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Verdacht auf SteuerhinterziehungHausdurchsuchung bei Gauland

Der Bundestag hebt die Immunität von AfD-Fraktionschef Gauland auf. Seine Wohnung in Potsdam wurde durchsucht.

Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung: Alexander Gauland von der AfD Foto: Annegret Hilse/reuters

Berlin taz | Am Donnerstag hob der Bundestag die Immunität von AfD-Fraktionschefs Alexander Gauland auf, kurz darauf durchsuchte die Polizei seine Wohnung in Potsdam. Das bestätigte Gauland der taz. Wie die Staatsanwaltschaft Frankfurt mitteilte, ist auch eine zweite Meldeadresse Gaulands in Frankfurt betroffen. Hintergrund ist ein Ermittlungsverfahren wegen Steuerhinterziehung, so die Staatsanwaltschaft. Dieses Verfahren war bereits vor einem Jahr bekannt geworden.

„Es geht um mögliche Fehler bei der gemeinsamen Veranlagung mit seiner Ehefrau“, sagte der Sprecher der AfD-Fraktion, Christian Lüth. Gauland ist mit seiner ehemaligen Partnerin, die in Frankfurt wohnt, noch verheiratet, lebt aber seit vielen Jahren mit einer neuen Lebensgefährtin in Potsdam. Es gehe um eine Summe im vierstelligen Bereich, so Lüth. „Das Ermittlungsverfahren und die Ermittlungsmaßnahmen erachten wir als ungerechtfertigt und unverhältnismäßig.“

Ermittlungen laufen auch weiterhin gegen Gaulands Co-Fraktionschefin Alice Weidel. Hier geht es um eine Parteispende von insgesamt 130.000 Euro, die die Bundestagsverwaltung bereits als illegal eingestuft hat, was die AfD bestreitet. Das Geld kam aus der Schweiz und ging im Bundestagswahlkampf gestückelt in mehreren Tranchen an Weidels Kreisverband am Bodensee. Die Koblenzer Staatsanwaltschaft ermittelt deshalb gegen Weidel.

Der Bundestag stimmte am Donnerstag auch für die Aufhebung der Immunität der CDU-Abgeordneten Karin Strenz aus Mecklenburg-Vorpommern. Auch hier wurde gleichzeitig der Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse genehmigt. Hintergrund sind Ermittlungen wegen Bestechlichkeit und Geldwäsche in Zusammenhang mit Aserbaidschan.

Abgeordnete dürfen wegen einer mutmaßlichen Straftat nur mit Zustimmung des Parlaments juristisch verfolgt werden. Sie genießen laut Grundgesetz Immunität. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft kann diese vom Parlament aufgehoben werden. Im Fall von Gauland hatte die Frankfurter Staatsanwaltschaft dies bereits vor einem Jahr beantragt.

Hinweis: Der Pressesprecher der AfD-Fraktion hatte zunächst gegenüber der taz von einer fünstelligen Summe gesprochen, nach Rücksprache mit Gauland aber um eine Korrektur gebeten. Deshalb haben wir den Text an entsprechender Stelle geändert.

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20 Kommentare

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  • Der Staat geht knallhart gegen Kriminalität vor - wie es auf Wahlplakaten der AfD regelmäßig gefordert wird. Die AfD müsste hocherfreut sein, wenn mögliche Steuerhinterziehungen eines Herrn Gauland knallhart verfolgt werden.

    • @Atalanttore:

      Von „knallhart verfolgt“ kann ja nach einem Jahr Vorlauf gar keine Rede sein. Die AfD hat also allen Grund, weiterhin unzufrieden zu sein.

  • Ein Jahr wird wohl ausgereicht haben, um schön Staub geputzt und mal durchs Bad gewischt zu haben.

  • Hmmmm, ne Hausdurchsuchung wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung im vierstelligen Bereich ... das ist dem demokratischen Rechtsstaat also das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung wert ... ab wann fängt eigentlich Repression gegen Missliebige an?

    • @export:

      Hab schon erlebt, dass Türen wegen weit weniger ohne irgendeinen Beschluss eingetreten wurden. Soviel nur zur „Unverletzlichkeit der Wohnung“.



      Die Immunität eines Abgeordneten wird nicht so einfach mal aufgehoben. Dass sie aufgehoben wurde, spricht hier klar gegen eine Petitesse. Dafür muss nämlich schon mehr vorliegen als nur ein simpler Zahlendreher, ein Übertragungsfehler, oder ein Irrtum in der Sache. Bis zum Nachweis einer Schuld gilt jeder als unschuldig. So eine Aktenbeschlagnahme kann am Ende schließlich doch immer auch dem Nachweis der Unschuld dienen. Das kann man schließlich vorher schlicht gar nicht wissen.

