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AfD streitet über RentenreformMeuthen scheitert

Der AfD-Chef möchte das Rentensystem umbauen, doch sein Plan wird intern verworfen. Damit setzt sich der rechte „Flügel“ in der AfD durch.

Sein Rentenkonzept ist manchen Parteikollegen zu neoliberal: der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen Foto: Paul Zinken/dpa

Die AfD will Ende April auf ihrem Bundesparteitag ein Rentenkonzept verabschieden – und Parteichef Jörg Meuthen droht eine Niederlage auf ganzer Linie. Die Bundesprogrammkommission, die den Leitantrag für den Parteitag vorbereitet, hat am Wochenende Meuthens Konzept endgültig verworfen, wie die taz von Teilnehmern erfuhr.

Der AfD-Vorsitzende will die gesetzliche Rentenversicherung, die durch Beiträge von ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen finanziert wird, abschaffen. Stattdessen will er eine steuerfinanzierte Mindestrente einführen, die knapp über der Existenzsicherung liegt. Darauf soll dann jeder nach den eigenen Möglichkeiten private Vorsorge draufsatteln. Daran gibt es parteiintern scharfe Kritik, seitdem Meuthen seine Ideen vor gut anderthalb Jahren auf dem Parteitag in Augsburg erstmals vorstellte.

In der Bundesprogrammkommission, die am Samstag in Erfurt tagte, fand aber selbst eine vage Formulierung, nach der die Partei langfristig Alternativen zur gesetzlichen Rente prüft, bislang keine Mehrheit. Diese könnte Meuthen zumindest ermöglichen, sein Gesicht zu wahren – was für ihn als Parteichef durchaus wichtig ist. Zumal er als möglicher Spitzenkandidat für die nächste Bundestagswahl gehandelt wird.

Doch am Ende der siebenstündigen Sitzung der Kommission gab es ein Patt, das Gremium ging ohne abschließendes Ergebnis auseinander – und wird am 7. März noch einmal zusammenkommen. „Das gibt mir Zeit, weiter für den Kompromissvorschlag zu werben, der einen langfristigen Wechsel hin zu einer steuerfinanzierten Rente vorsieht“, sagte Meuthen dazu der dpa.

Es wird eng

Danach wird es auch zeitlich eng. Zum Bundesparteitag muss sechs Wochen vor dessen Beginn eingeladen werden, so sieht es die Satzung der AfD vor. In der Regel wird mit der Einladung auch der Leitantrag verschickt. Der Parteitag trifft sich am 25. April im baden-württembergischen Offenburg, Mitte März müsste also eine Einigung vorliegen.

In der AfD gab es von Anfang an zwei Rentenkonzepte, die sich diametral gegenüberstehen – und dabei geht es auch um die Frage, wie viel staatliche Regulierung die Partei will. Neben Meuthens Konzept auf der einen Seite steht auf der anderen Seite der Vorschlag der Thüringer AfD um den Anführer des „Flügels“, Björn Höcke, und den Bundestagsabgeordneten Jürgen Pohl. Dieser setzt voll und ganz auf die gesetzliche Rente und fordert, dass auch Beamte und Selbstständige künftig in diese einzahlen. Unter bestimmten Voraussetzungen sieht er zudem Zuschläge nur für Deutsche vor.

Während die Idee, dass auch Beamte und Selbstständige einbezogen werden sollen, Eingang in den Entwurf zum Leitantrag gefunden haben soll, ist der Deutschen-Zuschlag dem Vernehmen nach inzwischen vom Tisch sei. Stattdessen, so hört man aus der Kommission, sei nun von einem steuerfinanzierten Fonds die Rede, in den für jedes Kind mit deutscher Staatsbürgerschaft und Lebensmittelpunkt in Deutschland eingezahlt werden soll – aus diesem sollen die Eltern als RentnerInnen dann profitieren.

