Außenpolitik der Europäischen Union: Die EU will Zähne zeigen

Der neue Außenbeauftragte Josep Borrell will „die Sprache der Macht“ sprechen – und kündigt einen europäischen „Magnitsky-Act“ an.

Josep Borrell spricht

Der neue EU-Außenbeauftragte Borrell Foto: Paul White/ap

BRÜSSEL taz | Europas Außenpolitik soll Zähne bekommen und Menschenrechtsverletzungen künftig weltweit sanktionieren. Dies haben die EU-Außenminister am Montag in Brüssel beschlossen. „Wir wollen ein globales Sanktions-Regime aufbauen“, sagte der neue Außenbeauftragte Josep Borrell, der die Runde zum ersten Mal leitete.

Es gehe um ein europäisches Pendant zum „Magnitsky-Act“, den die USA bereits 2012 gegen Russland erlassen haben. Dieses Gesetz ermächtigt die US-Regierung, weltweit Menschenrechtsverletzer zu bestrafen und deren Vermögen einzufrieren und ihnen die Einreise zu verweigern.

Der Auswärtige Dienst der EU wurde beauftragt, einen entsprechenden europäischen Sanktionskatalog auszuarbeiten. Im Mittelpunkt dürfte auch hier Einreiseverbote und das Einfrieren von Vermögen für Verantwortliche gravierender Menschenrechtsverletzungen stehen. Details nannte Borrell aber nicht.

Die EU diskutiert bereits seit Jahren über einen eigenen „Magnitsky-Act“. Zuletzt hat sich das Europaparlament dafür stark gemacht. Dass er jetzt – kurz nach dem Start der neuen EU-Kommission – auf den Weg gebracht wird, ist kein Zufall. Denn sowohl Borrell als auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen haben sich für eine härtere Gangart in der Außenpolitik ausgesprochen.

„Wir müssen häufiger die Sprache der Macht sprechen – nicht um zu erobern, aber um einen Beitrag zu einer friedlicheren, wohlhabenderen und gerechteren Welt zu leisten“, hieß es in der Einladung zum Außenminister-Treffen am Montag. Gastgeber Borrell, ein spanischer Sozialist, griff damit eine Formulierung der deutschen CDU-Politikerin auf.

Entschiedener gegen China oder Russland

Von der Leyen hatte bereits in einer Rede zum 30. Jahrestag des Mauerfalls in Berlin gefordert, die EU müsse „die Sprache der Macht“ lernen und entschiedener gegen China oder Russland auftreten. Zudem hat sie eine „geopolitische Kommission“ angekündigt, in der Borrell als Vizepräsident eine zentrale Rolle spielen soll.

Bisher hat die EU in der Außenpolitik eine betont diplomatische und ausgleichende Rolle eingenommen. 2012 war sie dafür sogar mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Das norwegische Nobelkomitee würdigte damals den „erfolgreichen Kampf“ der EU-Politiker für Frieden, Versöhnung, Demokratie und Menschenrechte.

Doch nun sei eine neue Ära angebrochen, schrieb Borrell in seinem Brief an die EU-Außenminister. Die Welt erlebe die Wiedergeburt des geostrategischen Wettbewerbs, in dem sich vor allem China, Russland und die USA in einem großen Machtspiel gegenüberstünden. Die EU habe nun die Wahl, ob sie Spieler oder lieber Spielfeld sein wolle, heißt es in dem Schreiben.

Mit dem europäischen „Magnitsky-Act“ haben sich die Außenminister für eine aktive und offensive Rolle entschieden. Allerdings ist noch unklar, ob das neue Sanktionsregime auch den Namen „Magnitsky“ tragen soll. Die Niederlande, aber auch Deutschland und Frankreich hatten zunächst noch Vorbehalte.

Die EU müsse bei den Menschenrechten einen eigenständigen Kurs fahren und dürfe sich nicht zu sehr ins Fahrwasser der US-Außenpolitik begeben, hieß es noch vor kurzem in Brüssel. Doch nun könnte sich auch hier ein Kurswechsel abzeichnen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.