      • 7G
        76530 (Profil gelöscht)
        @Rainer B.:

        Die Antwort eines Dualisten: JA - und NEIN.

        JA, es wurden nicht nur Türen wegen "weit weniger eingetreten". Es wurden sogar (die Älteren unter uns erinnern sich vielleicht) nackte unschuldige Menschen durch geschlossene Türen erschossen. Ein gewisser Ian McLeod etwa.

        NEIN, auch ein Herr Gauland hat Anspruch auf Rechtsstaatlichkeit. Freude oder auch Häme im stillen Kämmerlein: wem's gefällt.

        Ich habe in den 1970er Jahren den so genannten 'Extremistenerlass' gegen Postboten erlebt, die einer 'falschen Partei' angehörten. Ein Sockenschuss erster Güte.

        Wenn sich heute ähnliche Massnahmen gegen ein anderes Klientel richten, werden sie dadurch nicht automatisch besser.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Den Vergleich zwischen ihm und den „Extremisten“ der 1979er Jahre würde Herr Gauland sicher nicht gelten lassen, aber wenn Sie meinen - warum eigentlich nicht?



          Gebe nur zu Bedenken, dass hier in diesem Fall nicht etwa Gesetze extra für die Gaulands der Republik geschaffen und angewendet werden. Das ist alles 'business as usual' und den Finanzbehörden wird man doch schwerlich vorwerfen können, dass Herr Gauland einem äußerst zweifelhaften „Verein“ vorsteht und deshalb inzwischen auch bekannt wie ein bunter Hund ist.

        • @76530 (Profil gelöscht):

          Er bekommt doch seinen Anspruch auf Rechtstaatlichkeit. Steuerhinterziehung ist strafbar, der Fall wird untersucht.

          • 7G
            76530 (Profil gelöscht)
            @Hampelstielz:

            Eben wird es richtig spaßig.

            Seit wann ist Rechtsstaatlichkeit eine selektive und personenbezogene Angelegenheit. Sie meinen wohl eher: Willkür?

            Was das Thema Steuern und Nichtzahlung angeht: mal einen zweiten Blick auf das Große Ganze werfen.

            Doch Obacht: das erfordert Mühen. Schon angefangen bei der Differenzierung zwischen Steuerbetrug und legalisiertem Steuerbetrug à la Amazon, Facebook, Google & Friends.

            • @76530 (Profil gelöscht):

              Du willst allen Ernstes behaupten, Gauland würde hier willkürlich schikaniert werden?

  • RS
    Ria Sauter

    Das ist eine grosse Volksveräppelung mit der Immunität. Viele sind nämlich immun gegen Gesetze und Regeln.



    Nach einem Jahr ist wohl alles geschreddert. Praktisch.

  • Der Herr ist Jurist!

    Es geht um Steuerhinterziehung.

    Es ging eine ca. einjährige Ermittlungszeit voraus.

    Da gibt es nix Unverhältnismäßiges mehr.

  • Überschrift und Artikel passen nur teilweise zusammen. Dies sollte die Verfasserin einmal überdenken.

  • 9G
    92293 (Profil gelöscht)

    da fällt einem nichtmal ein Kommentar ein; sein Ehrenamt wird das nicht in Gefahr bringen

  • ...angesichts tausendjähriger Vergangnheit - da lacht der Gauleiter...

  • Wie? Was? Vogelschiß auf der Steuererklärung? Ausser einer Badehose und einem Dutzend Hundeschlipsen wird man doch jetzt nach einem Jahr gar nichts Belastendes mehr sicherstellen können. Mehr als Symbolik findet hier gar nicht statt.

    • 8G
      83191 (Profil gelöscht)
      @Rainer B.:

      Es sei denn er hat unmittelbar etwas erwartet, die Beweise "entsorgt" und nachdem ewig nichts passiert ist, hat er die Vorsicht fallen gelassen und die Polizei landet vielleicht einen Glückstreffer.

      Durch den Zeitpuffer mit der Immunität ist so oder so unmittelbar nichts mehr auffindbar. Die Polizeistrategie, sollte es eine sein, möglichst viel Zeit ins Land gehen zu lassen, macht schon Sinn.

      • @83191 (Profil gelöscht):

        Für Gauland sicher. Ansonsten gilt: „Wem Du's heute kannst besorgen, den verschiebe nicht auf morgen.“

        • 7G
          76530 (Profil gelöscht)
          @Rainer B.:

          Aus der Reihe "Ansonsten gilt" hätte ich auch gerne ein paar markante Sätze. Mein Zettelkasten ist seit Tagen geleert.

          Und der ewige Rückgriff auf Harry Rowohlt, Kurt Tucholsky, Willy Busch oder Andere ist nicht so meins ...

          • @76530 (Profil gelöscht):

            Well - I'll do my very best!