piwik no script img

Bundeswehr postet HakenkreuzCou­ture von vorgestern

Die Bundeswehr gibt sich auf Insta­gram locker – mit NS-Devotionalien als ironischem Post. Ein Lapsus? Das Problem liegt tiefer.

Hakenkreuz fanden die Macher „retro“ Foto: BW/Instagram (beschnitten)

Von der so populären wie umstrittenen US-Philosophin Ayn Rand gibt es ein kluges Essay über Rassismus. Dort heißt es, dieser sei „die primitivste Form des Kollektivismus“. Ein anderes Wort wird sich für die jüngsten Umtriebe der Bundeswehr auch nicht finden lassen: Primitivität.

Am Dienstag war auf dem offiziellen Instagram-Account der Truppe eine Verherrlichung von NS-Devotionalien entdeckt worden. Zu sehen war das Foto einer Wehrmachtsuniform inklusive Eisernem Kreuz, „Verwundetenabzeichen“ und Reichs­adler. Doch das Original war den Social-­Media-Beauftragten der Bundeswehr offensichtlich nicht abgefahren genug. Sie verpassten dem Post einen digitalen Sticker, auf dem das Wort „retro“ zu lesen war. Außerdem eine Bildunterschrift, in der es hieß, bis heute hielten sich „militärische Stilelemente in der #HauteCouture“. Ein Lapsus? Die Bundeswehr hat den Post mittlerweile gelöscht und sich entschuldigt. Ein Sprecher bezeichnete das Ganze als einen „inakzeptablen Fehler“.

Was sich bis heute hält, sind nazistische Tendenzen bei den hiesigen Streitkräften. Ein paar Zahlen: Der Militärische Abschirmdienst (MAD) geht von 500 rechtsextremen Verdachtsfällen in der Bundeswehr aus. Davon seien circa 20 dem Kommando Spezialkräfte (KSK) zuzuordnen. Hatte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) nicht kürzlich verkündet, die Soldatinnen und Soldaten kämen „aus der Mitte der Gesellschaft“?

Screenshot des Instagram-Posts, inzwischen gelöscht Foto: BW/Instagram

Möglicherweise besteht hier ein Zielkonflikt. Die Ziele „heterogene Truppe“ und „Freiwilligenarmee“, wie es sie seit der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht 2011 gibt, lassen sich nicht gleichzeitig erreichen. In einer liberalen Gesellschaft zieht ein hierarchisch organisierter Arbeitsplatz, an dem das Personal mit Waffen hantiert, autoritär veranlagte Persönlichkeiten an.

Autoritär heißt nichts weiter als unreif

Werden die anderen Plätze nicht durch Menschen aufgefüllt, die dies als lästige, aber notwendige Pflichterfüllung betrachten, entsteht eine Armee, in der die Glorifikation des Nationalsozialismus zum komödiantischen Repertoire zählt. In der Psychoanalyse ist das Erkennungsmerkmal des autoritären Charakters seine Unreife. Und schreit der mittlerweile gelöschte Bundeswehr-Post nicht nach Ado­leszenz­problemen?

Die verstorbene Ayn Rand war eine passionierte Fürsprecherin des Militärs – für sie war Selbstverteidigung der Inbegriff der Moral. Doch ihre Romanhelden sind selbstbewusste Erwachsene, die jenseits rassistischer Vorurteile stehen. Bei der Bundeswehr sieht es offensichtlich anders aus.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

29 Kommentare

 / 
  • Welche Hakenkreuze sind denn da zu sehen? Laut Artikel wurde nicht mehr als die Uniform gepostet. Schreibt doch einfach, dass es Eiserne Kreuze sind. Hakenkreuze posten wäre übrigens eine Straftat, laut diesem Artikel scheint es aber nur geschmacklos zu sein:D

    • @FancyBeard:

      Putzen sie mal Ihre Augengläser.

    • @FancyBeard:

      Es sind insgesamt vier: Eins am Hoheitsabzeichen (der Nazi-Reichsadler auf der rechten Brust), und jeweils eins in der Mitte der drei Orden.

