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Das Kreuz mit dem Wirtschaften

Eigentlich sind Kirchen und fairer Handel ein gut eingespieltes Team. Beim Umsetzen hoch gesteckter Ziele hapert es noch

Fairer Handel bringt Produzentinnen und ihren Familien mehr, als ein paar Euro vermuten lassen

Von Ansgar Warner

Dass etwa die Gepa auf dem letzten Kirchentag in Dortmund im Eine-Welt-Zelt Fairtrade-Kaffee ausgeschenkt hat, war schon eher Pflichtprogramm. Schließlich stehen hinter der größten europäischen Fairhandelsorganisation eine ganze Reihe von kirchlichen Playern, darunter die Hilfswerke Misereor und Brot für die Welt sowie die katholische und evangelische Jugend.

In die Welt hinein wirkt das ökumenische Unternehmen mittels fair gehandelter Bananen, Kakao, Tee, Kaffee und sonstigen Produkten auf diese Weise schon seit vier Jahrzehnten sehr erfolgreich – in die Kirche hinein allerdings noch nicht so gut. Dabei sind die Chancen groß: das Einkaufsvolumen für notwendige Verbrauchsgüter in Gemeinden, Verwaltungen, Alten- oder Pflegeheimen oder Bildungsstätten konfessioneller Träger erreicht jedes Jahr einen hohen zweistelligen Milliardenbetrag. „Es ist deswegen an der Zeit, nun auch in kirchlichen Einrichtungen flächendeckend nachhaltig zu wirtschaften“, fordert Misereor-Geschäftsführer Thomas Antkowiak.

Dabei hat er grundsätzlich sogar den Segen von ganz oben, sprich von Papst Franziskus: „Unsere Schwester, Mutter Erde, schreit auf wegen des Schadens, den wir ihr zufügen“, schrieb der Oberhirte 2015 in seiner Enzyklika „Laudato si“ der globalen Gemeinde ins Stammbuch. Was Bischof Franz-Josef Overbeck, bei der Deutschen Bischofskonferenz für die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen zuständig, als Auftrag versteht, „mehr Verantwortung für Ökologie und nachhaltige Entwicklung zu übernehmen“.

Wie man mit gutem Beispiel vorangehen kann, zeigen spezielle Handlungsempfehlungen, die sich die deutschen Bischöfe auf ihrer Herbstvollversammlung 2018 selbst verordnet haben – nach dem Vorbild ähnlicher Beschlüsse der Evangelischen Kirche übrigens. In den Empfehlungen findet man neben den üblichen spirituellen Pathosformeln à la Schöpfungsverantwortung, Flurprozessionen und Fasten überraschend handfeste Vorschläge, die kirchliche Hardware betreffen.

So soll zum Beispiel das Beschaffungsmanagement in kirchlichen Einrichtungen stärker als Hebel benutzt werden, um den Handel mit fairen und biologischen Produkten anzukurbeln, etwa durch Rahmenverträge mit Einkaufsverbänden. Auf Kirchenland soll bevorzugt ökologisch gewirtschaftet werden. Um den CO2-Ausstoß von Dienstreisen auszugleichen, sollen Umweltprojekte mit „weltkirchlichen“ Partnern, also im globalen Süden, gefördert werden.

Soll, soll, soll. Doch mit der Umsetzung scheint es noch zu hapern – in der Praxis hätte die Kirche aber noch nicht auf faire und ökologische Beschaffung umgestellt, kritisiert Misereor-Geschäftsführer Antkowiak, zugleich Vorsitzender der Gepa-Gesellschafterversammlung: „Die Handlungsempfehlungen sind zwar positiv zu bewerten. Das allein reicht aber nicht.“

Auch der Freiburger Erzbischof Stephan Burger, bei der Bischofskonferenz zuständig für das Hilfswerk Misereor, sieht Handlungsbedarf: „Wir müssen uns heute schon aktiv und mit Nachdruck daran beteiligen, gerechte Rahmenbedingungen für globales Wirtschaften und eine nachhaltige Landwirtschaft zu schaffen.“ Konkret denke er an „den Einstieg in dauerhafte Prozesse in Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen bis hin zu einfach zugänglichen Angeboten wie Einkaufsplattformen im Internet“.

Die Instrumente sind zwar vorhanden, sie müssen aber auch genutzt werden

Burgers eigene Diözese strebt seit 2016 an, bis 2030 fair und klimaneutral zu werden. Ein Beispiel wie das Bistum Aachen zeigt dagegen, wo es oft noch hakt: In der dortigen Beschaffungsordnung wird umweltfreundliche und soziale Beschaffung von Gütern nur als wünschenswertes Ziel genannt.

Wünschen kann man sich viel. Wird in der Kirche aber am Ende des Tages dann noch zu oft mit spitzem Bleistift gerechnet, ohne gesellschaftliche Zusammenhänge herzustellen? Sieht ganz danach aus, wenn man Gepa-Geschäftsführer Peter Schaumberger hört: „Wir sehen, dass insbesondere im sozialen Bereich auch der höhere Preis hinderlich für eine flächendeckende Beschaffung von fair gehandelten Produkten ist.“ Darauf reagiert die Gepa mit niedrigschwelligeren Einstiegsangeboten, etwa dem günstigen „Classic“-Kaffee. Solches Entgegenkommen könnte helfen, die Forderung von Misereor-Chef Antkowiak zu erfüllen: „In kirchlichen Einrichtungen muss eine faire und ökologisch nachhaltige Beschaffung Standard werden.“

Wie das gehen könnte, zeigen zwei Projekte der evangelischen Kirche: Dort hat Brot für die Welt im Rahmen der Aktion „Fairer Kaffee in die Kirchen“ diakonische Einrichtungen und kirchliche Verwaltungen unterstützt, den Einkauf auf fair gehandelte Produkte umzustellen. Eine Aktion der Nordkirche namens „ÖkoFaire Gemeinde“ wiederum möchte Gemeinden ermutigen, mit kreativen Ideen faire, ökologische und nachhaltige Aspekte in ihr Kaufverhalten zu integrieren.

Inzwischen gibt es mit „Zukunft einkaufen“ aber auch eine ökumenisch angelegte Beratungs- und Netzwerkstelle, die Referenten und Beschaffungsexperten in Sachen Ökofair vermittelt. Mit der WGKD, der Wirtschaftsgesellschaft der Kirchen, existiert sogar eine ökumenische Einkaufsplattform, die sich zum Ziel gesetzt hat, die Umstellung der Beschaffung auf ökologische und fairsoziale Produkte voranzutreiben. Die Instrumente sind da, was fehlt, ist oft einfach noch der Wille, sie zu nutzen. Mit den Worten von Misereor-Chef Antkowiak: „Da ist noch einiges zu tun. Wir könnten schon deutlich weiter sein.“

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