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Marktführer bei der ElektromobilitätChina schaltet auf Elektro

Der weltgrößte Fahrzeugmarkt steckt in einem tiefen Abschwung. Umso kräftiger drückt die Führung in Peking bei der Elektromobilität auf's Gas.

Ein ernst zu nehmender Konkurrent für Tesla? Myte des chinesischen Herstellers Byton Foto: reuters

Berlin taz | Von weitem sieht der M-Byte wie ein herkömmlicher SUV aus. Ein etwa fünf Meter langes Gefährt mit einer dicken Motorhaube. Eigentlich brauchen Elektrofahrzeuge diesen Platz im vorderen Teil nicht. Die Akkus befinden sich sehr viel platzsparender im Unterboden. Erst bei näherem Hinsehen fällt auf, dass in dem chinesischen Auto jede Menge futuristische Technik steckt. Anstelle der Außenspiegel sind Kameras installiert. Türöffner fehlen völlig. Stattdessen soll das Auto seinen Eigentümer per Kamera und Gesichtserkennungssoftware erkennen. Das Cockpit besteht aus einem langgezogenen Display im XXL-Format, die Steuerung ist komplett digital.

Noch ist der M-Byte nicht auf dem Markt. Der chinesische Autohersteller Byton will sein erstes Modell Mitte des kommenden Jahres in China auf den Markt bringen. Byton wird in der Volksrepublik trotzdem schon als Shooting-Star gefeiert. Schließlich könnte es das erste E-Auto aus der Volksrepublik sein, das auch international erfolgreich ist. 2021 ist der Markteintritt für Nordamerika und Europa vorgesehen.

Chinas Autoindustrie hat einen Erfolg dringend nötig. Denn auf dem größten Automarkt der Welt kriselt es. Im November ist der Absatz zum 17. Mal in den vergangenen 18 Monaten gesunken, wie der Branchenverband PCA (China Passenger Car Association) mitteilte. Lediglich im Juni dieses Jahres waren die Verkaufszahlen gestiegen, nachdem Händler die Kunden mit hohen Rabatten in ihre Häuser gelockt hatten. Branchenkenner sprechen bereits von einer „historischen Flaute“. Auch die deutschen Autobauer Daimler, BMW und Volkswagen spüren die sinkende Nachfrage, sind auf dem auch für sie wichtigsten Auslandsmarkt der Welt aber bei weitem nicht so stark betroffen wie die lokalen Hersteller. Umso mehr ist die chinesische Führung nun darum bemüht, die heimische Autobranche auf Elektromobilität umzupolen.

Sie heißen Thunder Power, Lucid Motors, Faraday Future – es vergeht kaum ein Monat, an dem nicht ein weiterer Anbieter für Elektroautos die Bühne betritt. Schon etwas länger von sich reden macht BYD: Das Unternehmen, das einst ein reiner Batteriehersteller war, ringt nun mit Tesla um den ersten Platz als weltgrößter Elektro-Autohersteller. Trotz allgemeiner Absatzkrise hat der chinesische E-Auto-Bauer bis Mitte des Jahres seinen Gewinn im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf rund 1,6 Milliarden Yuan mehr als verdreifachen können.

Subventionen laufen aus

Nach Einschätzung des Beratungsunternehmen Roland Berger belegt China im Rennen um E-Mobilität einen Spitzenplatz. „Kein anderes Land ist so fortschrittlich und offen für neue Technologien“, sagt Wolfgang Bernhart, Partner bei Roland Berger. Dieser Erfolg ist aber keineswegs der technischen Überlegenheit geschuldet. Mit massiver Förderung und rigiden Regeln hat die chinesische Führung massiv zu dieser Entwicklung beigetragen. Seit Anfang des Jahres muss jedes zehnte in der Volksrepublik produzierte Auto in China ein Elek­troauto oder mit einem Hybridmotor ausgestattet sein.