    • @FancyBeard:

      Da würde ich nochmal genau hingucken ;-)



      An der von der Betrachterin aus gesehenen linken Brust prangt ein Reichsadler mit Hakenkreuz im Kranz. Nicht auf den ersten Blick zu sehen, aber unzweifelhaft vorhanden.

      • @BakuninsBart:

        Danke, ich habe es nur auf dem Handy gesehen bzw. übersehen. Was für Idioten.

        • @FancyBeard:

          Selbst wenn das Hakenkreuz da nicht zu sehen wäre, der Traditionserlass der Bundeswehr ist hier ganz klar.

          3.4.1 Wehrmacht



          "Der verbrecherische NS-Staat kann Tradition nicht begründen. Für die Streitkräfte eines demokratischen Rechtsstaates ist die Wehrmacht als Institution nicht traditionswürdig. Gleiches gilt für ihre Truppenverbände sowie Organisationen, die Militärverwaltung und den Rüstungsbereich.



          Die Aufnahme einzelner Angehöriger der Wehrmacht in das Traditionsgut der Bundeswehr ist dagegen grundsätzlich möglich."

          www.bmvg.de/de/akt...itionserlass-23232

          • 0G
            06227 (Profil gelöscht)
            @Sven Günther:

            Ich weiß nicht ob ich über die Tatsache, dass in der BW ein 'Traditionserlass' mit festen Regeln existiert lachen oder weinen soll...

            • @06227 (Profil gelöscht):

              Weiter unten schreiben Sie, "Mitte bis zu linksliberalen Realos will dann doch niemand bei der ach so pragmatisch notwendigen Verteidigungsarmee mitmachen."

              Ich hab als Linksliberaler mitgemacht und darum kenn ich auch den Traditionserlass, übrigens 1982 vom besten Verteidigungsminister den die BRD bisher hatte, Hans Apel (SPD), erlassen.

    • 0G
      06313 (Profil gelöscht)
      @FancyBeard:

      Unter dem Adler ist ein Mini-Hakenkreuz zu erkennen.

    • @FancyBeard:

      Links im Bild bzw. auf der rechten Brust befindet sich das Hoheitsabzeichen. Haben Sie aber sicherlich gesehen.

  • 7G
    76530 (Profil gelöscht)

    Bundeswehr und Ironie: ein Widerspruch in sich selbst.

    Die Bundeswehr selbst ist nichts als Ironie. Sie ist überflüssig. Das Geld sollte an Arme verteilt werden.

    Ich werde es stets in passender Erinnerung behalten, wie ich 1972 in einer so genannten Gewissensprüfung von Alt-Nazis geprüft wurde, ob ich die Ausbildung zum Töten verweigern darf. Dummerweise hatte deren Gewissen zuvor niemand überprüft.

    Armeen abschaffen - überall.

  • Oje:



    Einmal Beweihräucherung der Sozialstaats-Verachterin Ayn Rand.



    Und dann noch haltlose Wehrpflicht-Nostalgie.



    Zur Erinnerung: Die rechtsradikalen Vorfälle vor 2011 gingen zu 80 Prozent auf das Konto von Wehrpflichtigen - die herbeiphantasierte Zivilisierung der Armee durch die Nabelschnur "Wehrpflicht" ist ein zu schöner Mythos, um wahr zu sein.

    • 0G
      06227 (Profil gelöscht)
      @Linksman:

      ich kann von Nostalgie nichts erkennen. Nur die (meiner Meinung nach) korrekte Einschätzung, dass die Aussetzung der Wehrpflicht die Probleme, die vorher auch schon da waren, zusätzlich verschärft hat.



      Es ist doch schon eine unglückliche Situation: konsequenter Pazifismus und Antimilitarismus gilt als Randposition 'linker Spinner' aber vom Milieu der braven dem. Mitte bis zu linksliberalen Realos will dann doch niemand bei der ach so pragmatisch notwendigen Verteidigungsarmee mitmachen. Logisch dass diese Situation zu einer zusätzlichen Konzentrierung von Faschisten führt.

  • Wie in Herrn Baganz`Artikel auch, lese ich in immer kürzeren Abständen von der Abschaffung der allgemeinen Wehrpflicht in 2011.

