Mercedes-Werk frisst Öko-Moor: Schluss mit der Standortlogik
Mensch oder Staude? Ein beispielhafter Konflikt braut sich im Hamburger Süden zusammen. Schwierig insbesondere für die Grünen.
W irtschaft gegen Umwelt. Jobs für Menschen oder Lebensraum für den Schlangenknöterich: Es ist ein geradezu beispielhafter Konflikt, der sich zusammenbraut im Hamburger Süden. Es ist der Stoff, aus dem sich dieser Tage etwa auch Australiens Premierminister sein politisches Koordinatensystem schnitzt.
Wer mitbekam, wie einst ein Flugzeugwerk auf Kosten eines ökologisch für ziemlich wertvoll erachteten Süßwasserwatts erweitert wurde; oder wie sie da an der Elbe so erwartbar wie regelmäßig die „Anpassung“ dieses Flusses an die Erfordernisse des Hafens diskutieren: Kenner*innen der Hamburger Verhältnisse dürfte klar scheinen, wie die Sache in Bostelbek ausgeht: Bahn frei für den Autohersteller, nicht dass der die Produktion verlagern muss – am Ende noch nach Bremen!
Könnten nicht wenigstens Solarzellen entstehen, wo heute die Flora klimaschädliches Kohlendioxid bindet? Oder, vielleicht noch besser: Könnte es nicht wenigstens eine eindeutig überkommene Sparte sein, die der Stern-Konzern da fertigt, irgendwas mit Diesel zum Beispiel? Dann nämlich wären die Grünen in einer weniger schwierigen Lage, könnten sich richtig eindeutiger positionieren fürs Biotop und gegen die Stinker; so wie früher, als sie noch eine Partei waren mit nur einem, aber dafür auch exklusiv besetzten Thema – und ohne Aussicht aufs Bürgermeister*innenamt.
Es müssen ja ausgerechnet Teile sein für die andernorts hergestellten (und dann, so hört man, wie Blei in den Filialen stehenden) Elektro-Daimler. Es ist also ein anderer Konflikt, der da widerscheint. Einer, der ärmer ist an eindeutigem Gut und-Böse: Die Sache da im Hamburger Süden erinnert an den Windenergie-Ausbau, wie er sich mancherorts mit dem Vogelschutz verheddert.
Aber: Die Wende hin zur Elektromobilität bringt Mercedes in der Hamburger Fertigung nur unter anderem voran, Teile aus Harburg landen auch in den Fahrzeugen, in denen noch das böse Öl verbrannt wird. Und unter den diversen Stätten, an denen der Konzern heute im Inland produziert, ist die alte Harburger Hanomag-Fabrik eine der kleineren: rund 2.500 Jobs gegenüber fünfmal so vielen in Bremen. Aber eine Politik, die hinauskommt über Standortlogik und Tellerranddenken, die klappt ja bei den Häfen schon nicht – auch nicht mit den Grünen.
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