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Parlamentswahlen in der UkraineSelenski kann jetzt durchziehen

Bernhard Clasen
Kommentar von Bernhard Clasen

Im Konflikt mit der Ostukraine sind nach dem Wahlsieg von Selenskis Partei echte Veränderungen zu erwarten. Fortschritt in anderen Feldern eher nicht.

Die Opposition kann Selenski nach der Parlamentswahl nicht mehr aufhalten Foto: dpa

N ach der Parlamentswahl in der Ukraine ist jetzt mit bis noch vor kurzem undenkbaren Kompromissen zu rechnen. Wirkliche Veränderungen wird es nach dem erdrutschartigen Sieg der Partei von Wolodimir Selenski bei den Bemühungen um einen stabilen Waffenstillstand in der Ostukraine geben – allerdings wohl auch nur dort.

Selenski wird die von der Ukraine bei den Friedensverhandlungen in Minsk gemachten Zugeständnisse, wie etwa die Wiederaufnahme der Wirtschaftsbeziehungen mit der gesamten Ostukraine und die Herstellung eines Sonderstatus von Donezk und Luhansk, umsetzen.

Auch das Sprachengesetz, das das Russische und andere Sprachen zurückdrängt und somit eine Rückkehr von Donezk und Luhansk in die Ukraine erschwert, wird wohl liberalisiert werden.

Doch dies dürften die einzigen Neuerungen sein. Orientieren wird sich der neoliberale Selenski an Brüssel, Paris und Berlin, den Städten also, die er als neuer Präsident zuerst aufgesucht hatte.

Keine Stärkung der Demokratie zu erwarten

Selenski wird alle Gefolgsleute von Petro Poroschenko entlassen. Doch mit Inhalten oder gar Korruptionsbekämpfung hat das wenig zu tun. Schon bei seinem Wahlparteitag im Juni hatte Selenski gezeigt, dass er Loyalität erwartet. Nicht eine einzige kritische Stimme war auf dem nur 70-minütigen Parteitag zu hören gewesen. Gewählt hatte man per Akklamation. Und auch noch nach dem Wahlparteitag strich eine kleine Gruppe um den Parteichef unliebsame Parteigänger wieder aus der Wahlliste. Wer so viel innerparteiliche Demokratie pflegt, wird kaum ein Vorreiter bei der Stärkung der Demokratie im Land sein können.

Auch umweltpolitisch dürften keine Fortschritte zu erwarten sein. Erst kürzlich hatte Selenski geschwärmt, wie sich die Natur in Tschernobyl ihr Leben zurückhole, und dabei völlig ausgeblendet, dass das Gebiet um Tschernobyl für Menschen lange unbewohnbar bleiben wird. Und in Odessa hat er beklagt, dass die Umweltkontrollen im Hafen schlecht für die Wirtschaft seien.

Nun kann Selenski alles durchziehen. Die zersplitterte Opposition wird ihn nicht aufhalten. Bleibt nur zu hoffen, dass Bürgerrechtler, Umweltschützer und Medien die neuen Herrscher kritisch begleiten.

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Bernhard Clasen
Journalist
Jahrgang 1957 Ukraine-Korrespondent von taz und nd. 1980-1986 Russisch-Studium an der Universität Heidelberg. Gute Ukrainisch-Kenntnisse. Schreibt seit 1993 für die taz.
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1 Kommentar

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  • sollte er sich statt am " neo"-liberalen brüssel, berlin, paris besser am antiliberalen moskau oder peking orientieren? würde dass den umweltschutz oder die zivilgesellschaft nach vorne bringen? bitte mal die ideologische scheuklappen ablegen!