    Woher kommen diese Falschmeldungen von der Abschaffung? Die allgemeine Wehrpflicht ist ausgesetzt, nicht abgeschafft!

    Quelle Wikipedia, Suchbegriff Wehrpflicht, Deutschland, Auszug: ...Am 15. Dezember 2010 wurde durch das Bundeskabinett eine Aussetzung der Wehrpflicht zum 1. Juli 2011 beschlossen.[6] Die Wehrpflicht besteht also weiter, in Friedenszeiten werden aber keine Wehrpflichtigen mehr eingezogen. Zum 1. Januar 2011 wurden zum letzten Mal alle Wehrpflichtigen zwangsweise einberufen, seit dem 1. März 2011 werden Wehrpflichtige nicht mehr gegen ihren Willen zum Dienst verpflichtet. ...

  • "Werden die anderen Plätze nicht durch Menschen aufgefüllt, die dies als lästige, aber notwendige Pflichterfüllung betrachten, entsteht eine Armee, in der die Glorifikation des Nationalsozialismus zum komödiantischen Repertoire zählt."

    Aha. Die Probleme sind also wohl erst seit 2011 entstanden? Vorher gabs sowas nicht?

    Ich finde es wirklich bestürzend, dass hier die Wehrpflicht schöngeredet wird mit solchen an den Haaren herbeigezogenen Argumenten. Die Bundeswehr war von Anfang an eine Armee zu deren Repertoire die Glorifizierung der Wehrmacht im Speziellen und des Nationalsozialismus im Allgemeinen gehörte. Komödiantisch? Ich weiß nicht, ich glaube die mein(t)en das sehr ernst mit ihrer "Traditionspflege". Daran haben ein paar Linke die eingezogen wurden nie irgendetwas geändert. Die sind ja in aller Regel auch nicht lang genug dabeigeblieben, um Einfluss zu gewinnen in dem Laden. Wer kann es ihnen verübeln?

    • 0G
      06227 (Profil gelöscht)
      @Tobsen:

      schöngeredet wird hier gar nichts, nur die (meiner Meinung nach) korrekte Analyse, dass die Aussetzung der Wehrpflicht die ohnehin bestehenden Probleme noch massiv verschärft hat. Strukturen für 'Freiwillige' die bestimmte Charaktere mehr anziehen als andere führen ganz automatisch zu einer Aufkonzentrierung bestimmter Geisteshaltungen. Es wird sich nur ein sehr geringer Anteil Ökos zum Studiengang 'petroleom engeneering' einschreiben. Ein System für Freiwillige in dem Autorität, Befehlsgehorsam, Disziplin und physische Stärke&Härte wichtig ist endet eben -o Wunder- voller Faschisten. Was ohne ein Korrektiv natürlich richtig problemaisch wird. Wie effektiv die Wehrpflicht als Korrektiv nun war oder nich ist sicherlich diskutabel.



      So sehr ich mir auch eine Antimilitaristische, Pazifistische Mehrheit wünsche: es ist absolut keine gute Idee an einer 'pragmatisch notwendigen Verteidungsarmee' festzuhalten (wie es z.B. die realo Hälfte der Grünen tut) und das ganze dann auf freiwilliger Basis zu gestalten.

      • @06227 (Profil gelöscht):

        "Wie effektiv die Wehrpflicht als Korrektiv nun war oder nich ist sicherlich diskutabel."

        Ich will nicht anzweifeln, dass die Wehrpflicht ein Korrektiv war, nur würde ich dessen Effektivität für so gering bemessen, dass sie eine Wiedereinführung der Wehrpflicht unmöglich rechtfertigen kann. Wer eine Wiedereinführung fordert weil er glaubt, dass das ein *effektives* Mittel gegen rechte Umtriebe in der BW wäre, der redet sich meiner Meinung nach die Vergangenheit schön.

    • @Tobsen:

      Sie konnten es weniger offen machen, weil immer Leute in der Nähe waren, die wussten, dass sie nach 9 Monaten wieder draußen sein würden.