In den vergangenen Jahren hat der chinesische Staat den Verkauf von Elektroautos massiv gefördert: Bis Mitte des Jahres gab es auch noch kräftige Subventionen beim Kauf eines E-Autos. Diese direkten Subventionen sind zwar ausgelaufen. Doch dahinter steckt die Logik, dass das Elektroauto ab sofort die Normalität sein soll und die Regierung schlecht den gesamten Fahrzeugmarkt subventionieren kann. In den letzten Monaten sind die Verkaufszahlen auch bei der Elektromobilität eingebrochen.

China ist Ladesäulenweltmeister

Der Ausbau der Ladesäulen geht dennoch weiter. Bereits eine Million Strompunkte stehen in den chinesischen Städten bereit, die nationale Elek­trizitätsgesellschaft hat zudem für eine ununterbrochene Kette von Lademöglichkeiten entlang der Autobahnen gesorgt. Bis Ende des kommenden Jahres sollen es erstaunliche 4,8 Millionen Ladepunkte sein.

Das alles zeigt Erfolg: 700.000 rein elektrisch betriebene Autos wurden allein 2018 in China verkauft. Nach Schätzungen der Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) werden die Verkäufe umweltfreundlicher Fahrzeuge in China bis 2020 auf 1,4 Millionen Stück in die Höhe schießen. Bis 2025 soll dann ein Fünftel aller verkauften Fahrzeuge in China elektrisch fahren.

Chinesen setzen auf die Froschtaktik

Im traditionellen Geschäft mit Benzinern haben es die chinesischen Hersteller hingegen all die Jahre nicht geschafft, mit der Konkurrenz aus dem Ausland mitzuhalten. Vor allem die deutschen Autobauer waren nicht mehr zu schlagen und eilten von einem Verkaufsrekord zum nächsten. Inzwischen setzen die Chinesen auf die Froschtaktik: Statt sich ein aussichtsloses Duell mit deutschen Ingenieuren um die filigransten Motoren und Getriebe zu liefern, sind sie dabei, eine Technologiestufe zu überspringen, und setzen daher umso massiver auf die Entwicklung von E-Autos.

Zum Teil pumpt der Staat selbst massiv Geld in diese neuen Unternehmen. An Byton etwa ist FAW (First Automotive Works) beteiligt, Chinas wichtigster Autobauer, der unmittelbar der chinesischen Zentralregierung unterstellt ist. Und auch die chinesischen Technologie-Riesen investieren kräftig: Byton etwa weiß auch den IT-Giganten Tencent hinter sich sowie den Apple-Auftragsfertiger Foxconn aus Taiwan.

Treibende Kraft bei Batterietechnologie

Vor allem aber auf dem Markt für Batterien, der Schlüsseltechnologie bei E-Mobilität, sind die Chinesen zur treibenden Kraft aufgestiegen. Das zeigt sich derzeit auch in Thüringen: Nachdem der chinesische Batterie-Hersteller Catl den chinesischen Markt aufgerollt hat, soll bei Erfurt bald der Bau einer der größten Batteriezellen-Fabriken Europas beginnen. Europäische Konkurrenz ist bislang nicht vorhanden. Und so bleibt selbst Autobauer BMW bislang nicht viel Auswahl, als ebenfalls auf chinesische Batteriehersteller zurückzugreifen.

Die deutschen Hersteller in China sind auf diesen Zug zwar spät aufgesprungen. Und doch werden ihnen noch gute Chancen eingeräumt. „Derzeit beherrschen die Chinesen den E-Markt ihres Landes“, sagt der chinesische Autoanalyst Jia Xinguang. Im Angebot hätten die meisten von ihnen bislang aber meist nur „mittelmäßige Technik“. Byton und NextEV seien eine Ausnahme, ihre Bewährungsprobe stehe aber noch bevor.

Der Analyst ist sich sicher, dass nicht nur VW mit seiner ID3-Plattform, dessen Autos auch bald in seinen chinesischen Fabriken hergestellt werden, sondern auch BMW und Daimler rasch mit Modellen nachziehen, „die dann den heimischen Anbietern überlegen sein werden“. Die Markenwirkung sei nicht zu unterschätzen, die die Deutschen noch immer haben. Analyst Jia: „Ein Mercedes ist hier ein Statussymbol. Egal ob er mit Benzin oder Strom fährt.“

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10 Kommentare

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  • China hat sich für Ekektro entschieden und entscheidet zukünftig wie der internationale individuelle Verkehr gestaltet wird. Die deutsche Autoindustrie hat's verpasst, ob aufgeholt werden kann, glaube ich kaum...



