist ein Zug unwirtschaftlich und wird nicht mehr eingesetzt – was in großem Maßstab auch Folgen für die Lebensmittelversorgung haben könnte.

Noch gibt es keine Regeln, welche Bescheinigungen etwa des Arbeitgebers die Lokführer bei der Grenzüberschreitung mitführen müssen. Das kann zu Schwierigkeiten führen, wenn die Eisenbahner zu ihrem Einsatzort oder zurück durch Österreich und die Schweiz fahren müssen.

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6 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

Wir machen Silvesterpause und schließen ab Montag die Kommentarfunktion für ein paar Tage.
  • Lieblingsthema Klopapier!



    Wie nur konnte sich die Menschheit über Millionen Jahre entwickelt, ohne: Klopapier?



    Bitte mal einen Spaß Song raushauen, Raab oder so?

    • @Tom Farmer:

      Den Spaßsong gibt es schon ewig:



      Saßen 2 Gestalten auf dem Donnerbalken



      und sie riefen - Klopapier...ff



      Ich habe jetzt keinen Link zu einer mir gefälligen Version.



      Gibt es aber auf YouTube bis zum Abwinken

    • @Tom Farmer:

      Mit dem Toilettenpapier ist das so eine Sache, es wird momentan schließlich gebraucht.

      Einer hustet und hundert machen sich in die Hosen!

  • Wenn der Shutdown länger anhält, sehe ich vor allem in zwei Bereichen größere auf uns zukommen: In der Landwirtschaft und im Transportwesen könnten wegfallende Arbeitskräfte und evtl. auch eine Verknappung von Dieselkraftstoff zu erheblichen Einschränkungen führen, die uns alle empfindlich treffen würden. Arbeitskräfte fallen zum einen durch die eingestellte Kinderbetreung, aber auch durch das Schließen der Grenzen weg. Diesel könnte knapp werden durch noch unvorhersehbare internationale Verwerfungen. Zwar könnte man Diesel teilweise durch Pflanzenöl ersetzen, aber das müsste ja erst produziert werden und die allermeisten Motoren müssten zumindest umgebaut werden. Hier rächt sich unsere jahrzehntelange Bevorzugung des LKW gegenüber der Bahn. Gerade in der Fläche fehlen vielerorts heutzutage die Schienenwege, um die Waren zu verteilen. Außerdem haben die Bahnunternehmen zu wenig Loks, Wagen und Personal. Vor allem die vorhandenen Loks sind meist auch technisch hochkomplex und somit oft anfällig und im Reparaturfall sehr oft auf Ersatzteile aus dem Ausland angewiesen. Das Wagenproblem ließe sich evtl. noch durch Ausbau von Sitzen aus frei werdenden Personenwagen lösen, aber über ausreichend robuste und einfach konstruierte Loks verfügt höchstens noch die Bahn AG mit ihrem relativ musealen Rollmaterial. Insbesonders die E-Loks der Baureihe 111 und die Diesel-Loks der Baureihe 218 könnten demnächst zum Rückgrat der Versorgung werden. Gerade letztere sind auf fast jeder Strecke einsetzbar, ohne spezielle Schulung für jeden Lokführer fahrbar, extrem robust und sehr zugkräftig, so dass auch sehr lange Züge und damit große Gütermengen von nur einem Mann befördert werden können.



    In der Landwirtschaft könnte man freiwerdende Kräfte aus anderen Branchen einsetzen, ob das allerdings auf der Basis der Freiwilligkeit funktioniert, kann man nur hoffen.

  • Wenn wir jetzt all einfach mal weniger konsumieren, wird alles halb so wild. Man muss nur den Drang nach täglicher Nahrungszufuhr und Hygiene besiegen. Das Gute an der Krise ist, dass sie manchen von uns eine Rückbesinnung auf präkapitalistische Zeiten eröffnet und diese dressierte Konsumgesellschaft zur gesunden Beschränkung zwingt.

  • Heute hat mir eine Verkäuferin erzählt, dass irgendein Witzbold, wahrscheinlich im Netz, das Gerücht verbreitet hat das Netto ( keine Ahnung ob alle oder nur der in meiner Straße in Hannover ) heute um 10:00 Uhr wieder schließt. Sie meinte das vor dem Öffnen schon eine lange Schlange vor der Tür stand. Frische Sachen gibt es ohne Ende, aber ansonsten waren sogar die Küchenrollen ausverkauft. Bestimmt als Klopapier-Ersatz.