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Umweltzerstörung in BrasilienSonnenfinsternis durch Waldbrände

Düsternis in São Paulo – und das mitten am Tag: Weil Brasiliens Wälder brennen, verdunkelt sich 2.700 Kilometer südlich die Sonne.

Auch in Chapada dos Guimaraes hat es gebrannt Foto: dpa

BERLIN taz | In der 12-Millionen-Einwohner-Stadt São Paulo gingen am Montagnachmittag gegen 14 Uhr die Straßenlaternen und Autolichter an. Riesige Wolken hatten sich vor die Sonne geschoben, in manchen Gegenden schien urplötzlich die Nacht hereingebrochen zu sein. Im Nachrichtensender Globo zeigten Aufnahmen, wie Einwohner hastig ihre Wäsche abhängten, weil sie ein Unwetter erwarteten. Viele Befragte äußerten Angst und Unsicherheit.

Meteorologen führen die plötzliche Verdunklung des Himmels einerseits auf eine Kaltfront zurück, die die dicken Wolken aus dem Nordosten in die 2.700 Kilometer südwestlich gelegene Metropole leitet. Doch das mit Präsident Jair Bolsonaro in Konflikt geratene Weltraum­institut Inpe sieht noch einen anderen Grund für die Wolkenmassen. Riesige Gebiete im Amazonas-Becken und im Sumpfgebiet Pantanal brennen seit Tagen.

Aus den nördlichen Bundesstaaten Acre, Rondônia, Mato Grosso und Mato Grosso do Sul ziehen Rauchschwaden über Paraguay und Bolivien in den Süden und tragen, laut Marcelo Pinheiro vom ­meteorologischen Institut Clima Tempo, zur Verdunklung des Himmels bei.

In diesem Jahr hat es in Brasilien bisher rund 71.500 Waldbrände gegeben. Laut dem Institut Inpe ist die Zahl der Brände in diesem Jahr um 82 Prozent höher als im Vorjahreszeitraum.

Düstere Aussichten in São Paulo Foto: dpa

45 Prozent mehr illegale Abholzung

Waldbrände treten vermehrt in der Trockenzeit auf. Auslöser sind aber vor allem illegale Abholzung und Brandrodung in der Region. Brasiliens ultrarechter Präsident Bolsonaro will den Amazonas gegen internationalen Protest zum Rohstoffabbau freigeben und dafür auch Naturschutzgebiete und Reservate der Ureinwohner opfern. Experten erwarten in diesem Jahr einen Anstieg um insgesamt 45 Prozent der illegalen Abholzung im Vergleich zum Vorjahr.

Auch in Bolivien stehen derzeit rund 460.000 Hektar Land in Flammen. Die Behörden der Region Santa Cruz de la Sierra haben den Notstand erklärt.

Präsident Bolsonaro sieht in den Waldbränden eine Verschwörung. Gegenüber der Zeitung Folha de São Paulo sagte er, die Brände könnten „eine kriminelle Aktion dieser NGOs gewesen sein, um die Aufmerksamkeit auf mich und gegen die Regierung zu richten. Das ist der Krieg, in dem wir uns befinden.“ Er wolle das Unmögliche möglich machen, um diese kriminellen Brände aufzuhalten.

Unter dem Hashtag #PrayFor­Amazonia (#BeteFürAmazonien) haben sich Tausende Menschen weltweit sowie Umweltschutzorganisationen über die sozialen Medien zusammengeschlossen. Sie werfen Präsident Bolsonaro Umweltverbrechen vor.

Aus Protest gegen Bolsonaros Umweltpolitik haben Deutschland und Norwegen bereits ihre Hilfszahlungen ausgesetzt, die seit Jahren in Schutzprogramme für die Wälder Brasiliens fließen. Nun fürchten Umweltschützer um die Fortführung weiterer wichtiger Projekte. Organisationen wie der WWF, Oro Verde und Urgewald forderten in den vergangenen Tagen gegenüber der taz von der Bundesregierung eine klare Haltung. Um die zunehmende Abholzung des Regenwaldes zu stoppen, müsse Bundeskanzlerin Angela Merkel den Freihandelsvertrag der EU mit den Mercosur-Staaten infrage stellen, hieß es. Zudem müsse man Importverbote für Güter einführen, für die der Regenwald abgeholzt werde. Dazu zählen Soja und Rindfleisch.