Die Niederlage Meuthens aber geht nicht allein auf das Konto des „Flügels“, auch wenn dieser das Konzept des Parteichefs besonders geißelt. So bezeichnete der Thüringer Bundestagsabgeordnete Pohl jüngst bei einer AfD-Veranstaltung in Magdeburg Meuthens Vorschlag als parteischädigendes Verhalten – ein Frontalangriff auf den Parteichef. Aber auch andere AfD-SozialpolitikerInnen halten Meuthens Vorstellungen für zu neoliberal – oder sie fürchten schlicht die Schlagzeile: „AfD will gesetzliche Rente abschaffen“. Denn das sei den WählerInnen nicht vermittelbar.

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9 Kommentare

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  • Meuthen ist neoliberal, Höcke unglaubwürdig. AfD-Mischung halt.



    Höcke schreibt vom Rentenprogramm der Linkspartei ab. Er soll jetzt mal erklären, warum er dann in Thüringen die Kapitalparteien FDP und CDU unterstützt...

  • das durschnittsalter in der brd liegt weit uber dem globalen .in einer welt freier märkte bedeutet dies zwangsläufig dass die rentner*innen leer ausgehen oder mit dem existenzminimum abgespeist werden.



    an der stetigen zunahme der altersarmut ist nichts zufälliges.sie entspricht genau dem was zu erwarten ist wenn sich ein staat dessen bevölkerung älter ist als der globale durchschnitt auf dem weltmarkt prostituiert wie die brd es tut.

  • Nein beide Konzepte sind schlecht.



    die steuerfinanzierte Grundrente für alle ist die sozialpolitische Notwendigkeit. und zwar ohne Ausgrenzung von MigrantInnen.



    Migranten haben Milliarden € in die Sozialversicherungen eingezahlt, seit Jahrzehnten.



    Ja wer Höckes Sozialpolitik bzw. Rhetorik befürwortet ist rechtsradika.

  • Hmm. Ich würde mich in dieser Frage eher auf Höckes Seite verorten. Wahrscheinlich gilt dasselbe auch für den Großteil der deutschen Bevölkerung. Dürfen wir das oder sind wir jetzt alle rechtsradikal?

  • Beide Konzepte der AFD sind nicht dumm. Natürlich werden sie abgeschmettert, weil sie von der AFD kommen.

    Im Übrigen geht es nicht nur darum, dass Beamte und Selbständige mit einzahlen, sondern auch Freiberufler und die jenigen die Ihre eigenen Kammern haben wie Steuerberater und Rechtanwälte (also so ziemlich alle Gutverdiener), ach ja und Landwirte

    Das diese Ideen bei CDU/SPD kein Anklang finden ist klar, sie würden ihre Pensionsansprüche verlieren und mit einzahlen müssen. Bei den Grünen kommt es nicht gut an, da es ihre Wähler benachteiligen würd und die Linken lehnen es aus Prinzip ab, da der Vorschlag von rechts kommt....

    Beide Vorschläge wären aber bezahlbar und sozial gerecht.

    • @CS1984:

      Mal ganz davon abgesehen, dass Freiberufler per se auch Selbständige sind, Ihr zweiter Absatz also überflüssig ist, ist es schlicht falsch, dass sowohl Linke, Grüne als auch SPD nicht seit langem schon fordern, die Selbstständigen (und extra für sie auch die Freiberufler) und Beamten mit ins Rentensystem zu integrieren.

    • @CS1984:

      Bei dem Vorwurf an die Linkspartei übersehen Sie leider, dass die AfD bzw. deren Rechtsausleger im Grunde die wesentlichen Teile des Rentenkonzepts der Linkspartei schlicht abgeschrieben haben.

    • @CS1984:

      ich überlege dauernd, was 1984 für ein Krieg war???



      Ach - ich weiß: George Orwell 1984!!!

  • Nachdem unser Rentensystem unter der damaligen rot-grünen Bundesregierung vor die Wand gefahren wurde und windige Politiker das Rentensystem an ebenso windige Geschäftemacher verschachern wollten, ist es bis heute keiner Partei gelungen, ein Rentenkonzept zu entwickeln, das RentnerInnen aus der Armutsfalle befreit.

    Ausgerechnet von der AfD wird immer wieder erwartet, dass sie ein gutes Rentenkonzept vorlegt. Aber im Gegensatz zu den anderen Parteien diskutieren die wenigstens über Rentenkonzepte, auch wenn nicht zu erwarten ist, dass dabei etwas Vernünftiges heraus kommt.