Joshua Wong in Deutschland: China is not amused

Der bekannteste Aktivist der Hongkonger Demokratiebewegung wird in Berlin hofiert. In Peking kommt das schlecht an.

Der Aktivist Joshua Wong bei einer Pressekonferenz in Berlin.

Hier mal ohne Schirm: der Aktivist Joshua Wong bei einer Pressekonferenz in Berlin Foto: Michael Sohn

Berlin taz | Hongkong erlebt derzeit die schwerste politische Krise, seit es unter chinesischer Sonderverwaltung ist. Seit Monaten protestieren die Hongkonger nun schon für mehr Demokratie und gegen den Einfluss der chinesischen Führung in Peking. Und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Doch ausnahmsweise ging es am Mittwoch im Hongkonger Regierungsviertel verhältnismäßig ruhig zu, berichtet die South China Morning Post. Niemand blockierte die Straßen. Und auch sonst war kein Demonstrant zu sehen. Ein ungewöhnliches Bild, angesichts der fast täglichen Massendemonstrationen der vergangenen drei Monate.

Der Grund für die Ruhe: Aktivisten hatten sämtliche Proteste für Mittwoch abgesagt. Man wolle den Opfern der Terroranschläge am 11. September 2001 in den USA gedenken. Die China Daily, eine Staatszeitung der kommunistischen Führung in Peking, hatte auf ihrer Facebook-Seite zuvor berichtet, die Demonstranten hätten für diesen Tag „massiven Terror“ geplant. Terroranschläge seien vorgesehen, darunter auch das Sprengen von Gasleitungen.

„Fakenews“, heißt es auf Aktivistenseite. Niemand solle diesen Behauptungen Glauben schenken, schreibt eine Aktivistin, die bei der Human Rights Front engagiert ist, eine der Protestorganisationen in Hongkong. Die Führung in Peking wolle sämtliche Aktivisten und Politiker, die sich für Freiheit und Demokratie einsetzen, „als Separatisten brandmarken“, vermutet auch Joshua Wong im Gespräch mit der taz.

Am 11. September kein Protest

Der 22-Jährige, der das bekannteste Gesicht von Hongkongs Demokratiebewegung ist, befindet sich zurzeit zu Besuch in Berlin. Diese Strategie Pekings werde aber nicht aufgehen, ist sich Wong sicher. Die Aktivisten in Hongkong teilten mit, aus Solidarität gegen den Terrorismus wurde in Hongkong am 11. September auf Demonstrationen verzichtet. Tatsächlich blieben die Protestierer am Mittwoch still.

12.000 Kilometer von Hongkong entfernt in Berlin ist das Gesicht der Hongkonger Demokratiebewegung umso aktiver. Einen wahren Marathon an Interviews und Treffen mit Bundestagsabgeordneten und Politikern hat Joshua Wong hinter sich. Gleich nach seiner Ankunft am späten Montagabend hatte ihn die Bild-Zeitung mit viel Brimborium zu einem Empfang eingeladen, an dem auch Bundesaußenminister Heiko Maas anwesend war.

Das Kanzlerinnenamt war der Bitte Wongs für ein Treffen nicht gefolgt. Maas hingegen unterhielt sich mit ihm – was ihm prompt eine formelle Beschwerde des chinesischen Außenministeriums einbrachte. Als „Akt der Respektlosigkeit“ bezeichnete in Peking Ministeriumssprecherin Hua Chunying die Begegnung. Die chinesische Führung sei sehr „unzufrieden“ über die Entscheidung Deutschlands, „Separatisten aus Hongkong die Einreise zu gestatten und sich an Aktivitäten gegen China zu beteiligen“.

„Normales Verfahren“

Das Auswärtige Amt in Berlin verwies auf die langjährige Praxis, dass Vertreter des Amtes Aktivisten oder Vertreter der Zivilgesellschaft treffen. Dies sei „ein ganz normales Verfahren“, mit dem man versuche, sich ein Bild der Lage vor Ort zu verschaffen.

Nach einem kurzen Aufenthalt am Mittwochmorgen bei der taz ging es für Joshua Wong weiter zum Haus der Bundespressekonferenz. Der große Saal, in dem Regierungssprecher Steffen Seibert normalerweise täglich den Hauptstadtjournalisten Rede und Antwort steht, war bis auf den letzten Platz besetzt. Sie alle wollten ihn sehen, den berühmten Studenten aus Hongkong, der der mächtigen kommunistischen Führung in Peking die Stirn bietet.

Für den Abend hatte eine Initiative Hongkonger Studentinnen und Studenten aus Berlin eine Veranstaltung mit ihm in den Räumen der Humboldt-Universität vorgesehen. Eine der Organisatorinnen, die Wong in Berlin auch begleitet, erhielt zwischenzeitlich die Mitteilung, die Veranstaltung müsse abgesagt werden – auf Druck der chinesischen Botschaft.

Es wäre zumindest nicht das erste Mal gewesen, dass Chinas Führung auch im Ausland versucht, Peking-kritische Veranstaltungen zu verhindern. Es blieb aber beim Gerücht. Ein Sprecher der Humboldt-Universität teilte mit, die Veranstaltung könne stattfinden. Die HU selbst sei aber nicht Veranstalter.

Der chinesische Botschafter in Berlin, Wu Ken, lud seinerseits am frühen Nachmittag im Botschaftsgebäude Journalisten zu einer Pressekonferenz. „Wir haben unsere tiefe Unzufriedenheit zum Ausdruck gebracht“, sagte Wu. Wegen des Empfangs Wongs durch deutsche Politiker sei der deutsche Botschafter in Peking formal einbestellt worden. Einem Reporter der Bild-Zeitung blieb der Einlass zur Pressekonferenz allerdings verwehrt.

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