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Vorwahlen in den USANicht glaubwürdig

Dorothea Hahn
Kommentar von Dorothea Hahn

Das Wahlchaos in Iowa ist eine Katastrophe für die Demokraten. StrategInnen suchen nun verzweifelt nach einem externen Verantwortlichen.

Anhänger des demokratischen Kandidaten Bernie Sanders in Des Moines, Iowa Foto: Mike Segar/reuters

I owa bietet alle vier Jahre die Kulisse für den Auftakt zu einer US-amerikanischen Politfolklore der ganz besonderen Art: die Vorwahlen. Dabei trifft die Basis in einem extrem teuren, extrem langen und extrem komplizierten Verfahren, das je nach Bundesstaat variiert, eine Vorauswahl für den oder die nächste PräsidentschaftskandidatIn.

Der kleine, überwiegend weiße und sehr agrarische Bundesstaat im Mittleren Westen ist zwar nicht repräsentativ für den Rest des Landes. Aber die Vorauswahl von Iowa ist dennoch viel mehr als nur ein erster Test. Sie hat einen kaum zu unterschätzenden Symbolwert für den Rest des Wahlkampfs. Denn die SiegerInnen von Iowa sind in der Demokratischen Partei seit dem Ende des letzten Jahrhunderts – von Al Gore über Barack Obama bis hin zu Hillary Clinton – Monate später systematisch die offiziellen KandidatInnen der Partei bei den Präsidentschaftswahlen geworden.

Das Geschehen vom Montagabend in Iowa ist eine Katastrophe für die Demokratische Partei. Bevor an dem Abend die Basis in mehr als 1.700 verschiedenen Lokalen in dem Bundesstaat zusammenkam, um ihre Delegierten zu wählen, war eine monatelange Kampagne um ihre Stimmen zu Ende gegangen. UnterstützerInnen der ursprünglich mehr als zwei Dutzend demokratischen KandidatInnen haben dabei an Hunderttausende Haustüren geklopft.

Die KandidatInnen kamen zu Tausenden von Diskussionsveranstaltungen, schüttelten Hände, umarmten und machten Selfies mit potenziellen WählerInnen. Und aus Wahlkampfkassen flossen zweistellige Millionensummen in den kleinen Bundesstaat. Allein der Betrag, den externe Gruppen, die für oder gegen eine*n KandidatIn Stimmung machen, für diesen Vorwahlkampf in Iowa ausgegeben haben, beläuft sich auf 14 Millionen Dollar. Politik in den USA ist immer auch ein gigantisches Business.

Frustration und Ärger

Doch anstatt die Bilder von strahlenden SiegerInnen und von Optimismus für die nächsten Etappen der Primaries zu produzieren, brachte der Montag in Iowa nichts anderes als Ärger und Frustration auf Seiten der DemokratInnen, Ratlosigkeit in den Fernsehstudios, die jede Menge Prominenz für ihre Sondersendungen aufgeboten hatten, und Hohn auf Seiten des Mannes im Weißen Haus, der am Abend selbst ein Wahlkampfmeeting in Iowa abgehalten hatte.

Es blieb ein Wahlabend ohne Wahlergebnis. Noch Stunden nach dem Ende der Sondersendungen, die das offizielle Ergebnis ausstrahlen wollten, und nachdem die Wahlpartys beendet und die KandidatInnen zu ihrem nächsten Vorwahlkampf in New Hampshire weitergeflogen waren, gab es in der Nacht zu Dienstag immer noch keine Zahlen aus Iowa. Die angeblich völlig sichere App, die die Ergebnisse aus den Versammlungslokalen in Iowa an die Zentrale übermitteln sollte, funktionierte nicht.

Da die Partei dieses Mal nicht wie nach der Niederlage von Hillary Clinton im Jahr 2016 mit dem Finger auf Russland weisen kann, suchen demokratische StrategInnen nun verzweifelt nach einem anderen externen Verantwortlichen für das selbst verschuldete Debakel. Am Wahlabend fiel ihnen vor allem das nun angeblich archaische Wahlverfahren von Iowa ein, sowie ein Kalender, der Iowa zu Unrecht zum symbolträchtigen Auftakt der Vorwahlen macht. Nachdem die Partei bis zum Wahlabend das Gegenteil gesagt hat, macht sie das weder glaubwürdiger noch wählbarer.

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Dorothea Hahn
Korrespondentin
Kommt aus Köln. Ihre journalistischen Stationen waren Mexiko-Stadt, Berlin, Paris, Washington und New York.
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15 Kommentare

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  • Interessant ist, dass Buttigiegs Kampagnenteam die App in Auftrag gegeben hat, die gestern angeblich Probleme gemacht hat. Also Sanders Gegenkandidat. Welch überraschung dann, dass Buttigieg überraschend gegen Sanders gewinnt.

