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Von der Leyens neue EU-KommissionLeicht gerupft

Die neue, bestätigte EU-Kommission fällt nicht ganz so weiblich aus wie geplant. Männer ziehen auch künftig die Strippen in Brüssel, etwa in der Klimapolitik.

Nicht alles lief wie geplant: EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Foto: Philipp von Ditfurth/dpa

Brüssel taz | Weiblicher, grüner und schlagkräftiger: So sollte die neue EU-Kommission aussehen, mit der Ursula von der Leyen in Brüssel an den Start geht. Doch wenn das am Mittwoch vom EU-Parlament bestätigte Team am 1. Dezember mit vierwöchiger Verspätung seine Arbeit aufnimmt, dann wird manches anders sein als geplant. Von der Leyen musste Abstriche machen.

Die erste deutsche Kommissionspräsidentin seit Walter Hallstein hat ihr größtes Ziel – die Geschlechterparität – knapp verfehlt. Unter den 27 Kommissaren sind nur 12 Frauen, aber 15 Männer. Zwei Herren – der Niederländer Frans Timmermans und der Franzose Thierry Breton – haben zudem besonders wichtige Posten ergattert.

Timmermans wird den „Green Deal“ betreuen und die EU auf Kurs zur „klimaneutralen Wirtschaft“ bringen. Breton soll die Industrie fit für die Konkurrenz aus China machen und einen europäischen Rüstungssektor aufbauen. Nur die Dänin Margrethe Vestager bekommt ähnlich viel Macht – sie betreut den Wettbewerb und die Digitalpolitik.

Von der Leyen hingegen musste einige Federn lassen. Drei ihrer Kandidaten sind bei den Anhörungen im Europaparlament durchgefallen – ein Rekord. Nach dem Nein zur Französin Sylvie Goulard musste sich die deutsche CDU-Politikerin eine Standpauke von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron anhören – eine Premiere.

Zweifel an Standfestigkeit

Seither zweifeln viele in Brüssel an ihrer Standfestigkeit. Von der Leyen könne sich zu sehr von Macron abhängig machen, der sie im Juni für den Brüsseler Posten vorgeschlagen hatte, so die Sorge. Auch Kanzlerin Angela Merkel dürfte versuchen, Einfluss auf ihre langjährige enge Parteifreundin zu nehmen.

Zunächst hat von der Leyen aber ein anderes Problem: Ausgerechnet das grüne Klima-Label sorgt für Ärger. Binnen hundert Tagen, so die Ankündigung, werde die neue EU-Kommission den „Green Deal“ auf den Weg bringen. Doch nun will das Europaparlament den „Klimanotstand“ ausrufen und so den Druck erhöhen.

Noch vor Weihnachten, und nicht erst im neuen Jahr, müsse von der Leyen ein Klimapaket vorlegen, fordert der liberale französische Europaabgeordnete Pascal Canfin, der die „Notstands“-Resolution des Parlaments auf den Weg gebracht hat. Der 11. Dezember, unmittelbar vor dem letzten EU-Gipfel des Jahres, wäre ein guter Termin.

Canfin stellte auch gleich einen Forderungskatalog auf. Der Aktionsplan dürfe sich nicht auf die Klimapolitik beschränken. Vielmehr müsse er auch andere „Dimensionen“ wie Biodiversität oder Gesundheit umfassen. Außerdem brauche von der Leyen Geld – viel Geld. „Bisher fehlen 200 Milliarden Euro im Jahr“, rechnet Canfin vor.

Knappes EU-Budget

Doch woher soll dieses Geld kommen? Das EU-Budget gebe die nötigen Finanzmittel nicht her, sagt der scheidende deutsche Haushaltskommissar Günther Oettinger. Der CDU-Politiker hatte sich zuletzt mit der Bundesregierung angelegt, weil Berlin seinen Entwurf für den EU-Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis 2027 ablehnt.

Scheitert von der Leyen also ausgerechnet an der deutschen Sparpolitik? Dies könnte sich schon Anfang des nächsten Jahres entscheiden, wenn die Verhandlungen über das künftige EU-Budget in die heiße Phase gehen. Mit einer Entscheidung wird allerdings erst im zweiten Halbjahr 2020 gerechnet, unter deutschem EU-Vorsitz.

Spätestens dann dürfte sich zeigen, wie groß der Handlungsspielraum für von der Leyen wirklich ist. Kanzlerin Merkel hat es auch in der Hand, den „Green Deal“ durchzuwinken – oder zurechtzustutzen. Bisher steht die Kanzlerin eher auf der Bremse. Macron hingegen drängt zur Eile und da lauert schon der nächste Konflikt.

Und wie sieht es mit der Schlagkraft aus, die die neue EU-Präsidentin versprochen hat? „Europa muss die Sprache der Macht lernen“, forderte von der Leyen in einer Rede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls. Die neue EU-Kommission werde „geopolitisch“ denken und agieren – und China, Russland und den USA, wo nötig, die Stirn bieten.

Schlagkräftige Instrumente

Wie dies praktisch aussehen soll, ist jedoch unklar. Nur in der Handelspolitik und beim Wettbewerbsrecht verfügt die EU-Kommission über schlagkräftige Instrumente. Wenn es um militärische „hard power“ geht, ist sie jedoch weitgehend machtlos – wie der Streit zwischen Macron und Merkel um die Nato gezeigt hat.

Macron bezeichnete das Bündnis als „hirntot“. Merkel widersprach, von der Leyen schwieg. Auch vom neuen EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, einem Spanier, hat man zu diesem Thema noch nichts gehört.

Immerhin: Auch Borrell will die EU stärken. Doch er dient zwei Herren – der EU-Kommission und dem Rat. Am Ende könnten die Mitgliedstaaten in der Außenpolitik das letzte Wort haben, wie so oft in Brüssel. Von der Leyen würde dann wohl den Kürzeren ziehen – oder schweigen.

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1 Kommentar

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  • Da möchte ich doch mal Herr Sonneborn (die PARTEI) zitieren: "Von der Leyen will Geschlechterparität für ihr Kommissionsteam. Nötiger wäre eine Quote für Nicht-Vorbestrafte und Millionäre ohne Interessenkonflikte."

    "(...) Die designierte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat erklärt, sie wolle ihre Kommission paritätisch mit Männern und Frauen besetzen. Wichtiger wäre, paritätisch dahingehend zu besetzen, dass zumindest die Hälfte der Kommissare über ausreichende moralische Integrität verfügt, nicht vorbestraft ist, sich nicht gerade vor einem Untersuchungsausschuss verantworten muss und kein Millionenvermögen besitzt, das zu Interessenkonflikten führen könnte." (Quelle: Zeit Online)