Polizeigewalt in Hongkong: Knochenbrüche und Platzwunden
Amnesty International hat festgenommene Demonstranten befragt. Sie berichten von Misshandlung und Folter. Amnesty fordert eine Untersuchung.
Amnesty hatte nach eigenen Angaben Anfang September Interviews mit 21 festgenommenen Demonstranten sowie mit Anwälten von Betroffenen und Rettungskräften geführt. „Fast alle der von Amnesty befragten Personen schilderten, wie sie mit bloßen Händen und Gummiknüppeln geschlagen wurden, auch wenn sie keinen Widerstand leisteten“, erklärte Beeko.
Trotz ernsthafter Verletzungen habe die Polizei oft auch die notwendige ärztliche Versorgung verweigert, erklärte Amnesty. Vielfach hätten die Verhafteten aufgrund der erlittenen Gewalt im Krankenhaus behandelt werden müssen. Unter den Verletzungen habe es mehrfache Knochenbrüche, abgebrochene Zähne und Platzwunden gegeben.
„In mehreren Fällen wurden Protestierende auch später in Haft schwer verprügelt und anderweitig misshandelt und sogar gefoltert“, erklärte Beeko. Eine Frau habe berichtet, dass sie unter Beschimpfungen gezwungen wurde, sich auszuziehen und eine Leibesvisitation über sich ergehen zu lassen. An zwei Tagen seien die Amnesty-Mitarbeiter selbst Zeugen von Polizeigewalt gegen Demonstranten, Medienvertreter und Unbeteiligte geworden.
Die seit drei Monaten andauernden Proteste in Hongkong hatten sich anfangs gegen ein geplantes Gesetz gerichtet, das Überstellungen von Verdächtigen an Festland-China vorsah. Unter dem Druck der Demonstranten zog die Hongkonger Regierung das Gesetz komplett zurück.
Mittlerweile richten sich die Proteste aber generell gegen die pekingtreue Führung in Hongkong und die Beschneidung der Bürgerrechte. Die Demonstranten fordern den Rücktritt der Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam, eine unabhängige Untersuchung der Polizeigewalt, eine Amnestie für die Festgenommenen sowie freie Wahlen.
Zuletzt kam es immer wieder zu gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und den Demonstranten. Derweil wächst die Furcht vor einem Militäreinsatz Chinas.
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