      Und das hat es begrenzt — so weit, dass aus moralischen Gründen den Dienst zu verweigern möglich war; z.B. als jemand keine Software für Angriffskriege schreiben wollte.

    • @Tobsen:

      Gerade neulich, ein Interview im ZDF. Befragt wurde ein Militärhistoriker (der BW?). Tenor (in meiner subjektiven Übersetzung!): Die BW sollte und dürfe sogar noch viel mehr und selbstbewusster ihre Zapfenstreiche zelebrieren; und größer - die armen, die haben sich nur mal nicht getraut, weil so ein paar linke Spinner ihnen das mäßig gemacht haben.... naja, dann werde ich linker Spinner zumindest keine Ruhe geben!



      Ich sehe das genauso wie du, Tobsen: in dem Laden werden noch ganz andere Sachen konserviert und - schlimmer noch - transformiert und in die Zukunft erbrochen... Brauner Dreck!

      • 0G
        06227 (Profil gelöscht)
        @sucram.hh:

        'die Deutschen sind ja gar nicht per se gegen das Militär..' *(nur gegen Waffengewalt und Krieg)



        Facepalm....

        traurig dass es das ziemlich auf den Punkt bringt. Antimilitarismus wird in der Breite der (pazifistischen?)Gesellschaft als linke Spinnerei belächelt, aber konsequent zuendedenken möchte das niemand...

      • @sucram.hh:

        Bitte stimmet ein: Wer Gewalt nicht als politisches Mittel akzeptiert, ist ein Faschist! Wer Zapfenstreiche lächerlich findet, ist ein Mörder an unsre Jesinnung, jawollnich!



        Wer die Bundeswehr kritisiert oder gar ablehnt, will Doitschland schaden!



        Ironisiert das Organ der Gewalt!



        Nennt Kriege Einsätze!



        Erobert den Sinn vons Janze!



        Schießt, sobald ihr einen seht!



        Gerecht ist immer, wenn´s aus Gründen knallt.



        Prost!

        • @Karl Kraus:

          "Gerecht ist immer, wenn´s aus Gründen knallt."



          Bitter.



          Aber genau auf den Punkt.

  • Tatsächlich wäre ich überraschter gewesen, hätte ich hier gelesen: "Bundeswehr postet Friedenstaube"!



    Bei allem, was gerade so passiert ("Hannibal", "Prepper" usw.) ist es definitiv schlimm, dass im offiziellen Account sowas zu finden ist - aber nicht verwunderlich!



    Eigentlich kann man der BW jedoch nur dankbar dafür sein: Was bereits offensichtlich und öffentlich ist, ist wohl WENIGER als nur die Spitze des Eisberges!

    • @sucram.hh:

      Man sollte trotzdem nicht vergessen, dass die Bundeswehr das vermutlich erfolgreichste Integrationsprojekt Deutschlands neben der Baustelle ist. Det Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund wird in den nächsten Jahren noch viel größer werden und vielleicht nicht faschistischen, aber rassistischen Sachen eine wirkungsvolle Begrenzung geben.

      • @FancyBeard:

        Und wovon täumen Sie nachts?



        Ich sach ma, dass der Großteil der Leute, die zum Bund gehen, das auch, wenn nicht sogar ausschließlich aus persönlich motivierten, wirtschaftlichen (Existenzsicherungs)Gründen tun.



        Wo, bitte, soll da Integration herkommen? Die sitzen in den unteren und mittleren Rängen doch alle im selben, dem Gehorsam verpflichteten Boot.



        Die haben m. E. alle Hände voll zu tun, den eigenen Hintern zu retten, und nach Dienstende Kohle für etwas eine andere, bessere Tätigkeit mitzunehmen.

      • @FancyBeard:

        Wie viele Generale der BW haben Migrationshintergrund?

        • @warum_denkt_keiner_nach?:

          Noch keine, aber das dauert eben auch. Es werden aber immer mehr in den Offizierslaufbahnen.

          • @FancyBeard:

            Wie viele ? Sind darunter auch Stabsoffiziere?

            Migranten als Kanonenfutter bedeutet noch lange keine Integration. Im Übrigen ist mir eine zivile Integration lieber, als eine auf dem Schlachtfeld.