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10 Kommentare

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  • 0G
    07552 (Profil gelöscht)

    Sicher, dass Mister Burns nicht seine Finger im Spiel hat?

    ps - Ich bin niemand und ruehre gerne einen Finger um indigene Voelker.

    Too many chiefs - not enough indians...



    www.youtube.com/watch?v=3SOUr7YC6rQ

    • 0G
      07552 (Profil gelöscht)
      @07552 (Profil gelöscht):

      In the sun he hides away



      Cause they smile and tell him lies



      But the boy he always knew



      That they'd choke upon his pride



      As the greed eats the sand



      Turns to stone all that lives



      All he builds is made by hand



      And the love he always gives



      Oh when they look in to his eyes



      Why can't they let him be



      And he knows they're not that blind



      They just choose not to see



      All he knows is in his heart



      So he never speaks his mind



      Say his prayers and tries so hard



      And the lord says give it time



      Oh when they look in to his eyes



      Why can't they let him be



      And he knows they're not that blind



      They just choose not to see

  • Wie kann man auf die bescheuerte Idee kommen, mit Strafhandlungen gegen einen Despoten wie Bolsonaro nur ein Stück weiter zu kommen? Solche Muskelspiele gegenüber einem Machodespoten bewirken doch nur das Gegenteil. Die Bedeutung der Regenwälder für das Klima dieser Erde ist viel zu bedeutsam, um nicht jede Möglichkeit zu nutzen, nach Lösungen zu suchen, die für Brasilien oder z.B. Bolivien attraktiv sein können.



    Wer meint, dass Außenpolitik in erster Linie Belehrung bedeutet, hat noch nie etwas von Diplomatie gehört.



    Auch die EU, die ja noch nicht einmal ihre eigenen Klimaziele erreichen kann, bringt diesbezüglich nichts zustande.

  • Und die Indigenen Völker Brasiliens rufen um Hilfe, aber niemand rührt einen Finger:



    www.youtube.com/re...eak+for+themselves

    • @Ardaga:

      Es rührt keiner einen Finger, weil etwa 60% der Deutschen* die Umweltzerstörung und Ermordung der Indigenen befürworten.

      Wenn mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten eine neoliberale Einstellung hat, wäre es doch politischer Selbstmord hier einzuschreiten.

      * aktuelle Sonntagsfrage, Summe von CDU, SPD, FDP und AfD

      • @Franz Georg:

        Sie können doch nicht behaupten, dass 60% der Deutschen die Umweltzerstörung und Ermordung der Indigenen befürworten, weil die neoliberale Parteien wählen. So einfach lässt sich die Welt nun doch nicht in gut und böse einteilen.

        • @Ralf Eckstein:

          So ganz von der Hand zu weisen lassen sich gewisse Zusammenhänge aber auch nicht. Vielleicht ersetzen wir das Befürworten mit absoluter Gleichgültigkeit und kommen der Wahrheit wohl leider ziemlich nahe.

        • 0G
          05653 (Profil gelöscht)
          @Ralf Eckstein:

          Doch, von möglicherweise klimaschädlichen Emissionen soll man sich zukünftig auch freikaufen können und bekommt dafür als Bonus freie für Porschefahrer und Konsorten sowie endlich den wohlinvestierten Freiraum in viel zu vollen Flugzeugen. Mobilität, einst ein Menschenrecht, wird elitär. Das dumme Volk ist ja eh nur Stimmvieh um das sich noch nicht einmal Tierschützer einen Dreck scheren. Aus dieser Perspektive lassen sich die Kosten des Regenwaldverlustes ganz genau berechnen und der Verlust mit entsprechenden Investitionen zum Beispiel in Leerverkäufe in den Sojabohnenmarkt mehr als ausgeglichen werden.

  • Der Typ ist wahnsinnig !



    Bolsanero zählt im Moment zu den schädlichsten Menschen auf diesem Planeten.

    Könnten die Geheimdienste dieser Erde nicht ein einziges Mal etwas sinnvolles tun?

  • Die Braqndbekämpfung wurde ausgerechnet mit deutschen Mitteln für den Amzonas Fond aufgebaut. Der Vertrag von 2014 läuft 2020 aus. Dann sieht es wirklich düster aus.