    @Boidsen: Bisschen eingleisig gedacht, oder? Glaube nicht, dass es nur DEN EINEN WEG geben wird.

  • Die Chinesen setzen auf ein totes Pferd: E-Mobilität ist ein Irrweg - sowohl ökologisch, als auch sozial!



    Die Zukunft gehört dem öffentlichen Verkehr, bevorzugt auf der Schiene.

    • @boidsen:

      Langfristige Vorhersagen sind besonders schwierig. Das Hauptproblem dabei ist, dass sie vor allem die Zukunft betreffen.

      Ganz unsinnig werden sie aber, wenn die Grundannahme für die Vorhersage schon falsch ist!

      Elektro-Mobilität ist die sozialste und ökologischste Form des Individualverkehrs.

      Nur das Fahrrad und der öffentliche Nahverkehr sind noch ökologischer und sozialer, wird aber niemals die einzige Form sein.

      Das ist wohl jedem bekannt, aber gar nicht die Thematik um die es hier geht.

  • Natürlich steht schon eine solche Fabrik wie CATL sie vor hat im polnischen Wroclaw. Weltmarktführer LG Chem hat dort bereits 2 Milliarden Euro investiert. Auch die Koreaner wollen den ersten Platz bei E-Autos.



    Hier in Bramsche haben gerade Essex und Fukurawa ihr Jointventure für den Bau des modernsten E-Motors bekannt gegeben, es geht um Spulentechnik, Draht und Magnete. Essex/LS Cable gehört auch der Eigentümerfamilie von LG, den Koos. Fukurawa ist ebenfalls ein Großkonzern. Mercedes baut seinen E-Smart in China und in Toledo Ohio bei Detroit, wo nächstes Jahr auch der neue E-Jeep herkommt.



    Der globale Marktaufbau für E-Fahrzeuge ist da. Das gibt auch Windkraft und Solaranlagen auf Dauer wieder Charme.

  • An alle: natürlich ist die Energieerzeugung per Kohle der grösste Mist.



    Deswegen sind aber E-Fahrzeuge trotzdem sauberer als Verbrenner.

    Ausserdem ist China auch der grösste und billigste Hersteller von Solarzellen.

    Und China hat auch hunderte dreckiger Kohleförderanlagen und Kraftwerke stillgelegt - zack.

  • Der Artikel erwähnt drei Dinge nicht:



    - Batterieautos können in China auf absehbare Zeit nicht wirklich umweltfreundlich werden, weil die Stromerzeugung auf Kohlekraftwerken basiert.



    - Aus dem Grund agiert die chinesische Regierung inzwischen sehr viel "breiter" und will u.a. Brennstoffzellen als Antriebsart forcieren.



    - Das wiederum bringt VW in Probleme, weil die derzeit voll auf Batterie setzen.

    • @Martin74:

      Die Luftverschmutzung und der Lärm in Großstädten können auch dann verringert werden, wenn der Strom für die e-Mobilität heute noch dreckig ist. Das gilt allerdings auch für den Wasserstoff zum Betrieb von Brennstoffzellen, mit deren Einsatz sich China anschickt, gleich zwei Entwicklungsstufen zu überspringen.

      • @Gregor Tobias:

        Wasserstoff basierte Brennstoffzellen sind in China nur ein Faktor der Marktmacht. Man will dabei vor allem Erkenntnisse für das Militär gewinnen und auch in diesem Zukunftsmarkt technologische Spitze sein - wohl wissend dass es zu teuer und aufwendig ist und bleiben wird. Die Investitionen in die Forschung und Entwicklung der Infrastruktur sind begrenzt auf die zwei Hauptverkehrsadern und laufen bereits in drei Jahren schon wieder aus.

  • Äh, unterschlägt der Artikel nicht, daß China bei der Stromversorgung im Wesentlichen auf Kohlekraftwerke setzt?