  • Mich erinnert das Iowa



    Stimmenauszähl Desaster der Demokraten an zweierlei, einen SPD Vorsitzenden Wahlgang Landesverband Hamburg vor Jahren, wo Stimmzettel einfach verschwanden, um einen bestimmten Peter S. als Wahlsieger zu verhindern, was bis heute nicht geklärt wurde und die Destruktionstruppe Hillary Clintons 2016, Bernie Sanders als US Präsidentschaftskandidaten zu verhindern und sei es Donald Trump als das kleinere Übel zu empfehlen.

  • Ich meine mich zu erinnern, dass zu Beginn der Amtszeit von Trump Folgendes (sinngemäß) in dieser Zeitung zu lesen war:



    In der Geschichte kommen immer mal wieder Personen an die Macht, deren Hauptstärke darin besteht, die Schwächen der Anderen, bzw. des Systems offenzulegen - ohne wirklich eigene Ideen zu haben.

    Damit ist eigentlich alles gesagt.

  • LOL..... Welch wirklich unglaublicher politischer Super Gau für die Demokraten.

    Denn: wie wollen sie denn die USA regieren, wenn sie noch nicht einmal die Stimmen ihrer eigenen Vorwahl auszählen können?

    Auch das Timing könnte nicht besser sein, da dieser "kleine, unbedeutende Faux Pas" :-) einen Tag vor der "State of the union" Rede passierte. Und da Trump nun mal Trump ist wird dies ganz sicher irgendwie zum Thema machen.

    Nochmal, einfach unglaublich. Die Vorwahl in Iowa ist etwa gleichbedeutend mit der ersten TV Debatte. Wer hier versagt hat einen Makel, den er den ganzen Wahlkampf nicht mehr los wird. Und der DNC hat es doch tatsächlich geschafft nicht nur einzelne Kandidaten, sondern wirklich allen (!!!) ihrer Präsidentschaftskandidaten zu schaden - inklusive Bloomberg, und der ist ja noch nicht mal voll in den Wahlkampf eingestiegen !

    Aber genug der Häme, denn fairerweise muss man auch sagen, daß es der RNC wesentlich einfacher hatte. Denn die 2 Stimmen, die nicht an Trump gingen ließen sich natürlich sehr viel einfacher und schneller auszählen.......... :-)

  • Tja, so ist das mit der Demokratie. Da wählen die Leute einfach, wie sie wollen.

    • @Thomas Schöffel:

      Zumindest sind sie davon überzeugt, dass das was sie wählen auch das ist, was sie wollen und das wahrscheinlich auch nur deshalb, weil sie es ja gewählt haben. Wer gesteht sich schon gerne ein, dass er ständig falsche, irrationale Entscheidungen trifft, wo er doch endlich mal eine wirklich richtige Entscheidung treffen wollte. So kann man eben nicht leben.

      • @Rainer B.:

        Tja, Rainer, das sehen Sie so. Andere nicht.

        • @Thomas Schöffel:

          „Wir leben alle unter dem gleichen Himmel, aber wir haben nicht alle den gleichen Horizont.“ (Konrad Adenauer)

          • @Rainer B.:

            Gehören Sie zu der Gruppe der Leute, die gern das letzte Wort haben?

  • Es sieht für mich alles danach aus, dass Donald Trump ohnehin längst Präsident auf Lebenszeit geworden ist - Vorwahlen hin oder her.

    • @Rainer B.:

      Er nicht. Aber wenn er noch einmal wiedergewählt wird und der ökonomische Boom weitere vier Jahre anhält, dann werden ist die Demokraten sehr schwer haben, sich gegen die nächsten Republikaner durchzusetzen. Möglich, dass dann die gesamten 20er Jahre ein Republikaner im Weißen Haus ist.

      • @Dan Rostenkowski:

        Diesen „ökonomischen Boom“ gibt es allenfalls regional. Wo es ihn gibt, wurde er teuer erkauft auf Kosten der Umwelt, der sozial Schwächeren, der Gesundheit, des Rechts und der internationalen Beziehungen.

      • @Dan Rostenkowski:

        Aber Ivanka ist ja auch noch da.



        Sie wäre dann erste Präsidentin der USA.



        Und das würde bedeuten - Trump for the next ten years.



        😂🤣😂🤣



        Und was macht Donald? Berater, Minister, ...

  • 9G
    91655 (Profil gelöscht)

    Ohweh .... Trump wird wiedergewählt ....

    • @91655 (Profil gelöscht):

      Das Trampel hat noch nicht genug angerichtet auch wenn die Auftragsbücher der Rüstungsindustrie sich langsam füllen.... deshalb lassen ihn die Amis sicher noch weiter vier Jahre Unheil anrichten! Armes Amerika