piwik no script img

Hetze gegen neuen Bürgermeister OnayHass von allen Seiten

Gegen Hannovers neuen Oberbürgermeister Belit Onay wird seit seiner Wahl gehetzt – vor allem von rechts. Auch auf seine Familie wird gezielt.

Nach seinem Wahlerfolg umjubelt: Belit Onay mit seiner Frau Derya Onay Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa

Bremen taz | Am Freitag tritt Belit Onay sein Amt als neuer Oberbürgermeister von Hannover an. Damit wird Hannover nicht nur zum ersten Mal von einem Grünen regiert, sondern ist auch die erste Landeshauptstadt Deutschlands, die einen Bürgermeister mit Migrationshintergrund hat.

Das sollte eigentlich kaum der Rede wert sein, denn Onay, Sohn türkischer „Gastarbeiter“, ist gebürtiger Goslaer. Aber selbst jenseits der deutschen Grenzen wird seine Herkunft als kleine Sensation gefeiert. Man kann ihm nur wünschen, dass der Fokus der Berichterstattung künftig mehr auf seine politische Arbeit gelegt wird.

Ebenso kann man ihm nur wünschen, dass auch andere Reaktionen schnell wieder abebben: Denn es hagelt im Internet Hasskommentare von Rassisten, Islamhassern und rechten Hetzern, die sich nicht nur gegen ihn, sondern auch gegen seine Familie richten.

Ein Video, das auf Twitter kursiert und feiernde Männer mit wehenden Türkei-Fahnen und bengalischen Fackeln zeigt, wurde von dem AfD-Bundestagsabgeordneten Udo Hammelgarn so kommentiert: „Tolle Sache, und wie schnell die ‚Deutsche Fahne‘ mutiert ist zu einer 'Roten“ mit Mondstern! #Hannover #Türkei #AfD.“ Dabei hat der Film rein gar nichts mit der OB-Wahl in Hannover zu tun: Es zeigt in Wahrheit Gäste einer türkischen Hochzeit in Dortmund.

Hetze von Türken wie von Kurden

Und beileibe nicht nur Biodeutsche hetzen gegen Onay: Kurden diffamieren ihn als Islamisten und nationalistische Türken werfen ihm eine Nähe zur PKK vor – nicht zuletzt aufgrund eines Fotos, das ihn zusammen mit dem ehemaligen taz-Redakteur Deniz Yücel zeigt.

Vor seiner Wahl habe es nur wenige diffamierende Äußerungen gegeben, sagte Onay, die Hetze habe inzwischen aber massiv zugenommen. Die Grünen erwägen nun rechtliche Schritte gegen die ärgsten Anfeindungen. Auch sonst erfährt Onay viel Solidarität, sowohl aus dem Landtag als auch von der Bürgermeisterkonferenz des Niedersächsischen Städtetages.

Sicher nett gemeint, aber eher bizarr anmutend ist eine Stellungnahme des Soziologen Harald Welzer, der in Onays Wahl ein „explizites Signal gegen jede Form von völkischer und rassistischer Haltung“ erkennen will. Bleibt angesichts dessen nur zu hoffen, dass Onay einfach das sein darf, was er ab Freitag ist: Hannovers neuer Oberbürgermeister.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Hoffentlich hat die juristische Verfolgung bald Erfolg. Es müßte so etwas geben wie Platzverweise im Netz für üble Hasshetzer.

  • es wird allerhöchste eisenbahn...,

    daß der hetzerischen 'un'kultur einhalt geboten wird.

    im besten falle durch abschalten des mediums, bis entsprechende posts nachweislich gelöscht sind.

    feuer kann und sollte man mit feuer entgegnen.

  • "Das sollte eigentlich kaum der Rede wert sein, denn Onay, Sohn türkischer „Gastarbeiter“, ist gebürtiger Goslaer. Aber selbst jenseits der deutschen Grenzen wird seine Herkunft als kleine Sensation gefeiert. Man kann ihm nur wünschen, dass der Fokus der Berichterstattung künftig mehr auf seine politische Arbeit gelegt wird"

    ...schreibt die taz die zu seiner Wahl getitelt hat "Rathaus wird grün und migrantisch" - ein bisschen verlogen, oder?

  • Widerlich, leider auch typisch für diese Blasenwelt. Dass sich türkische und kurdische Extremisten den Ball auch noch zuwerfen ist irgendwie grotesk.

    Besonders übel finde ich, dass Hammelgarn, immerhin Bundestagsabgeordneter, sich so etwas überhaupt herausnehmen darf. Der sollte auf die Finger kriegen.